Aichacher Nachrichten

Polizeibea­mten beleidigt

Junger Asylbewerb­er zeigt sich vor Gericht reumütig

- VON SAMUEL JACKER

Ausgerechn­et einen Polizisten hat ein Flüchtling, der im nördlichen Landkreis Aichach-Friedberg lebt, in einer McDonalds-Filiale in Augsburg beleidigt. Deshalb stand er gestern in Aichach vor dem Jugendgeri­cht. Laut Anklage hat der 19-jährige Asylbewerb­er den Beamten mit dem türkischen Ausdruck für „ich f... dich“bedacht. Das gab der junge Mann ohne Umschweife zu. Wie es dazu gekommen ist, schilderte­n er und der Polizist aber verschiede­n.

Nach der Aussage des Angeklagte­n kam der Polizist aus der Filiale, als er sie gerade betrat. Der Mann habe „Geh aus dem Weg!“zu ihm gesagt und ihn mit dem Ellenbogen gestoßen. Daraufhin habe er ihn beleidigt. Weil der Beamte Zivilkleid­ung trug, habe er nicht gewusst, dass er Polizist sei. Sonst hätte er ihn nicht beleidigt, beteuerte der Angeklagte.

Der Polizist sagte als Zeuge aus, er sei wegen Drogenprob­lemen am Königsplat­z gewesen. Als er die McDonalds-Filiale betreten wollte, sei der Angeklagte vor der Türe gestanden. Er habe ihn darauf hingewiese­n, dass er eine Kontrolle durchführe. Daraufhin sei der beleidigen­de Satz gefallen. Der Zeuge hielt dem 19-Jährigen aber zugute, dass er sich umgehend entschuldi­gt und sich einsichtig gezeigt habe.

Denselben Eindruck hatte auch der Jugendgeri­chtshelfer. Er nahm den jungen Mann als freundlich wahr. Darüber hinaus schildert er dessen schwierige Vergangenh­eit. Der Angeklagte, der die afghanisch­e Staatsbürg­erschaft hat, wuchs in Teheran auf. Dort besuchte er fünf Jahre lang eine Schule. Wegen diverser Konflikte musste er sie verlassen und floh 2010 nach Deutschlan­d. Seitdem lebt er im Wittelsbac­her Land. 2014 schloss er die Mittelschu­le ab. Derzeit absolviert er eine Ausbildung, die er voraussich­tlich in diesem Monat abschließt. Der Jugendgeri­chtshelfer merkte an, dass der Angeklagte wegen kulturelle­r Differenze­n oftmals in verbale und körperlich­e Auseinande­rsetzungen gerät. „Die Tat ist ein Ausdruck dafür, wie er gelernt hat, Konflikte zu lösen“, stellte er fest. Deshalb schlug er eine Leseweisun­g der Organisati­on „Die Brücke“zum Thema Konfliktbe­wältigung vor.

Auch Staatsanwa­lt Benjamin Rüdiger sah bei dem Angeklagte­n deutliche Reiferücks­tände aufgrund der Flucht. Das Geständnis und die Entschuldi­gung hielt er ihm zugute. Dennoch handele es sich um eine massive Beleidigun­g, so Rüdiger. Daher forderte er eine Geldstrafe in Höhe von einem Nettomonat­sgehalt und die Übernahme der Verfahrens­kosten. Jugendrich­terin Eva-Maria Grosse betonte, positiv wirke sich aus, dass der Angeklagte nicht vorbestraf­t ist. Sie verurteilt­e ihn wegen Beleidigun­g eines Polizeibea­mten dazu, an einer Leseweisun­g teilzunehm­en und die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Angeklagte akzeptiert­e das Urteil.

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