Ein Gesetz zur Förderung der Demokratie
Ein Teil der Bundesregierung will Initiativen für Vielfalt und gegen Extremismus besser unterstützen – Die FDP ist dagegen
- Die Grünen wollen es. Auch die SPD ist dafür. Die FDP hingegen steht auch beim Demokratiefördergesetz auf der Seite der Opposition. Deshalb steckt das Vorhaben seit mehr als einem Jahr im parlamentarischen Verfahren fest. Die Einwände der Liberalen sind seither nicht weniger geworden. Erst diese Woche formulierte Bundesjustizminister Marco Buschmann in einem Interview mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“seine Skepsis. Es sieht also nicht gut aus für den Gesetzentwurf, der von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) vorangetrieben wurde.
Doch zuerst einmal die Uhr um 16 Monate zurückgedreht: Im Dezember 2022 beschloss das Kabinett den Entwurf für das Gesetz „zur Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung“– kurz Demokratiefördergesetz genannt. Faeser kommentierte dies mit den Worten, dass die demokratische Zivilgesellschaft „das stärkste Bollwerk gegen Extremismus“sei und sie deshalb „langfristig und nachhaltig“gestärkt werden müsse. Paus sagte: „Mit dem Demokratiefördergesetz wollen wir den Bund zum Kampf gegen Rassismus, Extremismus und Menschenfeindlichkeit verpflichten.“Die FDP-Minister saßen bei der Kabinettsentscheidung mit am Tisch. Auch im Koalitionsvertrag hatten sich die Ampel-Parteien darauf verständigt.
Konkret geht es der Bundesregierung darum, qua Gesetz bessere Rahmenbedingungen schaffen zu können für Initiativen und Organisationen, die gegen Rassismus und Extremismus eintreten, die ausstiegswillige Extremisten unterstützen, sich für Minderheiten einsetzen oder die politische Bildung voranbringen. Sie sollen künftig auf längerfristige Förderungen hoffen können, nach „Maßgabe des jeweiligen Haushaltsgesetzes“. Auch für den Bund selbst schafft das Gesetz die Möglichkeit, entsprechende Projekte auf den Weg zu bringen. Einmal pro Legislaturperiode soll dem Parlament ein Bericht vorgelegt werden, aus dem hervorgeht, ob die geförderten Programme auch wirksam waren. Wie viel das Demokratiefördergesetz den Steuerzahler kosten wird, steht nicht in dem 32-seitigen Entwurf. Die „Neue Zürcher Zeitung“ nennt die Zahl von rund 200 Millionen Euro jährlich.
Aus der Luft gegriffen erscheint diese Summe nicht. Denn es gibt bereits ein ähnliches Vorhaben: Mit dem Programm „Demokratie leben“werden seit neun Jahren bundesweit Initiativen unterstützt, die vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben als förderfähig eingestuft werden. Das kann sowohl ein interkultureller Kochkurs als auch eine Minderheiten gewidmete Fotoausstellung sein. Projekte, die „dem Breiten- und Leistungssport“dienen, scheiden dagegen nach Angaben einer Ministeriumssprecherin aus. In Summe hat der Bund für dieses Jahr erneut 182 Millionen Euro für mehr als 700 Projekte eingeplant. Aber auch dieses Programm ist nicht unumstritten. Kritiker bemängeln, dass das Geld vor allem in Projekte aus dem linken Milieu f ließe – deren Nutzen nicht überprüft werde.
Dass es an dem Demokratiefördergesetz Kritik geben könnte, war folglich zu erwarten. Auch dass die FDP das Vorhaben ablehnt, ist nichts Neues mehr – unter anderem, weil der Gesetzentwurf keine „Extremismusklausel“, also ein Bekenntnis der Projektträger zum Grundgesetz, enthält. Buschmann äußert zudem Zweifel, dass das Gesetz tatsächlich eine Wirkung entfalten wird. Und wenn doch, stünde der Gesetzentwurf „vermutlich in Konf likt mit dem Grundsatz, dass sich der Staat bei der Willensbildung des Volkes zurückzuhalten hat“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hatte vor Kurzem die Gesetzgebungskompetenz des Bundes an sich infrage gestellt, unter anderem deshalb, weil auch die Länder die Demokratie per Gesetz fördern könnten. Die Sache ist also kompliziert.
Es gibt allerdings auch Befürworter des Vorhabens, die sich öffentlich dafür einsetzen. Der Präsident des Zentralrates der Juden beispielsweise. Josef Schuster bezeichnete es vor Kurzem in einem Interview als „bedauerlich“, dass das Demokratiefördergesetz noch nicht auf den Weg gebracht worden sei. Solche Gesetze zu überarbeiten sei „unerlässlich, aber es sollte nicht einfach gestrichen oder blindlings gekürzt werden“, sagte er. Auch die Sachverständigen, die bereits vor mehr als einem Jahr im Familienausschuss dazu befragt wurden, sahen den Gesetzentwurf nicht nur kritisch. Doch getan hat sich seither nichts mehr.