Aichacher Nachrichten

Für Europa auf die Straße

Aktion Rund 1000 Bürger engagierte­n sich in Augsburg gegen den Zerfall der EU. Was sie antreibt

- VON MICHAEL KALB

Am Sonntag glich der Rathauspla­tz zeitweise einem blauen Fahnenmeer aus EU-Flaggen. Denn erstmals war Augsburg Teil der europaweit­en Bürgerbewe­gung „Pulse of Europe“, die mit Treffen auf zentralen Plätzen ein Zeichen für Europa setzen möchte. Die Frankfurte­r Initiatore­n der Bewegung sprechen sich für ein vereintes, demokratis­ches Europa aus, in der „die Achtung der Menschenwü­rde, die Rechtsstaa­tlichkeit, freiheitli­ches Denken und Handeln, Toleranz und Respekt selbstvers­tändliche Grundlage des Gemeinwese­ns sind“. In Augsburg schlossen sich rund 1000 Menschen der Bewegung an, so die Schätzung der Organisato­ren.

Viele von ihnen kamen bewusst auf den Rathauspla­tz, um ein sichtbares Zeichen für die Europäisch­e Union zu setzen. Dabei war bei vielen Teilnehmer­n der Veranstalt­ung nach eigenen Aussagen ein starkes Zusammenge­hörigkeits­gefühl zu spüren. „Es ist gut, wenn aus einer Bewegung gegen etwas eine Bewegung für etwas entsteht“, meint Reinhard Wemhöner. Der Augsburger kam mit seiner Partnerin auf die Veranstalt­ung, um gegen wachsende populistis­che Stimmen und für Freiheit und Demokratie einzustehe­n.

Doch auch zufällig vorbeispaz­ierende Passanten ließen sich vom Europafieb­er anstecken. Julie de Palabe, 27 Jahre alt, kommt aus Paris und lebt seit einiger Zeit in München. Sie sieht sich als europäisch­e Bürgerin und fand es sehr toll, dass so viele Menschen auf den Rathauspla­tz gekommen sind, um gemeinsam für diese gute Sache einzustehe­n. Spannend waren die Aussagen von Tom Fraser (32) und Tara Li (27), die ebenfalls spontan auf den Rathauspla­tz kamen. Fraser ist gebürtiger Engländer und arbeitet seit fünf Jahren in Kempten. Ebenso die US-Amerikaner­in Li. Bei der Frage über ihre Meinung zum Brexit schütteln beide nur den Kopf. Fraser und Li versuchen, die deutsche Staatsbürg­erschaft zu bekommen, da beide nicht wissen, wie es mit und in ihren Heimatländ­ern weitergeht.

Eine ganz andere Meinung hatte der ebenfalls aus Großbritan­nien stammende Christian Slater (71). Als die Bühne für Meinungen und kurze Statements aller Teilnehmer eröffnet wurde, sprach er sich zwar für ein geeintes Europa, doch gegen die Europäisch­e Union aus. „Der Brexit war die richtige Entscheidu­ng, aber mit falschen Gründen“, sagt er. Nach Slaters Meinung jedoch ist ein Zusammenbr­uch der EU nötig, damit eine Reform erst möglich wird. Als er diese Meinung kundtat, wurde er von mehreren Teilnehmer­n ausgepfiff­en und letztendli­ch drehten ihm die Organisato­ren das Mikrofon ab. Darauf reagierten die Besucher wiederum sehr kritisch und forderten, das Mikrofon wieder einzuschal­ten, was aber nicht geschah. „Wenn wir für Meinungsfr­eiheit einstehen, dann lasst ihn ausreden“so einer der zahlreiche­n Zwischenru­fe. Thorsten Frank von der Europa-Union moderierte das Bühnengesc­hehen. „In einem vereinten Europa dürfen weder parteipoli­tische Interessen dominieren, noch dass die EU Egomanen zum Opfer fällt“, eröffnete er seine Rede.

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Fotos: Michael Hochgemuth Die blauen Fahnen der Europäisch­en Union dominierte­n den Augsburger Rathauspla­tz am Sonntagnac­hmittag.
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Bobby Fraser, Tara Li und Tom Fraser (von links) machten sich für ein vereintes und demokratis­ches Europa stark.

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