Trommelwirbel im Supermarkt
Musik Der Augsburger Schlagzeuger Dominik Scherer nimmt ein Großprojekt in Angriff. In vier Wochen dreht er vier Videos an vier ungewöhnlichen Orten. Die erste Kulisse ist eine Edeka-Filiale in Friedberg
Friedberg Umringt von Gummibärchen, Bonbons und Schokolade sitzt Dominik Scherer an seinem Schlagzeug. Ein ungewohntes Bild: ein Musiker zwischen den Regalen eines Supermarkts, der ordentlich auf die Trommeln haut. „Versuchung“steht über dieser Szenerie, geschrieben in großen Lettern und kaum zu übersehen.
Es ist eine Versuchung für Dominik Scherer. Er ist ein musikalisches Multitalent. Er spielt Trompete und Schlagzeug, er arrangiert und komponiert und er führt mit seinem Bruder die Augsburger Musikschule Beathof. Da er in jüngster Zeit viel für andere produziert hat, möchte er nun wieder einmal „sein Ding“durchziehen. „Um nicht einzurosten und das Niveau höher zu legen“, wie er sagt. Binnen vier Wochen will Scherer vier Videos an vier außergewöhnlichen Orten drehen. Sein Ziel ist es, ein Gesamtkunstwerk zu schaffen. „Die Farbe der Sets ist auf die Klamotten abgestimmt, die Musik auf die Szenerie, sodass alles ein großes Ganzes ergibt.“Ein ambitioniertes Unterfangen, das am Sonntag seinen Anfang genommen hat.
Mit dem ersten Teil seiner Serie schafft Scherer ein Debüt für die gesamte Drum-Szene: „In den Schlagzeug-Videos gibt es entweder die geile Kulisse oder den geilen Sound“, erklärt er. Beides zugleich in einem Video existiere bislang nicht. Um diesen Plan umsetzen zu können, arbeitet Scherer mit anderen Talenten der Region zusammen. Mit an Bord sind das Augsburger Filmteam „Timeteller“und Johannes Kandels, der als Audioingenieur für den Sound zuständig ist. „Wahnsinn, so talentierte Menschen dabei zu haben“, lobt Scherer seine Crew. Als Bühnenbild wählte er die Kulisse eines Supermarkts – die Edeka-Filiale der Familie Wollny in Friedberg. Schon die Friedberger Band „Wo is Kai“hatte hier einen Auftritt gespielt. Inhaber Michael Wollny ist froh über das rege Interesse an seinem Laden: „Für mich ist es spannend, was in einem Supermarkt außerhalb des Alltäglichen so passieren kann.“
Etwa 30 Personen wirken an diesem Drehtag in Friedberg mit. Die Hälfte davon filmt, fotografiert, testet die Akustik. Die andere Hälfte übernimmt Statistenrollen. Neben dem musikalischen Nachwuchs von Beathof darf nahezu die gesamte Familie Scherer mit vollgepackten Einkaufskörben durch die Gänge schlendern. Unbedingt eine Szene bekommen sollte Oma Eva. „Sie ist ein wichtiger Teil in meinem Leben“, sagt Dominik Scherer, „sie muss mindestens einmal mit dem Einkaufswagen durch das Bild laufen.“Und so kommt es auch: Dekoriert mit einer Fünf-Kilo-Packung Waschmittel schiebt Oma Eva ihren Wagen das Kühlregal entlang, füllt ihn fleißig mit Joghurt, Milch und Käse. „Was tut man nicht alles“, sagt sie – und strahlt ihren Enkel an. Auch nicht fehlen durfte Bowie, die Französische Bulldogge von Dominik und seiner Frau Sina. Der Vierbeiner bekommt die Einstiegsszene und darf zum Beat nicken – ein Gag, den sich der Musiker für das Video überlegt hatte. „Das haben wir lange geübt“, räumt seine Frau Sina ein. Aber richtig klappen wollte es zunächst nicht. „Er hat scheinbar schon ein paar Starallüren“, sagt sie und schmunzelt. Mit Wurst funktioniert es schließlich.
Ist das Bildmaterial im Kasten, geht es an die Soundaufnahme des Schlagzeugs. Drei Takes, also drei Aufnahmeversuche, gibt er sich. Dann muss das Drumming im Kasten sein. Am Ende werden es vier. „Aber der letzte war’s“, sagt Dominik Scherer. Aufgenommen wird live. Wie Benjamin Paska von Timeteller erklärt, liegt die Schwierigkeit hierbei in der Synchronität von Musik und Bild. „Das, was man sieht, muss auch zu hören sein“, sagt er. „Die Akzente, die Details, einfach jeder Schlag muss passen“, fügt Robin Wilhelmsen hinzu. „Aber bislang sind wir glücklich und können es kaum erwarten, mit dem Schneiden zu beginnen.“
Den gesamten Tag arbeitet die Crew an der Perfektion um die süße Versuchung im Supermarkt. Dabei lässt der nächste Paukenschlag nicht lange auf sich warten: Bereits am Samstag dreht Scherer Teil zwei der Serie im Theater Augsburg. „Das wird ganz anders“, sagt er. Theatralisch. Und ein bisschen megaloman. Der erste Schlag zumindest saß.