Der Fahrrad Filmer
Als junger Bursche stieg Andi Schlumprecht auf das BMX-Rad. Dann schnappte er sich eine Kamera. Heute setzt er auf der ganzen Welt Mountainbiker in Szene und entdeckt neue Leidenschaften
Wenn Andi Schlumprecht durch die Videokamera blickt, sieht er Top-Radsportler. Sie rasen auf modernsten Rädern die Berge hinab, mit Federung, Carbon und Co. Hightech vor Traumkulissen in Neuseeland oder Kanada. Der 32-Jährige packt Fahrer und Fahrräder in actionreiche Filme.
Wenn Schlumprecht an seinem jetzigen Wohnort Kutzenhausen im Landkreis Augsburg auf das Rad steigt, schwört er auf das Einfache. Ein Fatbike, ein Mountainbike mit ganz dicken Reifen, aber ohne Federung, bringt ihn über Wurzeln und Wellen. Während sein Beruf als Profifilmer spontan, spannend und reiseintensiv ist, nimmt er sich daheim die Auszeiten. Er lässt das Handy daheim und radelt. Oder schnitzt vor einer Hütte im Wald. „Ich brauche das, um kreativ zu sein“, sagt Andi Schlumprecht heute. Früher suchte er Action.
junger Bursche entdeckte er das BMX-Fahrrad für sich. Mit Freunden gründete er eine „Gang“, sie fuhren durch Steilkurven, sprangen über Hindernisse und testeten aus, was ein Rad so alles kann. Vor 20 Jahren kaufte er sich dann seine erste Kamera. Und machte eine Lehre als Fahrradmechaniker. Räder und Filmen – das war es.
Als die Augsburger Radlertruppe später einen Geburtstag feierte, drehte er einen Film. Viele sahen den Clip, man empfahl ihn weiter und es kamen Aufträge. „Ich bin eher so reingerutscht“, erinnert sich Andi Schlumprecht an die Zeit, als er noch studierte. Als er seinen Abschluss in Druck- und Medientechnik hatte, machte er sich als Filmer selbstständig. Das Geschäft lief gut an. Nach zwei Jahren hatte „Crowny-Productions“einen festen Kunden. Der Fahrrad-Hersteller Cannondale engagierte ihn für Filme über sein Mountainbike-Team: Rasante Fahrten, schnelle Schnitte, Details in Zeitlupe, Nahaufnahmen cooler Typen, die von ihrer Liebe zum Rad und ihrem Sport erzählen, und die passende Musik. „Es geht darum, die Charaktere zu zeigen“, sagt Andi Schlumprecht. Die Zuschauer sollen die Sportler als netten Burschen von nebenan und als TopAthleten erleben. Oder neue Räder in Action sehen. Das ist genau sein Ding: „Mir macht es Spaß, die Seele von Menschen und Produkten festzuhalten.“Er reist durch die Welt, manchmal sehr spontan und sehr viel. Er schleppt auf dem Rad 20 Kilo Ausrüstung den Berg hinauf. Und er macht seine Filme von der Idee bis zum letzten Schnitt alleine. Neue Kunden kamen dazu. Seit sieben Jahren lebt er davon. 2016 hat sich aber etwas verändert.
Er spürte, dass auch viele coole Reisen ihre Spuren hinterließen, und er überlegte: Was will ich machen? Filme. Er nahm sich Zeit für andere Streifen. Unbezahlte Werke. Szenische Streifen weit weg von Radeln. Über Menschen oder eine kleine Brauerei in Italien. „Ich habe geAls merkt: Wenn ich mich weiterentwickeln will, muss ich frei sein.“Und er spürte einen Wandel: „Ich habe mich lange dagegen gewehrt, dass ich etwas Künstlerisches mache, weil ich doch ein Handwerker bin.“Heute sammelt er bewusst Energie, um neue Kreativität zu schöpfen. Durch die Kamera sieht er immer noch Radler und Räder – aber auch noch viel mehr. Zum Beispiel den Augsburg Gin oder einen erfolgreichen Kanuten.
Mit einem Porträtfilm über Hannes Aigner kehrte Andi Schlumprecht ans Wasser zurück. Über Jahre war er als Jugendlicher selbst als Augsburger Kanute in der Nationalmannschaft. Nun zeichnete er ein Bild davon, wie sich Aigner, den er schon als kleinen Buben am Eiskanal gesehen hatte, als Sportler bewegt und was für ein Mensch er ist. „Das war eine Herzensangelegenheit“, sagt der Filmer. Die Fahrräder sind ihm aber geblieben. Neulich ist er nach einem Anruf am Freitag schon am Sonntag nach Südafrika geflogen, um die neuen CannondaleSportler zu porträtieren. Der Hersteller Focus ist sein zweiter fester Kunde. Und selbst fährt Schlumprecht natürlich weiter Rad.
Neun Räder – vom Klapprad über das Mountainbike bis zum Lastenrad – hat er gerade. Die Liebe ist ungebrochen, denn: „Das Fahrrad ist eine der elegantesten Erfindungen, denn man kann alleine mit Muskelkraft so viel erreichen.“Und: „Sobald ich mich auf das Rad setze, bin ich frei.“
„Sobald ich mich auf das Rad setze, bin ich frei.“
Andi Schlumprecht