So will Lindner die Steuerzahler entlasten
Finanzminister stellt höhere Freibeträge in Aussicht – Das macht Haushaltsverhandlungen noch komplizierter
- Die Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2025 sind in vollem Gange – und schwierig. Die Lücke zwischen den zu erwartenden Einnahmen und den gewünschten Ausgaben soll bis zu 25 Milliarden Euro betragen. Diese Größenordnung beläuft sich auf etwa sechs Prozent des Budgets, das der Regierung aus SPD, Grünen und FDP für das nächste Jahr zur Verfügung stehen wird. Wobei Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Fehlbetrag selbst vergrößert, indem er unter anderem weitere Entlastungen bei der Einkommensteuer in Aussicht stellt.
Steuerentlastungen bedeuten auch, dass der Staat Einnahmen verliert und weniger ausgeben kann. So kündigte Lindner kürzlich an, den Grundfreibetrag in der Einkommensteuer für 2024 nochmals zu erhöhen. Derzeit liegt er bei 11.604 Euro. Bis zu dieser Grenze bleiben Arbeitseinkommen grundsätzlich steuerfrei.
Die bisher letzte Anhebung trat erst kürzlich in Kraft. Der Finanzminister begründet den weiteren Erhöhungsbedarf damit, dass auch das Bürgergeld deutlich gestiegen sei.
Beschäftigte mit niedrigen Einkommen dürften keine Nachteile erleiden gegenüber Langzeitarbeitslosen, denen der Staat das Existenzminimum finanziere, argumentierte Lindner sinngemäß.
Zusätzliche Anpassungen stellte der Finanzminister für 2025 und 2026 in Aussicht. Dann gehe es darum, den gesamten Tarif der Einkommensteuer abermals so zu verschieben, dass die sogenannte kalte Progression ausgeglichen werde. Darunter sind vermehrte Steuereinnahmen zu verstehen, weil Beschäftigte durch Lohnanhebungen in der Steuertabelle höher rutschen. Einen Teil des Geldes, das eigentlich die Inflation wettmachen soll, müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dann beim Finanzamt wieder abgeben. Um das zu verhindern, wird dieser Effekt regelmäßig bereinigt.
Im vergangenen Jahr hatte allerdings das Institut für Makroökonomie der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung vorgerechnet, dass der Staat die kalte Progression seit 2021 nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert hat. Fast alle Einkommensgruppen erhielten 2022 und 2023 mehr Netto vom Brutto als früher. Durch die bereits beschlossenen Steuererleichterungen dürfte sich diese Entwicklung im laufenden Jahr fortsetzen. Insofern würde sich eine abermalige Bereinigung der kalten Progression 2025 erübrigen.
Die Vorschläge des Finanzministers stoßen bei den Koalitionspartnern SPD und Grünen bisher nicht auf Zustimmung. Deren Finanzexperten befürchten einerseits die Einnahmeverluste in Höhe von mehreren Milliarden Euro, die die Aufstellung des Haushaltes 2025 zusätzlich erschweren. Außerdem wenden sie sich dagegen, die kalte Progression für alle Einkommensgruppen zu bereinigen. „Es kann nicht sein, dass damit überproportional Spitzenverdiener entlastet werden“, sagte Michael Schrodi, der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch betonte: „Steuersenkungen für die Reichsten des Landes haben keine Priorität.“