Für Europa auf die Straße
Aktion Rund 1000 Bürger engagierten sich in Augsburg gegen den Zerfall der EU. Was sie antreibt
Am Sonntag glich der Rathausplatz zeitweise einem blauen Fahnenmeer aus EU-Flaggen. Denn erstmals war Augsburg Teil der europaweiten Bürgerbewegung „Pulse of Europe“, die mit Treffen auf zentralen Plätzen ein Zeichen für Europa setzen möchte. Die Frankfurter Initiatoren der Bewegung sprechen sich für ein vereintes, demokratisches Europa aus, in der „die Achtung der Menschenwürde, die Rechtsstaatlichkeit, freiheitliches Denken und Handeln, Toleranz und Respekt selbstverständliche Grundlage des Gemeinwesens sind“. In Augsburg schlossen sich rund 1000 Menschen der Bewegung an, so die Schätzung der Organisatoren.
Viele von ihnen kamen bewusst auf den Rathausplatz, um ein sichtbares Zeichen für die Europäische Union zu setzen. Dabei war bei vielen Teilnehmern der Veranstaltung nach eigenen Aussagen ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl zu spüren. „Es ist gut, wenn aus einer Bewegung gegen etwas eine Bewegung für etwas entsteht“, meint Reinhard Wemhöner. Der Augsburger kam mit seiner Partnerin auf die Veranstaltung, um gegen wachsende populistische Stimmen und für Freiheit und Demokratie einzustehen.
Doch auch zufällig vorbeispazierende Passanten ließen sich vom Europafieber anstecken. Julie de Palabe, 27 Jahre alt, kommt aus Paris und lebt seit einiger Zeit in München. Sie sieht sich als europäische Bürgerin und fand es sehr toll, dass so viele Menschen auf den Rathausplatz gekommen sind, um gemeinsam für diese gute Sache einzustehen. Spannend waren die Aussagen von Tom Fraser (32) und Tara Li (27), die ebenfalls spontan auf den Rathausplatz kamen. Fraser ist gebürtiger Engländer und arbeitet seit fünf Jahren in Kempten. Ebenso die US-Amerikanerin Li. Bei der Frage über ihre Meinung zum Brexit schütteln beide nur den Kopf. Fraser und Li versuchen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen, da beide nicht wissen, wie es mit und in ihren Heimatländern weitergeht.
Eine ganz andere Meinung hatte der ebenfalls aus Großbritannien stammende Christian Slater (71). Als die Bühne für Meinungen und kurze Statements aller Teilnehmer eröffnet wurde, sprach er sich zwar für ein geeintes Europa, doch gegen die Europäische Union aus. „Der Brexit war die richtige Entscheidung, aber mit falschen Gründen“, sagt er. Nach Slaters Meinung jedoch ist ein Zusammenbruch der EU nötig, damit eine Reform erst möglich wird. Als er diese Meinung kundtat, wurde er von mehreren Teilnehmern ausgepfiffen und letztendlich drehten ihm die Organisatoren das Mikrofon ab. Darauf reagierten die Besucher wiederum sehr kritisch und forderten, das Mikrofon wieder einzuschalten, was aber nicht geschah. „Wenn wir für Meinungsfreiheit einstehen, dann lasst ihn ausreden“so einer der zahlreichen Zwischenrufe. Thorsten Frank von der Europa-Union moderierte das Bühnengeschehen. „In einem vereinten Europa dürfen weder parteipolitische Interessen dominieren, noch dass die EU Egomanen zum Opfer fällt“, eröffnete er seine Rede.
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