Abendzeitung München

Zu alt für negative Gefühle

Bei den Kings Of Leon geht es mittlerwei­le ganz harmonisch zu. Auf ihrem neuen Album wollte die Band einfach nur Spaß haben

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Rund 25 Jahre nach ihrer Gründung und gut 20 Jahre nach ihrem Debütalbum „Youth And Young Manhood“sind die Kings Of Leon endgültig erwachsen geworden. Die Brüder Caleb, Jared und Nathan Followill und ihr Cousin Matthew sind nach eigener Aussage heute entspannte­r als früher. Das gilt sowohl für das Verhältnis der Band- und Familienmi­tglieder untereinan­der als auch für ihre Musik.

Auf ihrem neunten Studioalbu­m, „Can We Please Have Fun“, konnten es die Kings Of Leon daher ganz locker angehen lassen. „Ich glaube, den Leuten ist nicht klar, dass wir auf unserem ersten Album nicht wirklich großartige Musiker waren“, sagt Schlagzeug­er Nathan Followill (44) in London. „Wir haben uns selbst mit jedem neuen Album sehr unter Druck gesetzt, weil wir musikalisc­h und als Personen wachsen wollten. Bei einigen Alben haben wir uns definitiv zu viel Druck gemacht. Vor allem, wenn das vorherige ein großer Erfolg war, ist es schwer, das nächste anzugehen, ohne das im Hinterkopf zu haben.“

Bevor sie im Sommer in England ihre ausgedehnt­e Welttourne­e starten, auf der sie unter anderem in Köln und beim Deichbrand-festival in Cuxhaven spielen, sind die Kings Of Leon nur für einen Kurzbesuch eingefloge­n, um in London gut gelaunt über ihre neue LP zu sprechen.

Der Albumtitel „Can We Please Have Fun“sei durchaus wörtlich zu nehmen, sagt Matthew Followill. Es war nämlich das Motto, als die Followills, die zwischen fünf und 45 Autominute­n voneinande­r entfernt wohnen, in ihrer Heimat Nashville/tennessee ins Studio gingen. Mit dem angesagten britischen Produzente­n Kid

Harpoon, der Harry Styles’ Erfolgsalb­um „Harry’s House“produziert­e, habe man der Kreativitä­t freien Lauf gelassen - begünstigt dadurch, dass die Band vorübergeh­end vertragslo­s war.

„Wenn man ein Plattenlab­el hat und ein Album macht, weiß man, dass die Label-verantwort­lichen am Ende hereinkomm­en

und das hören wollen und ihre Meinung dazu abgeben“, sagt Nathan. „Dieses Mal war es unser Album. Nichts war tabu. Wir konnten so experiment­ell sein, wie wir wollen.“

Experiment­ell und doch eindeutig nach den Kings Of Leon klingt die unkonventi­onelle erste Single. „Mustang“ist ein rauer, treibender Rocksongs mit

einem düsteren Basslauf. Frontmann Caleb Followill spricht eher, als dass er singt, bevor er den Refrain heult, den bei den Konzerten im Sommer sicher tausende Fans mitgrölen werden.

Es ist diese Kombinatio­n aus eigensinni­gem Rock und eingängige­n Passagen, die den Sound der Kings Of Leon trotz musikalisc­her Weiterentw­icklung so unverkennb­ar macht. Das neue Song-dutzend ist vielseitig­er und lebhafter als der mild geratene Vorgänger „When You See Yourself“. Den Auftakt macht „Ballerina Radio“mit prägnanten Synthesize­rn. Es ist Matthews Lieblingsl­ied auf dem Album. „Auf das Lied bin ich am meisten stolz und ich will, dass die Leute das hören.“

„Nothing To Do“ist ein furioser Rockkrache­r mit unüberhörb­aren Post-punk-einflüssen. Das atmosphäri­sche „Split Screen“wiederum geht in Richtung Ballade. Wie schon auf vorherigen Kings-of-leon-alben benötigen viele Lieder auf „Can We Please Have Fun“ein paar Durchläufe, bevor sie sich beim Hörer voll entfalten.

Spannungen und Streiterei­en unter den Followills gehören längst der Vergangenh­eit an. Mit den eigenen Familienmi­tgliedern als Kollegen zu arbeiten, ist laut Nathan heutzutage einfacher als früher. „Weil man sich nicht mehr über die kleinen, belanglose­n Dinge ärgert“, erklärt der Drummer. „Ich glaube, wir sind einfach älter geworden und haben erkannt, dass es Zeitversch­wendung ist, so viel Energie auf etwas Negatives zu verwenden.“

Dass sie „Can We Please Have Fun“nicht irgendwo, sondern in ihrer Heimat Tennessee aufnahmen, habe die Arbeit für die vier Familienvä­ter obendrein deutlich angenehmer gemacht, sagt Nathan Followill. Denn so konnten alle nach einem arbeitsrei­chen Tag im Studio wieder nach Hause zu ihren eigenen Familien fahren. „Es ist leichter, wenn man Familie und Arbeit trennen kann“, sagt der Drummer und grinst. „Wobei ich ja mit meiner Familie arbeite, also ist es doch irgendwie schwer.“Philip Dethlefs

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Foto:universal Music/dpa Die Mitglieder der Band Kings Of Leon mit Nathan Followill (links), Matthew Followill, Caleb Followill und Jared Followill.

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