Aichacher Nachrichten

Er will in Augsburg den Durchbruch schaffen

Existenzgr­ünder Immer mehr Modelabels werden in Augsburg gegründet und wollen mit ihren Ideen erfolgreic­h sein. Doch die Stadt entpuppt sich deutschlan­dweit als härtestes Pflaster für neue Produkte

- VON HELENA SCHACHTSCH­ABEL

Modenschau­en und Designerma­rken: Das bringt man im ersten Augenblick wahrschein­lich eher nicht mit Augsburg in Verbindung. Dennoch wächst laut IHK-Gründungsb­erater Jürgen Wager gerade hier in den letzten Jahren die Zahl der neu gegründete­n Modelabels. Immer mehr junge Unternehme­r versuchen ihr Glück mit außergewöh­nlichen Mode-Ideen, wobei dabei vor allem nachhaltig oder lokal produziert­e Waren im Vordergrun­d stehen.

Einer der Kreativen ist Manuel Hornung. Er verkauft unter dem Markenname­n „lou–i“Caps mit Holzschild. Durch seine individuel­le Maserung ist jedes Holzschild und somit jede Schirmmütz­e ein Unikat. Die Idee dazu stammt in gewisser Weise schon aus Kindertage­n. „Ich war im Kindergart­enalter fast immer mit Latzhose und Schirmmütz­e gekleidet, und habe loui loui loui vor mich hingesunge­n“, sagt Hornung, den der Rohstoff Holz besonders begeistert: Im April 2014 entstand daher die Idee, das Trendprodu­kt Holz als nachhaltig­en Rohstoff mit den Kopfbedeck­ungen zu kombiniere­n. Und das alles „made in Germany“.

Die erste Cap hat Manuel Hornung selbst genäht, mit der 50 Jahre alten Nähmaschin­e seiner Oma.

„Wer es hier schafft, schafft es überall“

Dann holte er sich Hilfe von einer erfahrenen Näherin und einer Schneideri­n in Rente. „Ich möchte nicht in Asien produziere­n, wo eine Näherin 24 Cent für ihre Arbeit bekommt“, betont der Junguntern­ehmer. Doch leider sei „made in Germany“fast noch gar kein Argument in der Modebranch­e und Augsburg eigentlich kein Pflaster für ein solches Produkt. Das Cap von lou-i sei sehr speziell, für modebewuss­te Menschen, denen Nachhaltig­keit wichtig sei und die bereit wären, 100 Euro für eine solche Kopfbedeck­ung auszugeben. So viel kosten die lou-i-Caps nämlich. Deshalb vertreibt Hornung die Mützen aktuell vor allem über den Online-Shop und in Geschäften in Wien, Zürich, Berlin und Leipzig. In Augsburg sind die Caps im Geschäft „Kaufrausch“zu haben. Doch vielen Augsburger­n sei das Produkt schlichtwe­g zu teuer.

Dass der Augsburger ein schwierige­r Kunde ist, davon kann auch Wolfgang Schimpfle ein Lied singen. Gemeinsam mit Fabian Frei gründete er das Modelabel Degree und betreibt seit zweieinhal­b Jahren einen eigenen Laden. „Es ist nicht

leicht, den Augsburger als Kunden zu gewinnen, aber wenn man ihn einmal hat, dann ist er wahnsinnig treu. Wir haben daher sehr viele Stammkunde­n in unserem Geschäft“, so Schimpfle. Auch Serhat Yilmaz vom Modelabel Serfan kennt die Tücken der Augsburger Kundenland­schaft: „Der Augsburger schaut auf den Preis und versucht immer, das Beste für sich zu finden. Wenn er also dein Produkt kauft, dann hätte der Münchner schon dreimal gekauft“, sagt er. „Es ist deutschlan­dweit bekannt, dass

Augsburg das schwierigs­te Pflaster für Mode-Start-ups ist. Wenn du es hier schaffst, dann schaffst du es überall!“Diese Einschätzu­ng bestätigt auch Jürgen Wager, Gründungsb­erater der IHK: „Augsburg ist als Testmarkt bekannt. Wer hier besteht, hat bundesweit gute Chancen, sich zu etablieren.“

Das zu schaffen, ist jedoch nicht nur wegen der schwierige­n Kunden eine Herausford­erung, auch der Wettbewerb unter Modelabels sei in Augsburg überdurchs­chnittlich intensiv, so Wager. „In Augsburg ist

der Neidfaktor sehr hoch, in anderen Städten helfen sich Start-ups gegenseiti­g und treffen sich regelmäßig. Das ist hier leider nicht so“, bedauert Serhat Yilmaz. „Auf der anderen Seite schüttelt hier jeder Hände, statt Kritik zu üben. Auch das macht es schwer, denn Kritik ist gerade für ein junges Unternehme­n sehr wichtig. Nur so weißt du, was du ändern solltest.“

Trotz aller Schwierigk­eiten haben es Serfan und Degree geschafft, in Augsburg Fuß zu fassen. „Unser Vorteil war es wohl, dass wir unglaublic­h zäh sind und alles selbst machen und dann hatten wir eben auch einfach ein bisschen Glück“, erklärt Wolfgang Schimpfle das Erfolgsrez­ept von Degree. Und auch Serfan-Gründer Yilmaz zeigt, worauf es ankommt: „Man braucht hier also vor allem einen langen Atem und einen starken Willen.“Geld zu verdienen sollte erst einmal nicht im Vordergrun­d stehen. „Ich habe es in Augsburg geschafft und trotzdem würde ich jedem empfehlen: Geh nach Berlin, Hamburg oder München – da hast du es leichter!“

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Manuel Hornung schafft bei seinen besonderen Mützen eine Verbindung der Materialie­n Holz und Stoff. Die Kopfbedeck­ungen sind am Ende nicht ganz billig, dafür aber etwas Besonderes. Den Augsburger muss man davon doppelt überzeugen.
Foto: Silvio Wyszengrad Manuel Hornung schafft bei seinen besonderen Mützen eine Verbindung der Materialie­n Holz und Stoff. Die Kopfbedeck­ungen sind am Ende nicht ganz billig, dafür aber etwas Besonderes. Den Augsburger muss man davon doppelt überzeugen.

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