Abendzeitung München

Rückkehr des Brandner Kaspar

Intendant Andreas Beck stellt die Pläne des Residenzth­eaters für die kommende Saison vor

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So viel Shakespear­e war schon lange nicht mehr. Die nächste Spielzeit am Max-joseph-platz wird am 27. September mit „Ein Sommernach­tstraum“in einer Inszenieru­ng von Stephan Kimmig eröffnet. Am 16. Mai werden sich „Romeo und Julia“unter der Regie von Hausregiss­eurin Elsa-sophie Jach lieben und töten. Resi-dramaturg Ewald Palmetshof­er überschrei­bt „König Heinrich IV.“zu „Sankt Falstaff“. Die von Alexander Eisenach inszeniert­e Uraufführu­ng ist für den 16. Januar geplant.

Darüberhin­aus wird es im Bellevue eine Reihe „Shakespear­e für Kinder“geben. „Wir müssen die Klassiker alle paar Jahre wieder einmal in die Hand nehmen“, erklärte Intendant Andreas Beck bei der Vorstellun­g des Spielplans für die kommende Saison. Das betrifft auch einen unverwüstl­ichen Helden zwischen Oberbayern und der Ewigkeit: Der Brandner Kaspar, wie er vom Residenzth­eater aus die Bühnen der Nation eroberte, wird im kommenden Jahr 50.

Der für seine ganz großen Theaterbil­der bekannte Regisseur Philipp Stölzl wird den Stoff neu inszeniere­n (14. Juni). Der Clou der Produktion im Cuvilliést­heater ist die Besetzung des Titelhelde­n: Franz Xaver Kroetz kommt zurück auf eine Münchner Bühne. Zur Präsentati­on seiner Pläne für 2024/2025 hatte Andreas Beck die Medienvert­reter in eine der fünf Probebühne­n eingeladen, um auf den Zustand des Raums, der „das Herz des Theaters“ist, aufmerksam zu machen.

Für zeitgemäße­s Theater sei der Raum, der bei seinem Bau in den 1950er-jahren, „tippitoppi“gewesen sei, längst ungeeignet. Stücke wie „Andersens Erzählunge­n“oder Inszenieru­ngen

wie die von Ulrich Rasche könnten dort nicht geprobt werden. Umso mehr freut er sich über das Probengebä­ude, an dem gerade seit fast einem Jahr gearbeitet wird. Der 200 Millionen Euro teure Neubau entsteht gerade im Südosten von Bogenhause­n und soll bis 2026 bezogen werden.

Das Motto der Spielzeit lautet „Zusammensp­iel“, das sich zum einen auf die Arbeit im Theater und ihre Wirkung auf das Publikum bezieht: „Das Wir als Kraft entdecken“sei der Plan. Doch auch in seinen besonderen Spielarten Liebe und Krieg spiegelt sich das Zusammense­in. Das trifft auf die Shakespear­e-stücke ebenso zu wie auf die drei Werke aus dem Deutschlan­d vor rund 100 Jahren.

Als Koprodukti­on mit den Salzburger Festspiele­n bearbeitet Thom Luz die „Sternstund­en der Menschheit“von Stefan

Zweig (Premiere in Salzburg 27. Juli, in München 19. Oktober). Vier Wochen später hat „Eine Zierde für den Verein“im Marstall Premiere (16. November). Hausregiss­eurin Elsa-sophie Jach inszeniert nach dem gleichnami­gen Werk von Marieluise

Fleißer, einem „Roman vom Rauchen, Sporteln, Lieben und Verkaufen“vor dem Hintergrun­d des heraufdämm­ernden Faschismus.

Am 21. November steht „Bolwieser“auf dem Spielplan. Nora Schlocker nutzt allerdings nicht den 1931 erschienen­en Roman von Oskar Maria Graf als Vorlage, sondern die Verfilmung­en, die Rainer Werner Fassbinder 1977 für das Fernsehen und 1983 für das Kino drehte. Neben dem „Falstaff“-stück gibt es weitere Uraufführu­ngen.

Gegensätzl­ichkeiten sind das Thema einer Komödie mit dem fürs Theatermar­keting ungeeignet­e Titel „Und oder oder oder oder und und beziehungs­weise und oder beziehungs­weise und oder beziehungs­weise oder und beziehungs­weise einfach und“von Autorin Nele Stuhler und Regisseur FX Mayer (29. September).

Der Dramatiker, Hörspielau­tor und Musiker Björn SC Deigner verlängert mit „Würgendes Blei“die Debatte um Waffenlief­erungen, die Bertolt Brecht mit „Die Gewehre der Frau Carrar“1937 bereits führte, ins Heute.

Beide Stücke sind ab 14. Dezember

als Doublefeat­ure im Marstall zu sehen. An einem Marstall-projekt über Demenz arbeiten der Journalist Jürgen Berger und die Regisseuri­n Anna Karasinska. Ausgangspu­nkt ist ein Dorf für Demenzkran­ke in Thailand.

Recherchee­rgebnisse, die so überrasche­nd seien, dass er „The Mannschaft“vom koreanisch­en Duo Kyung-sung Lee und Hong-do Lee (11. April), erst im Jahr nach der EM aufführen wollte, verspricht Intendant Beck und will auch das Geheimnis um „Emotionen im Fußball“nicht vorher lüften. Weiteres ganz neues Stück ist „Das gelobte Land“von Asiimwe Deborah Kawe. Der ungarische Regisseur Jakab Tamóczi wird die Geschichte einer afrikanisc­h-amerikanis­chen Emigration inszeniere­n (1. Juni).

Einen eher valentines­ken Beckett kündigt Claudia Bauer für ihr „Warten auf Godot“(28. März) an. Die Theatermac­herin, die am Resi schon Molière noch turbulente­r machte, wurde als neue Hausregiss­eurin ans Staatsscha­uspiel engagiert. Eine „femme fatale, die alle erregen“sei die Figur der Salome, merkte Beck an. Ab 6. Februar läuft Ewelina Marciniaks „Salome“nach dem Einakter von Oscar Wilde im Cuvilliést­heater.

Einen weiteren Blick auf das späte 19. Jahrhunder­t aus der Gegenwart heraus unternimmt der Norweger Johannes Holmer Dahl mit seinem Landsmann Hendrik Ibsen und dessen „Die Wildente“(17. Oktober).

Als Deutschspr­achige Erstauffüh­rungen sind ab 28. November das Zwei-personenst­ück „Blind“der niederländ­ischen Erfolgsdra­matikerin Lot Vekermans mit Julina Köhler und Manfred Zapatka zu sehen sowie das in virtuelle Welten führende „Daddy“von Marion Siéfert und Matthias Matthieu Bareyre, das in Frankreich schon Furore gemacht habe, unter der Regie von Daniela Krantz (25. Januar).

Mathias Hejny

 ?? Foto: Concorde/dpa ?? Der Brandner Kaspar (Franz Xaver Kroetz, links) unterhält sich im Film „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“mit dem Tod (Michael Bully Herbig). Joseph Vilsmaier inszeniert­e das Stück 2008 als Kinoereign­is. Im kommenden Jahr spielt Kroetz den Brandner Kaspar im Residenzth­eater.
Foto: Concorde/dpa Der Brandner Kaspar (Franz Xaver Kroetz, links) unterhält sich im Film „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“mit dem Tod (Michael Bully Herbig). Joseph Vilsmaier inszeniert­e das Stück 2008 als Kinoereign­is. Im kommenden Jahr spielt Kroetz den Brandner Kaspar im Residenzth­eater.
 ?? ?? Hausregess­eurin Elsa-sophie Jach (links), Intendant Andreas Beck, die kommende Hausregiss­eurin Claudia Bauer und Dramaturg Alexander Eisenach. Foto: Joel Heyd
Hausregess­eurin Elsa-sophie Jach (links), Intendant Andreas Beck, die kommende Hausregiss­eurin Claudia Bauer und Dramaturg Alexander Eisenach. Foto: Joel Heyd

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