Warum der neue Bücherbus schon kaputt ist
Für die Anschaffung des Fahrzeugs gab die Stadt 500000 Euro aus. Doch nach nur wenigen Monaten ist es nicht mehr einsatzbereit. Wie es mit dem Bus weiter geht und warum sich die Stadtbücherei trotzdem freuen kann
Immer mehr Augsburger nutzen die Angebote der Stadtbücherei. Die Zahl der Neuanmeldungen ist im vergangenen Jahr um 14,2 Prozent gestiegen. Leiter Manfred Lutzenberger und seine Kollegen können zufrieden sein. Wäre da nicht dieses eine große Ärgernis: Der neue Bücherbus ist nach nur wenigen Monaten nicht mehr einsatzfähig.
Über drei Jahre lang hatte die Stadt über die Anschaffung des neuen Bücherbusses diskutiert. Schließlich wurde er im vergangenen Jahr für eine halbe Million Euro gekauft. Das 12,5 Meter lange Gefährt, das Platz für rund 4500 Medien bietet, ging Anfang September das erste Mal auf Tour. 27 Haltestellen fährt er an, hält auch an Schulen und Kitas. Doch seit ein paar Tagen steht der Bus in der Garage. Es gibt Sicherheitsprobleme mit der Doppeltür. „Die Schließkraft der Tür ist viel zu groß. Wenn man ein Buch einklemmt, bekommt man es nicht mehr heraus“, schildert Stadtbücherei-Leiter Lutzenberger eines der Probleme. Die Verletzungsgefahr sei ihm zu hoch. Zumal auch die Lichtschranke an der automatischen Tür nicht immer funktioniere. Laut Lutzenberger gab es schon zwei Zwischenfälle mit einem Kind und einer älteren Dame, die sich auf den Stufen an der Tür befanden, als diese sich plötzlich schloss. „Es wäre fast zu Unfällen gekommen.“
Ein drittes Problem: Wird von außen die Gummileiste an der Tür berührt, öffnet sich diese außerplanmäßig. Rund vier Mal sei der Bücherbus in den vergangenen Monaten schon in der Werkstatt gewesen, berichtet Lutzenberger. Und immer wieder gebe es Ärger. Doch mit diesen Defekten will der Leiter der Stadtbücherei die Verantwortung für die Sicherheit der Kunden nicht länger auf sich nehmen. Bildungsreferent Hermann Köhler sieht das auch so. „Solange der Bus nicht betriebssicher ist, können wir ihn nicht fahren lassen“, sagte er im Bildungsausschuss am Montag.
Das Spezialgefährt kommt von Volvo. Der Vertragspartner jedoch bewerte die Probleme als nicht so gravierend, erzählt Lutzenberger. Ihm reichen nun die Diskussionen mit dem Hersteller. Ein Gutachter wurde beauftragt. Er untersucht ab dem morgigen Donnerstag den Bücherbus. Stellt der Sachverständige tatsächlich Mängel fest – und davon geht Lutzenberger aus – soll der Hersteller darauf festgenagelt werden. Schließlich sei das Gutachten gerichtsfest. Volvo müsse die Probleme dann beseitigen.
Allein für das Gutachten werden zwei bis drei Wochen anberaumt. Es ist also noch nicht absehbar, wann der 500 000-Euro-Bus wieder seine täglichen Fahrten durch 15 Stadtteile aufnehmen kann.
Einige werden ihn sicherlich schon vermissen. Denn der neue Bücherbus kam bislang gut an. Die Neuanmeldungen, die während des Jahres 2016 im neuen Bus entgegengenommen wurden, stiegen um 93 Prozent auf 261 gegenüber dem Vorjahr. Stadträtin Beate SchabertZeidler (Pro Augsburg) merkte im Bildungsausschuss an, dass ihr Enkel in Bergheim sehr traurig darüber sei, dass der Bücherbus nicht mehr komme. Lutzenberger hingegen ist darüber inzwischen richtig wütend. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich Volvo bislang so defensiv verhalten hat.“Kunden, die noch Bücher aus dem Bus ausgeliehen haben, können diese online verlängern oder bei den Zweigstellen der Bücherei abgeben. „Es entstehen keine Mahngebühren“, verspricht Lutzenberger.
Freuen kann sich der Leiter der Stadtbücherei aber über die Bilanz seiner Einrichtung im vergangenen Jahr. Mit knapp 8000 neuen Kunden ist die Zahl der Anmeldungen um 14,2 Prozent gestiegen. Die Bücherei bot mehr Aktionen und Veranstaltungen an, speziell auch für Vorschulkinder und Schüler.
Dies sei durch zwei zusätzliche Stellen ermöglicht worden. Manfred Lutzenberger weiß: Für eine Bücherei ist es in der heutigen Zeit längst wichtig, aktiv auf die Menschen zu zugehen. „Man muss sich öffnen. Die Stadtbücherei ist inzwischen ein Treffpunkt für viele und sie wird sich auch weiter verändern.“»Kommentar