Pazifisten haben es derzeit nicht leicht
Konstantin Wecker berührt und begeistert in Hüttlingen mit tiefsinnigen Texten
- Liedermacher Konstantin Wecker hat am Mittwochabend im Bürgersaal der Limeshalle für ein volles Haus gesorgt. Die Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Kulthura 2024“zum 1000-jährigen Jubiläum der Gemeinde am Kocherknie war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.
Begrüßt wurden die Besucher überraschenderweise von Altbürgermeister Günther Ensle, der noch einmal an seinen vor kurzem verstorbenen Mitarbeiter Charly Berth erinnerte. Der langjährige Kulturchef im Rathaus hat den Hüttlinger Kleinkunstfrühling ins Leben ins Leben gerufen und auch die Reihe „Kulthura 2024“zum Jubiläum geplant.
Auch die im vergangenen Jahr in Hüttlingen aufgetretene Kabarettistin Lucy van Kuhl erinnerte mit einem Überraschungsauftritt noch einmal an Charly Berth.
Pazifisten und Antifaschisten wie Konstantin Wecker haben es nicht leicht in diesen Zeiten, in denen sich Politiker aller Couleur mit ihrem verbalen Säbelrasseln Tag für Tag überbieten.
Seit mittlerweile über 50 Jahren singt Wecker auf den Bühnen gegen Gewalt und Faschismus an. So auch in Hüttlingen. Durch einen Sturz sei seine Beweglichkeit aktuell ein wenig eingeschränkt, entschuldigte er sich bei seinen Fans.
In diesem Jahr feiert der aufmüpfige, in München geborene Poet und Liedermacher seinen 77. Geburtstag, und er berührt und begeistert mit seinen tiefsinnigen Liedern und Gedichten nach wie vor sein Publikum. „Lieder meines Lebens“lautet der Titel seines aktuellen Programms. Das sind Lieder voller Poesie und Zärtlichkeit, wie die für seine Kinder.
Aber auch Lieder voller Melancholie und Emotionen wie etwa ganz am Anfang, als er leger auf die Bühne kommt, sich ans Klavier setzt und zu spielen beginnt. „Ich singe, weil ich ein Lied habe“, das ist eine seiner Botschaften. Musikalisch wird er dabei seit vielen Jahren von dem Pianisten Jo Barnikel und der Cellistin Fany Kammerlander begleitet.
Im ersten Teil des Programms blickte Wecker zurück auf seine Kindheit und Jugend im München der Nachkriegszeit in einem pazifistisch und literarisch geprägten Elternhaus. Er berichtet von den letzten Augenblicken mit seinem antiautoritären Vater und lässt auch seine Jugendsünden nicht aus. Lieder wie etwa „Manchmal weine ich sehr“, „Liebesf lug“oder „Gefrorenes Licht“begleiten diese Zeiten.
Den zweiten Teil des Programms widmete der Liedermacher überwiegend seinem politischen Engagement gegen Gewalt und gegen Rechts. „Wut und Zärtlichkeit“, „Sage nein“oder „Utopia“gehören zu diesem Teil seines Lebens. Einem Künstlerleben, das man sich praller, engagierter, aber auch gegensätzlicher kaum vorstellen kann. So verwundert es nicht, dass ein letztes „Buona notte“die restlos begeisterten Zuhörer erst weit nach 23 Uhr aus dem Bürgersaal verabschiedet.