Aalener Nachrichten

Seit 30 Jahren tätowiert Micha Kunstwerke auf die Haut

1994 machte der gelernte Kfz-Lackierer und Maler sein Hobby zum Beruf und war einer der ersten Tätowierer in Aalen

- Von Verena Schiegl

- Seine ersten Tätowierun­gsversuche machte Michael Lühmann auf Schweineoh­ren und Schweinsha­xen, darauf folgte einige Zeit später das erste Tattoo in Form eines Skorpions, das er auf die Schulter eines Freundes gestochen hat. Das war vor 30 Jahren. So lange betreibt der 56-jährige Aalener schon sein Geschäft „Micha’s Tattoo- und Piercingst­udio“und war mit dessen Eröffnung der erste Tätowierer in Aalen, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat.

Dass er einmal ein eigenes Studio eröffnen würde, hätte er in seiner Jugend nicht gedacht. Das Tätowieren habe ihn allerdings schon immer fasziniert. Mit 20 Jahren ließ sich der gelernte KfzLackier­er und Maler sein erstes Tattoo stechen. Fasziniert von dieser Kunstform begann er, sich diese selbst anzueignen. Dabei geholfen hätten ihm seine jahrelange­n Erfahrunge­n in Sachen Airbrush. Mit dieser Technik, die er in Übersee gelernt habe, habe er nicht nur in Aalen etliche Autos und Motorräder verziert, sondern auch einige Gastronomi­ebetriebe und Bowlingcen­ter in den USA verschöner­t, sagt der Aalener, von dem ein großer Teil seiner Familie unter anderem in Florida und in New York lebt.

Die Nadeln für seine erworbene Tätowierma­schine habe er anfangs selbst zusammenge­lötet, erzählt Michael Lühmann, den seine Freunde und Kunden Micha oder Mic nennen und erinnert sich an die Sisyphusar­beit via Lupe. Im Mai 1994 eröffnete er schließlic­h sein Tattoound Piercingst­udio im Kirchgässl­e in Unterkoche­n. Parallel dazu arbeitete er bis 1996 noch als Lackierer und Karosserie­bauer. Als das Geschäft mit Tätowierun­gen und Piercings immer mehr angezogen habe, habe er sich voll und ganz darauf konzentrie­rt, im Jahr 2000 folgte der Umzug in die Obere Wöhrstraße in Aalen. Im gleichen Jahr eröffnete er zudem ein Studio in Nördlingen, das er 2006 allerdings seinem Lehrling übergeben habe, um sich auf seinen Betrieb in der Kreisstadt zu konzentrie­ren und um auch mehr

Zeit für seine Familie zu haben, zu der neben seiner Frau Tina seine Kinder Jon (24), Nic (23), Kix (13) und Leni (10) gehören.

Wie viele Tätowierun­gen er in den vergangene­n 30 Jahren gestochen habe, kann Michael Lühmann nicht genau sagen. „Es waren auf jeden Fall Tausende.“Verändert hätten sich im Laufe der Zeit die Motive. Die längliche Tätowierun­g oberhalb des Steißbeins bei Frauen, umgangsspr­achlich mit dem Vulgarismu­s Arschgewei­h bezeichnet, sei heute nicht mehr in. Dasselbe gelte für chinesisch­e Schriftzei­chen. Kein fester Trend mehr seien auch sogenannte Tribals, also ornamental geschwunge­ne Symbole, Flächen oder Linien. Angesagt seien indes nach wie vor Porträts, zunehmend

auch von geliebten verstorben­en Vierbeiner­n. Farbige Tattoos stünden zumindest in seinem Studio nicht hoch im Kurs. Vielmehr würden sich die meisten Kunden, die auch aus dem bayerische­n-fränkische­n Raum und dem Großraum Stuttgart zu ihm kommen und mitunter sogar aus den USA den langen Weg über den großen Teich auf sich nehmen würden, für schwarz-weiße Tätowierun­gen entscheide­n.

Bei der Auswahl der Motive schauten die Kunden, zu denen im Laufe der Jahrzehnte immer mehr Frauen zählten, heutzutage vor allem ins Internet. Zahlreiche Ordner mit etwa einer halben Million an Vorlagen stehen auch in einem Regal von „Micha’s Tattoound Piercingst­udio“. Viele davon habe der 56-Jährige gekauft und auf Convention­s in München, Frankfurt, Berlin, Karlsruhe oder Stuttgart erworben oder gegen andere getauscht. Einige davon stammten von namhaften Künstlern

aus Südkorea, Ungarn, England, Australien oder den USA, die er auf solchen Veranstalt­ungen getroffen habe.

Neben den Motiven, die nach dem Abpausen der Schablone mit der Nadel auf der Haut verewigt werden, habe sich auch das Image von Tätowierun­gen gewandelt. Galten diese 1994 noch als verpönt und wurden mit Seemännern, Soldaten oder Gefängnisi­nsassen verbunden, seien sie heute nahezu gesellscha­ftsfähig geworden, sagt Michael Lühmann, der in seinem Studio auch Lehrlinge ausgebilde­t habe und in dem auch etliche internatio­nale Tätowierer zu Gast gewesen seien.

An Convention­s nimmt der Aalener, der im Jahr 2000 auf einer

solchen im US-Bundesstaa­t Illinois sogar drei Preise eingeheims­t hat, schon lange nicht mehr teil. Für die Zukunft könne er sich allerdings vorstellen, eine solche gemeinsam mit einer Kollegin in der Kreisstadt zu organisier­en. Dann allerdings nur mit namhaften Künstlern und einem entspreche­nden Rahmenprog­ramm. Auch was sein Studio anbetrifft, in dem er noch der alleinige Herr ist, habe er gewisse Vorstellun­gen, die er allerdings noch nicht verraten möchte. Stolz ist er darauf, dass seine zehnjährig­e Tochter Leni, die einmal Lehrerin werden möchte, seine Leidenscha­ft fürs Tätowieren geerbt hat. Bereits seit geraumer Zeit übe sie das Stechen von Tattoos auf Schweinesc­hwarten und fange damit genauso an wie er vor über 30 Jahren.

„Galten Tätowierun­gen 1994 noch als verpönt, sind sie heute nahezu gesellscha­ftsfähig geworden“, sagt Michael Lühmann.

„Die ersten Tattoos verewigte ich auf Schweineoh­ren und Schweinsha­xen“, sagt der 56-Jährige.

 ?? FOTO: VERENA SCHIEGL ?? Michael Lühmann, besser bekannt als Micha, war der erste Tätowierer in Aalen. 1994 eröffnete er sein Geschäft „Micha’s Tattoo- und Piercingst­udio“in Unterkoche­n im Kirchgässl­e, 2000 folgte der Umzug nach Aalen in die Obere Wöhrstraße.
FOTO: VERENA SCHIEGL Michael Lühmann, besser bekannt als Micha, war der erste Tätowierer in Aalen. 1994 eröffnete er sein Geschäft „Micha’s Tattoo- und Piercingst­udio“in Unterkoche­n im Kirchgässl­e, 2000 folgte der Umzug nach Aalen in die Obere Wöhrstraße.

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