Gutachten favorisiert Zentralversorger in Essingen
Neubau ist günstiger, schneidet in beinahe allen Kriterien besser ab und ermöglicht optimale Prozesse
- Die Katze ist aus dem Sack. Ein zentrales Klinikum in Essingen ist die bestmögliche Alternative für die Zukunft der Gesundheitsversorgung im Ostalbkreis. Zu diesem Schluss kommt zumindest das Gutachten der EnderaGruppe, das von der Kreisverwaltung in Auftrag gegeben wurde. Sowohl in der Auswertung möglicher Standorte, als auch im Vergleich eines Neubaus mit dem Umbau des Aalener Ostalb-Klinikums hat der Zentralversorger in Essingen die Nase vorn.
Seit Ende September hatte Landrat Joachim Bläse zum Thema Standort des Zentralversorgers geschwiegen und das Gutachten abgewartet. Bei der Vorstellung der Ergebnisse der Endera-Gruppe betonte er abermals, wie wichtig die anstehende Entscheidung sei: „Wir haben nur einen Schuss, dieses Ding zu organisieren. Man kann es nach fünf Jahren nicht einfach zurückkehren.“Er lobte auch den Kreistag, der bei den Entscheidungen um die Zukunft der Ostalb-Kliniken mit viel Mut vorangehe.
Der Ersteller des Endera-Gutachtens, Axel Euler, betonte, dass es zu keiner Zeit Versuche der Einf lussnahme gegeben habe. Im Bewertungsprozess wurde ein zweistufiges Verfahren angewendet: Zunächst wurden geeignete Grundstücke geprüft. Im zweiten Schritt erfolgte dann der Vergleich zwischen Neubau und der Sanierung der bestehenden Ostalb-Klinik, also der von Aalens OB Frederick Brütting vorgeschlagenen Kombi-Lösung.
Für mögliche Standorte wurden Grundstücks-Offerten aus Essingen und Mögglingen sowie das Ostalb-Klinikum und das ehemalige Triumph-Areal in Aalen geprüft. Letzteres spiele bereits keine Rolle mehr, da der Boden dort unter anderem „hochgradig kontaminiert“und das Grundstück Überflutungen des Kochers ausgeliefert sei. Das mache bereits einen Rückbau der bestehenden Gebäude unkalkulierbar. Die Bewertung der Grundstücke erfolgte nach sieben Hauptkriterien: Grundstückgröße und Zuschnitt, planungsrechtliche Eckdaten, Grundstückbeschaffenheit, Umfeld/Wohnortnähe/Anbindung, Einzugsgebiet/Patientenwanderung/Abdeckung der Region, öffentliche Erschließung und Beschaffungskosten. Mit einer Gesamtbewertung von 80,1 Prozent schneidet das Grundstück in Essingen am besten ab, gefolgt von Mögglingen mit 76,1 und dem Ostalb-Klinikum mit 68,7 Prozent. Für den Vergleich eines Neubaus mit dem Umbau des OstalbKlinikums wurde mit fünf Bewertungskriterien
gearbeitet: medizinstrategische, organisatorische, bauliche sowie wirtschaftliche Aspekte und Nachhaltigkeit. Auch in diesem Verfahren landet der Neubau in Essingen auf Platz eins, der lediglich in puncto Nachhaltigkeit schlechter abschneidet, als der Umbau des Aalener Klinikums. „Vieles kann man auch anhand der Kombi-Lösung realisieren, aber immer etwas schlechter“, betonte Axel Euler. Die Baukosten der Kombi-Lösung weichen nach
dem Endera-Gutachten weit von den vom Planungsbüro Isin und der Stadt Aalen eingebrachten Vorschlag ab. Abweichungen ergeben sich laut Euler vor allem durch ein im Isin-Vorschlag fehlendes Medizinkonzept, sowie andere nicht kalkulierbare Abweichungen, wie die Errichtung von Interimslösungen und unvorhersehbare Bestandrisiken. Somit beläuft sich die Grobkostenschätzung der Kombi-Lösung auf 649 Millionen Euro. Ein Neubau wäre laut Gutachten um rund 43 Millionen
Euro günstiger.
Warum ein Neubau aus medizinischer Sicht sinnvoll ist, erklärte Christoph Rieß, neuer Vorstandsvorsitzender der Kliniken Ostalb. „Was den Standort angeht, bin ich neutral, aber optimale Prozesse können auf der grünen Wiese ganz einfach besser realisiert werden.“Denn wie es der Landrat ebenfalls schon betonte, gehe es bei der Klinikdebatte nicht um die medizinische Versorgung des Ostalbkreises in zwei, sondern in 40 oder 50 Jahren. Prozesse in der Medizin ändern sich laut Rieß zurzeit radikal und diese bilde man vor allem baulich ab. Ein denkbarer automatischer Warentransport von Robotern, der breitere Gänge erfordert, sei da nur eine von vielen möglichen Veränderungen. So sieht es auch Joachim Bläse: „Das Ostalb-Klinikum könnten wir sicherlich gut weiterentwickeln, aber einen Neubau eben sehr gut.“
Nun liegt der Ball in der Hälfte des Kreistags. Der Verwaltungsrat Kliniken wird sich am 26. Februar in öffentlicher Sitzung mit den Bewertungsergebnissen befassen und eine Beschlussempfehlung für die Kreistagssitzung am 5. März aussprechen. Die Verwaltung jedenfalls wird vorschlagen, den Neubau in Essingen zu bevorzugen.