Feuerwehr kann Hilfsfrist nicht überall einhalten
Bedarfsplan für die Stadt Aichach zeigt Verbesserungsbedarf: Mehr Ortsteilwehren sollen wasserführende Fahrzeuge bekommen. Ein weiteres Problem: Tagsüber sind viele kleinere Wehren nicht alarmsicher
Wenn’s brennt oder bei einem Unfall, soll sie möglichst schnell helfen: die Feuerwehr. Dazu muss sie richtig ausgestattet und leistungsfähig sein. Ein Feuerwehrbedarfsplan, wie ihn das Bayerische Feuerwehrgesetz seit 2013 empfiehlt, soll helfen, das zu gewährleisten. Für Aichach ist ein solcher Plan nun erstellt. Wilhelm Rottenkolber, Leiter der Finanzverwaltung, präsentierte das umfangreiche Werk am Donnerstagabend im Stadtrat. Im Zuhörerraum waren die Feuerwehren gut vertreten.
Die wichtigsten Erkenntnisse: Nicht jede Einsatzstelle kann innerhalb der Hilfsfrist von zehn Minuten mit einem wasserführenden Fahrzeug erreicht werden. Und: Tagsüber stehen in manchen Ortsteilen nicht ausreichend Aktive zur Verfügung. Rottenkolbers Fazit: „Wir haben Verbesserungsbedarf.“
Wie Rottenkolber erläuterte, müssen die Kommunen ihre Feuerwehren so aufstellen und ausrüsten, dass diese möglichst schnell Menschen retten und Schadensfeuer wirksam bekämpfen können. Dazu müsse grundsätzlich jede an einer Straße gelegene Einsatzstelle in maximal zehn Minuten nach der Meldung erreicht werden. Diese Hilfsfrist sei zwar nicht gesetzlich geregelt, aber dennoch zu beachten.
Wie schwer diese einzuhalten ist, rechnete Rottenkolber kurz vor. Ab dem Auflegen des Telefons nach der Meldung in der Integrierten Leitstelle hat der Disponent dort etwa 2,5 Minuten Zeit für die Alarmierung. Die Aktiven brauchen dann etwa fünf Minuten, um zum Feuerwehrhaus zu kommen, sich umzuziehen und auszurücken. Bleiben knapp drei Minuten für die Anfahrt.
Dazu kommt: Um wirksame Hilfe leisten zu können, sei nach einer Definition des Innenministeriums nötig, dass mindestens ein wasserführendes Fahrzeug innerhalb der Hilfsfrist vor Ort ist. Diese Forderung, so Rottenkolber, könne mit dem 2009 beschlossenen Ortsteilkonzept im Stadtgebiet mit seiner Fläche von rund 93 Quadratkilometern nicht mehr eingehalten werden: Nicht alle Feuerwehren verfügen über wasserführende Fahrzeuge. Zum Beispiel in Ecknach und Oberbernbach soll das mittelfristig geändert werden. Diese Fahrzeuge sollen dann auch mit Schiebleitern ausgestattet sein. Damit wäre dann der „zweite Rettungsweg“, um Personen aus höheren Etagen zu retten, gesichert, weil im Brandfall die Aichacher Feuerwehr mit ihrer Drehleiter nicht innerhalb der Hilfsfrist vor Ort sein kann. Voraussetzung dafür ist aber laut Rottenkolber, dass die Feuerwehren die personellen Anforderungen dafür erfüllen können. Bei wasserführenden Löschfahrzeugen sind unter anderem zwölf Atemschutzgeräteträger erforderlich. Auch in Sachen Feuerwehrhäuser wird die Stadt mittelfristig tätig werden müssen. Sie entsprechen nur teilweise den Vorgaben des Un-
Das soll durch organisatorische und kleinere bauliche Maßnahmen behoben werden. Ein Neubau wird in Mauerbach erforderlich werden: Das Haus dort ist nur für den Tragkraftspritzenanhänger geeignet. Auch in Walchshofen wird ein Neubau notwendig.
Die Personalausstattung ist ohnehin ein großer Punkt im Bedarfsplan. Stichwort: Alarmsicherheit der Wehren. In Aichach und Gallenbach ist diese rund um die Uhr gewährleistet, in Ecknach und Griesbeckerzell tagsüber zumindest begrenzt. In allen anderen Ortsteilen sind die Wehren tagsüber nicht alarmsicher,
Rottenkolber. In Ecknach und Oberbernbach müssen – werden die neuen Fahrzeuge angeschafft – je zwölf Atemschutzgeräteträger ausgebildet werden. Wie Rottenkolber erläuterte, dürfte es problematisch sein, dafür Freiwillige zu finden, die tagsüber zur Verfügung stehen.
Feuerwehrreferent Peter Meitinger (CSU) sagte: „Tagsüber haben wir ein Problem.“Jetzt müsse man sich zusammensetzen, um Lösungen zu suchen. So sah das auch KarlHeinz Schindler (SPD). Erich Echter (CWG) betonte, die Einsatzbereitschaft tagsüber hänge von den Firmen ab, die ihre Mitarbeiter freistelfallversicherers.
len müssten. Dazu betonte Bürgermeister Klaus Habermann, in Aichach sei ihm keine Firma bekannt, die das nicht tue. Die Feuerwehr müsse in der Gesellschaft noch mehr verankert werden. „Das ist kein normaler Dienst“, betonte er. „Da Leute zu finden, die dazu bereit sind, ist nicht einfach.“Helmut Beck (CSU) hinterfragte die zehn Minuten Hilfsfrist. Habermann betonte, diese Vorgabe habe die Stadt nicht in der Hand. Das System funktioniere noch gut. Der gesellschaftliche Wandel werde sich aber auch hier bemerkbar machen. „Auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen“, sagte er, bei den Ortsbetonte teilfeuerwehren müsse man künftig überlegen, ob sich nicht zwei oder drei zusammentun. Er war überzeugt: „Das wird in Zukunft notwendig werden.“Der Feuerwehrbedarfsplan wurde vom Stadtrat einstimmig angenommen. Jetzt werden Stellungnahmen von Rechtsaufsicht, Kreisbrandrat und der Regierung von Schwaben eingeholt. Danach soll den Kommandanten der Bedarfsplan vorgestellt werden, bevor mit den Feuerwehren über die örtlich relevanten Teile bei den Generalversammlungen gesprochen wird. Der Plan reicht 2021, dann soll er aktualisiert werden.