Zu Gast im Knast
Augsburg Open Die Hochschule führte durch das ehemalige Gebäude der Justizvollzugsanstalt im Hochfeld. Wann dort ein Campus für Studenten und Professoren entsteht, ist noch unklar
Einen Tag hinter verschlossenen Türen und Stacheldraht bot am Samstag die Hochschule Augsburg an. Im Rahmen der „Augsburg Open-Tage der offenen Türen“lud sie zur Besichtigung der ehemaligen Justizvollzugsanstalt (JVA) im Hochfeld ein. Die Hochschule übernahm die Räumlichkeiten im November 2016 vom Freistaat Bayern, um die akute Raumnot in den Griff zu bekommen (wir berichteten). Innerhalb der vergangenen fünf Jahre stieg die Zahl der Studierenden von 4000 auf aktuell 6200 Studierende. Auf dem insgesamt 7700 Quadratmeter großen Areal soll ein dritter Hochschulcampus entstehen.
Die Führung mit HochschulMitarbeiter Thomas Mitchell begann für die zahlreichen interessierten Gäste am großen elektrischen blauen Tor, so wie auch die Häftlinge einst das Gebäude zum ersten Mal betraten. Einer der bekanntesten war der damalige Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber. Bis 2015 wurde die JVA Hochfeld als Teilanstalt des Hauptgefängnisses in der Karmelitengasse genutzt. Untergebracht waren 19 Frauen, 27 Jugendliche und 81 Untersuchungshäftlinge. Danach wurden alle Insassen in die JVA Gablingen umgesiedelt.
Nach dem kurzen Faktencheck im Aufenthaltsraum der JVA ging es dann auch gleich in den Zellentrakt, wo die Luft spürbar kälter wurde. Als Besucher konnte man sich gut vorstellen, wie ungemütlich ein Aufenthalt in dem 1945 errichteten Gebäude wohl sein musste. Umso mehr, wenn sich zwei und vier Häftlinge je eine Zelle teilen mussten. An den kahlen, abgenutzten Wänden kann man noch so manchen Spruch erkennen, den der eine oder andere Häftling dort hinkritzelte. „Die starken Beschädigungen an den Türen stammen allerdings nicht von Ausbruchversuchen, sondern von Einbruchversuchen“, erklärte Mitchell. Denn dort übte im vergangenen Jahr ein Sondereinsatzkommando aus München.
Nachdem die Besucher ein paar Fotos „hinter Schloss und Riegel“machen konnten, führte Mitchell weiter in die ehemalige Knastküche. Diese wurde jedoch in den letzten Jahren vom Gesundheitsamt ge- schlossen. Zurückgeblieben in der Küche ist einzig und allein ein riesiger Suppentopf, dessen Zukunft noch im Ungewissen liegt. Anders verhält es sich mit der 800 Quadratmeter großen Arbeitshalle, in der die Häftlinge unter anderem für einen Gartenmarkt Geräte herstellen mussten. Studenten, die aktuell im Sigma-Park an einem elektrischen Rennauto bauen, könnten sich dort sehr gut einen Rennstall vorstellen. Wiederum unbrauchbar ist der ehemalige Heizungsraum, von dem schon damals Ausfälle berichtet wurden und dessen Anlage nicht mehr funktionsfähig ist. Doch der „neue“Trakt aus dem Jahr 1945 mit den hohen Mauern soll sowieso abgerissen und durch einen Zweckbau ersetzt werden, erklärte Mitchell. Doch bevor gebaut und verändert werden kann, müsse erst einmal der städtebauliche Vertrag entsprechend geändert werden. Bestehen bleibt allerdings der alte Trakt. Das 1882 errichtete Backsteingebäude steht unter Denkmalschutz und wurde einst für die bayerische Armee errichtet. Zukünftig sollen in bestehenden Räumen Mitarbeiterund Professorenbüros eingerichtet werden.
Für die Hochschule sei das JVA Areal ein „Filetstück“, so Mitchell. Es ist zentrumsnah und liegt fußläufig zu den anderen beiden Hochschulstandorten. Nur der Stadt Augsburg sei diese Lösung nicht ganz recht. Sie hätte dort lieber Wohnungen gesehen. Wann die Studenten zum ersten Mal den dritten Campus betreten können, darüber traut sich noch niemand eine Schätzung abzugeben.
Durch den Hof und die Arbeitshalle ging es wieder nach drinnen in die Isolationszelle. Zwei davon befinden sich im Keller des neuen Traktes. Lediglich ausgestattet mit einem gemauerten Bett und einem simplen Loch als Toilette ließ diese Zelle jeden Häftling schnell zur Vernunft kommen. Und wer dann immer noch nicht spurte, wurde mit Lichtentzug bestraft. Nach dieser Vorstellung war man als Besucher schon sehr froh, dass Thomas Mitchell den Schlüssel nach draußen besaß und man wieder auf freiem Fuß durchs sonnige Augsburg schlendern konnte.
Nicht nur der ehemalige Knast war gefragt. Heinz Stinglwagner von der City-Initiative Augsburg stellte auch in diesem Jahr wieder ein großes Interesse an den Veranstaltungen von Augsburg Open fest. Rund 7000 Besucher wurden insgesamt gezählt. Bei dem schönen Wetter waren vor allem die Angebote im Freien sehr begehrt. Nur ein Programmpunkt, die Führung bei Klasden sik-Radio, fiel laut CIA wegen Erkrankung des Morgenmoderators aus. Sie soll nach den Osterferien nachgeholt werden.
Und noch was: „Viele Anbieter von Führungen waren sehr überrascht, wie interessiert die Besucher sind“, so Stinglwagner. Da es auch im nächsten Jahr wieder Augsburg Open geben soll, wünscht er sich, neben den bewährten Angeboten auch neue Einblicke ins Programm aufnehmen zu können.