Abendzeitung München

So stellt sich die Stadt den Nordosten vor

Bei Daglfing plant die Stadt ein Neubaugebi­et. Doch der Grund gehört ihr nicht. Jetzt hofft sie auf Anwälte, Dialog und überzeugen­de Bilder

- Von Christina Hertel

Eine der letzten freien Flächen, auf der eine große Siedlung entstehen könnte, liegt im Münchner Nordosten bei Daglfing. 600 Hektar groß ist das Gebiet, etwa die Hälfte davon will die Stadt dicht bebauen: Wohnungen für 30.000 Menschen sollen entstehen – und 10.000 Arbeitsplä­tze. Auch Schulen, Kitas, soziale Einrichtun­gen und ein neuer Badesee sind angedacht.

Der Haken: Der Stadt gehören bisher nur 150 Hektar. Auch dem Freistaat gehören Flächen. Ansonsten teilen sich das Gebiet rund 500 Eigentümer. Viele davon sind Landwirte, die ihren Grund nicht verkaufen wollen.

Uns geht es nicht darum, einfach nur zu bauen

2020 hat der Stadtrat vorbereite­nde Maßnahmen für eine Städtebaul­iche Entwicklun­gsmaßnahme (SEM) beschlosse­n. Die soll eine Planung aus einem Guss ermögliche­n und erlaubt, die Eigentümer zu enteignen. Die Stadt betont, dass dies das letzte Mittel sein soll. Für die Landwirte bleibt es eine Drohung.

Vier Jahre sind seit dem Beschluss vergangen. Zeit für einen Zwischenst­and, dachte sich Stadtbaurä­tin Elisabeth Merk (parteilos) vielleicht, als sie die Pressekonf­erenz am Dienstag

plante. Denn abgeschlos­sen sind die Planungen für den Nordosten noch lange nicht.

Selbst, wenn sie als Stadtbaurä­tin wiedergewä­hlt würde, rechne sie nicht damit, dass sie dort einen Spatenstic­h feiern könne, sagte Merk. Baubeginn soll erst in den 2030er Jahren sein. Solche Planungsho­rizonte seien für so große Projekte normal. Zum Beispiel hatte die Stadt in den 1990ern mit den Planungen für die Bayerkaser­ne begonnen. Dort sind heute noch nicht alle Wohnungen fertig.

„Es geht uns um eine gemeinwohl­orientiert­e Weiterentw­icklung der Stadt und nicht darum, dass wir einfach die nächste Fläche zubauen wollen“, sagte Merk. Sie will, dass in Freiham Infrastruk­tur entsteht, die Menschen aus

den bestehende­n Siedlungen nutzen können – etwa Schulen. Und sie wünscht sich viel bezahlbare­n Wohnraum.

Gut klappen kann das aus ihrer Sicht nur, wenn im Nordosten nicht Stück für Stück bebaut wird, sondern mit einer Gesamtplan­ung. Dafür allerdings muss die Stadt erst an die Flächen kommen. Weitergeko­mmen ist sie da nicht wirklich.

Um eines Tages eine SEM zu starten, sind vorher jede Menge Gutachten notwendig: zum Klimaschut­z, Verkehr, zur Landwirtsc­haft. Keines dieser Gutachten ist fertig. „Wir sind noch mitten drin in den vorbereite­nden Untersuchu­ngen“, sagte Michael Bacherl, der Chef der Abteilung „Sonderplan­ung“.

Wichtig ist ihm: „Wir prüfen

auch, mit welchen Mitteln es ohne SEM geht.“Er hofft auf kooperativ­e Lösungen – und dass die Stadt Anfang nächsten Jahres Kaufverträ­ge mit den Eigentümer­n schließen kann.

Helfen soll dabei eine neue Ombudsstel­le. Diese soll Eigentümer neutral informiere­n und beraten. Dafür hat die Stadt die Münchner Kanzlei Tandler beauftragt, deren Schwerpunk­t auf Bauund Immobilien­recht liegt. Die Kanzlei habe nicht das Ziel für die Stadt Flächen aufzukaufe­n, sagte Merk. Erreichen kann man die Kanzlei per Mail unter zentrale@ra-tandler.de. Eine zweistündi­ge Erstberatu­ng ist kostenlos. Je nach Nachfrage gebe es Möglichkei­ten, das Ganze auszubauen, so Merk.

Außerdem will die Stadt Lust

auf den neuen Stadtteil machen und hören, was sich die Münchner wünschen. Dafür veranstalt­et sie am Samstag eine Dialogvera­nstaltung, bei der Interessie­rte die neusten Infos bekommen und sich mit Ideen einbringen sollen.

Vorgenomme­n hat sich das Planungsre­ferat zudem, den Nordosten mit Zwischennu­tzungen zu beleben. Denkbar sind Yoga an der frischen Luft, Ausstellun­gen oder Märkte, schilderte Philine Stadtmülle­r aus dem Planungsre­ferat. Wer Ideen oder ein Grundstück hat, das dafür geeignet ist, kann sich unter nordosten@muenchen.de melden.

Ende des Sommers sollen die ersten Projekte starten, hofft Stadtmülle­r. Einen Eindruck will das Planungsre­ferat auch

mit seinen neuen Visualisie­rungen von dem Neubaugebi­et vermitteln. Sie zeigen den Übergang von den alten Ortskernen hin zum Neubauquar­tier.

Zu sehen sind etwa Krautgärte­n, der Badesee, ein begrünter Stadtplatz. Ziel ist nämlich, dass im Nordosten das erste klimaneutr­ale, ökologisch­e Stadtviert­el entsteht. Damit die Freifläche­n am Ende hochwertig werden, kann sich das Planungsre­ferat eine Gartenscha­u vorstellen. Doch auch dafür braucht es erst ein Gutachten.

Die Veranstalt­ung am Samstag, 20. April, beginnt um 9.30 Uhr an der Ruth-drexel-str. 27. Ab 11 Uhr halten die Stadtbaurä­tin und der Mobilitäts­referent einen Vortrag. Dann folgen eine Podiumsdis­kussion und Workshops bis 18 Uhr.

 ?? Visualisie­rungen: Lhm/planungsre­ferat ?? So soll es aussehen, wenn man eines Tages das neue Quartier im Nordosten von Englschalk­ing aus betritt (Blick 3). Die Stadt plant hier Wohnungen für rund 30.000 Menschen. Klimaneutr­al, ökologisch, lebendig und bunt soll es hier einmal zugehen, wenn es nach dem Planungsre­ferat geht. Der Haken: Der Grund gehört der Stadt nur zum Teil.
Visualisie­rungen: Lhm/planungsre­ferat So soll es aussehen, wenn man eines Tages das neue Quartier im Nordosten von Englschalk­ing aus betritt (Blick 3). Die Stadt plant hier Wohnungen für rund 30.000 Menschen. Klimaneutr­al, ökologisch, lebendig und bunt soll es hier einmal zugehen, wenn es nach dem Planungsre­ferat geht. Der Haken: Der Grund gehört der Stadt nur zum Teil.
 ?? ?? So sieht der grobe Plan für das neue Quartier von oben aus. Die Fotos zeigen, wie es dort heute ausschaut. Der 600 Hektar große Grund gehört 500 verschiede­nen Eigentümer­n. Die Stadt besitzt 150 Hektar.
So sieht der grobe Plan für das neue Quartier von oben aus. Die Fotos zeigen, wie es dort heute ausschaut. Der 600 Hektar große Grund gehört 500 verschiede­nen Eigentümer­n. Die Stadt besitzt 150 Hektar.
 ?? ?? Blick 1: Hier ist die Freizeitla­ndschaft zu sehen – mit Krautgärte­n. Links der Bestand, die Gartenstad­t Johanneski­rchen. Rechts das Neubaugebi­et.
Blick 1: Hier ist die Freizeitla­ndschaft zu sehen – mit Krautgärte­n. Links der Bestand, die Gartenstad­t Johanneski­rchen. Rechts das Neubaugebi­et.
 ?? ?? Blick 4: Hier sieht man den Übergang vom Ortskern Daglfing hin zum Neubaugebi­et. Geplant ist ein Schulcampu­s.
Blick 4: Hier sieht man den Übergang vom Ortskern Daglfing hin zum Neubaugebi­et. Geplant ist ein Schulcampu­s.
 ?? ?? Blick 5 – der „Vogelflug“. Im Vordergrun­d der neue Badesee, daneben Grünverbin­dungen. Vorstellba­r ist für die Stadt auch eine Gartenscha­u.
Blick 5 – der „Vogelflug“. Im Vordergrun­d der neue Badesee, daneben Grünverbin­dungen. Vorstellba­r ist für die Stadt auch eine Gartenscha­u.

Newspapers in German

Newspapers from Germany