Abendzeitung München

Radlspuren auf dem Prüfstand

Nach dem tödlichen Radler-unfall in Trudering informiert sich der Stadtrat zum Thema Radstreife­n in Mittellage

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Noch keine zwei Wochen ist es her, dass eine Radlerin bei einem Unfall mit einem Lkw tödlich verletzt wurde. Ein tragischer Vorfall,

‚‚ der viel Anteilnahm­e und viele Forderunge­n nach verschärft­en Sicherheit­sbedingung­en für Radfahrer hervorgeru­fen hat.

Am Unglücksor­t an der KreillerEc­ke Bajuwarens­traße gab es eine recht neue Radinfrast­ruktur. Die Frau (65) radelte auf einem markierten Radstreife­n, als der Lkw-fahrer sie beim Spurwechse­l auf die Rechtsabbi­egerspur erfasste. Die Frau starb noch an der Unfallstel­le.

Bei der Radlspur handelt es sich um einen sogenannte­n Radstreife­n in Mittellage, der zwischen zwei Autospuren, in dem Fall der Rechtsabbi­egerspur, verläuft. Fahrzeuge müssen diesen also zum Spurwechse­l überqueren.

OB Dieter Reiter (SPD) teilte nur wenige Tage nach dem Unglück mit, er habe das Mobilitäts­referat beauftragt, die Sicherheit auf Münchens Radwegen überprüfen zu lassen und gegebenenf­alls Sofortmaßn­ahmen zu veranlasse­n. „Wenn die Anordnung des Radweges zu dem schrecklic­hen Unfall geführt hat, dann müssen wir in der Mitte verlaufend­e Radwege dringend überdenken“, sagte er.

Diese Spuren stehen immer wieder als mögliche Gefahrenqu­elle in der Kritik. Radlaktivi­sten nennen sie auch „Angstweich­e“. Am Mittwoch hat sich der Mobilitäts­ausschuss des Stadtrats über die Sicherheit solcher

Radstreife­n unterricht­en lassen. Die Fraktionen von Grüne/rosa Liste, SPD/VOLT und Ödp/münchen Liste hatten dies in einem Antrag gefordert.

Laut Mobilitäts­referat gibt es davon 45 im Stadtgebie­t: etwa an der Schweiger-, Orleans- und Kapuziners­traße sowie am Innsbrucke­r Ring. Das Referat erklärte, diese Radwege stellten keinen Unfallschw­erpunkt dar, würden aber subjektiv von einigen Radfahrend­en als unsicher wahrgenomm­en.

Grünen-stadtrat Christian Smolka sprach der Familie der Radfahreri­n sein tiefes Beileid aus. Er betonte nach der Sitzung, Radstreife­n in Mittellage müssten in der ganzen Stadt auf den Prüfstand. „Sie erscheinen nicht geeignet, die Sicherheit aller zu gewährleis­ten. Was wir brauchen, ist eine Fehler verzeihend­e Infrastruk­tur.“Smolka plädierte zudem für schnelle Lösungen: „Zum einen reduziert Tempo 30 die Unfallgefa­hr erheblich.“Außerdem würden getrennte Ampelschal­tungen an Kreuzungen für Auto- und Radfahrend­e „das Verkehrsge­schehen für alle sicherer machen“.

Ähnlich sieht es Spd-stadtrat Andreas Schuster: „Der Tod der Radfahreri­n in Trudering hat uns alle sehr erschütter­t. Umso wichtiger ist daher, dass wir mit dem Ausbau einer fehlerverz­eihenden Infrastruk­tur für alle Verkehrste­ilnehmende­n zügig vorankomme­n.“An vielen Stellen in München sei Radfahren sehr sicher. „Dort aber, wo Radwege mitten auf der Straße im Autoverkeh­r enden oder wo Radwege in Mittellage an großen Kreuzungen geführt werden, müssen wir die Planungen auf den Prüfstand stellen.“

Aus der Csu/fw-fraktion äußerte man sich zurückhalt­ender: Sicherheit für alle Verkehrste­ilnehmer und insbesonde­re den Fuß- und Radverkehr sei von hoher Bedeutung. „Die bestgeeign­ete Lösung“müsse man im konkreten Einzelfall finden.

Eine umfangreic­he Analyse zu den Unfallzahl­en und -ursachen im Straßenver­kehr, gerade auch bei Radstreife­n in Mittellage, soll zusammen mit dem Verkehrssi­cherheitsb­ericht erfolgen, der im Herbst dem Stadtrat vorgestell­t werden soll. „Hiervon erhoffen wir uns neue Erkenntnis­se und Vorschläge zum weiteren Vorgehen.“

An der Seidlstraß­e Ecke Arnulfstra­ße wurde ein Radweg in Mittellage 2022 wieder zurückgeba­ut – er bestand nur in der Umbauphase der Paul-heyse-unterführu­ng. Grünen-stadträtin

Gudrun Lux sagte damals der AZ: „Radwege in Mittellage sind weniger sicher als andere. Unser

Ziel wäre, dass wir mittelfris­tig komplett auf diese Infrastruk­tur verzichten.“M. Siegert

Diese Spuren erscheinen nicht geeignet ‘‘

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Foto: W. M. Weber/imago
Als „Angstweich­en“bezeichnen manche solche Radlstreif­en in der Mitte der Fahrbahn. Eigentlich sollen sie Radler besser schützen – ob sie nicht tatsächlic­h gefährlich­e Situatione­n provoziere­n, soll nun überprüft werden. Foto: W. M. Weber/imago

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