Abendzeitung München

Der Zufall bestimmt

Nonne Charlotte und Geschäftsm­ann Conrad können sich nicht leiden. Aber was muss, das muss. „Da hilft nur beten!“, heißt es deshalb in der Ard-komödie von Michael Rowitz

- ARD, heute, 20.15 Uhr

Luxuslofts, schicke Autos und fette Uhren treffen auf den Minimalism­us des Klosterleb­ens - das kann nicht funktionie­ren. Oder besser gesagt: So was geht nur im Film gut. Regisseur Michael Rowitz liefert mit „Da hilft nur beten!“(Erstsendun­g 2023) den Beweis, dass die Mischung aus traditione­ll und modern immer noch wunderbar funktionie­rt jedenfalls als heiteres Unterhaltu­ngsprogram­m.

Frei Haus gibt es hier jede Menge Moral und dazu eine herrlich unbeschwer­te Liebesgesc­hichte, die Drehbuchau­tor

Xaõ Seffcheque gleich mitliefert.

Charlotte (Kristin Suckow) hat ihr altes Leben hinter sich gelassen und als Nonne im Kloster ihre Bestimmung gefunden. Weg von der Überholspu­r und endlich die innere Ruhe finden, so hat sie sich das einmal gedacht. Dass diese Entscheidu­ng gut war, scheint sich für die junge Frau zu bestätigen, als sie fast einen Unfall baut, bei dem sie auf den Geschäftsm­ann Conrad (David Rott) trifft. Er ist das komplette Gegenteil von Charlotte und verkörpert in vielerlei Hinsichten ihr altes Leben: stressig, luxuriös, völlig drüber. Bereits in den ersten Sekunden ist klar, dass sich beide nicht leiden können. Auf die Frage, ob Charlotte eine Nonne sei, antwortet sie nur: „Ne, ein Pinguin.“

Sie sieht die Begegnung als Strafe, doch Äbtissin Katharina (Anja Karmanski) und Schwester Hedi (Christine Schorn) interpreti­eren das Treffen mit Conrad als Geschenk Gottes.

Der Hintergeda­nke: Das Kloster soll wegen dauerhaft roter Zahlen verkauft werden - und nun könnte der Retter in der Not erschienen sein. Notgedrung­en lässt sich Charlotte auf eine Zusammenar­beit mit dem Werbeprofi ein. „Das Paradies der Reichen ist gemacht aus der Hölle der Armen“, meint sie nur zu Conrad, als sie sich gegenseiti­g mit Sticheleie­n provoziere­n. Doch mit der Zeit lernt man sich besser kennen, und schon bald beginnt Conrad sein bisheriges Leben zu hinterfrag­en.

In „Da hilft nur beten!“geht es um die Geschichte­n, die nur das Leben schreiben kann. Um den Glauben an sich selbst und darum, dass manche Begegnunge­n vom Schicksal bestimmt sind. Jeder Mensch hat sein Päckchen zu tragen und verarbeite­t Geschehnis­se auf verschiede­ne Art. Aber gibt es nicht auch immer einen Weg aus der Misere? Das überkomple­xe Thema des Glaubens inszeniert Michael Rowitz mit einer leichten Tiefgründi­gkeit, wie man sie in Filmen dieser Gewichtskl­asse selten erlebt. Glaube hat nicht nur etwas mit Religion zu tun, sondern auch mit Willensstä­rke, Überzeugun­g und Hoffnung. Kein Zufall, dass ausgerechn­et im Film eine Coverversi­on von „Bitter Sweet Symphony“(The Verve) zu hören ist.

Eindringli­che Close-ups fangen die Emotionen der Charaktere ideal ein und geben einem als Zuschauer fast das Gefühl, als wäre man selbst ein Teil der Komödie. Es steckt eben viel wahres Leben in dieser charmanten Geschichte. Zumal jede Figur aus einem anderen Grund im Kloster gestrandet ist. Obwohl einzelne Szenen vorhersehb­ar sind, handelt es sich bei „Da hilft nur beten!“um keine Liebeskomö­die im kitschigen Sinn. Zwar gibt es auch hier ein Happy End, aber eines der etwas anderen Art. Einfach mal überrasche­n lassen!

Jasmin Herzog/tsch

 ?? Foto: Thomas Neumeier/ard Degeto ?? Es sprühen nicht nur verbal die Funken zwischen dem zynisch auftretend­en Werbeprofi Conrad (David Rott) und der idealistis­chen Ordensschw­ester Charlotte (Kristin Suckow).
Foto: Thomas Neumeier/ard Degeto Es sprühen nicht nur verbal die Funken zwischen dem zynisch auftretend­en Werbeprofi Conrad (David Rott) und der idealistis­chen Ordensschw­ester Charlotte (Kristin Suckow).

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