Schnelle Reizüberflutung
Eine Doku auf 3sat über das Thema „Wie Hochsensible die Welt wahrnehmen“
Sie nehmen Reize früher und intensiver wahr, sie verarbeiten sie tiefgründiger und haben einen ausgeprägten Sinn für Ästhetik: hochsensible Menschen. In der Wissenschaft gewinnt das Thema ebenso an Bedeutung wie in der Arbeitswelt. 3sat zeigt die 50-minütige Dokumentation „Wie Hochsensible die Welt wahrnehmen“von Filmemacherin Henriette Maslo-dangl. Darin berichten Fachleute und Betroffene, was es bedeutet, hochsensibel zu sein: Es ist keine Krankheit, sondern eine Charaktereigenschaft.
An der Helmut-schmidt-universität in Hamburg forscht der Persönlichkeitspsychologe Philipp Yorck Herzberg mit seinem Team zum Thema Hochsensibilität. Schätzungen zufolge haben zehn bis 30 Prozent der Bevölkerung diesen speziellen Wesenszug. Für sie bedeutet die intensive Reizwahrnehmung
auch, dass sie schneller erschöpft sind und deswegen dazu neigen, sich zurückzuziehen und vor Reizen abzuschirmen, wie der Fachmann erläutert.
So ähnlich beschreibt sich die Musikerin Bina Bianca, die zu den introvertierten unter den hochsensiblen Menschen zählt. Sie fühlt sich in ihren eigenen vier Wänden wohl und genießt es, sich zurückzuziehen – auch wenn ihr Umfeld das nicht unbedingt nachvollziehen könne. Gespräche führt sie gerne per
Online-schalte, so dass sie sich weniger Reizen ausgesetzt fühlt. Der Corona-lockdown sei für sie deswegen auch kein Problem gewesen.
Extrovertiert hochsensibel ist dagegen die Schauspielerin und Synchronsprecherin Katja Keßler. Sie liebt es nach eigenen Worten, auf der Bühne zu stehen und laut zu sein. Aufgrund der starken Reizwahrnehmung verausgabe sie sich dadurch aber unter Umständen schnell. Sie achtet darauf, sich dann Auszeiten zu gönnen.
Der Psychiatrieprofessor Martin Aigner aus dem österreichischen Tulln sagt, dass Hochsensible verletzbarer sein können und sich möglicherweise durch Alkohol oder Drogen zu stabilisieren versuchen. Er unterstützt die vom Musiker Chris Novi gegründete Selbsthilfegruppe „SAG 7“für Hochsensible.
Welche Rolle Hochsensibilität im Berufsleben spielen kann, weiß Kristin Kluck. Sie coacht Führungskräfte. In der Dokumentation berichtet sie von einer Studie des Weltwirtschaftsforums, die die zehn Top-eigenschaften beschreibt, die Unternehmen bei Mitarbeitern bräuchten.
Hochsensible Menschen, so sagt Kluck, verfügten von Natur aus bereits über acht dieser zehn Fähigkeiten, etwa Kreativität, Verarbeitungstiefe, Sinn für Details und Einfühlungsvermögen. Aus dem Arbeitsalltag mit Hochsensiblen bei der Polizei erzählt Martin Roth - bei Einsätzen können die speziellen Fähigkeiten ein Gewinn sein. Ute Wessels