Aichacher Nachrichten

Gleiche Chancen für ganz Bayern

Mitglieder der bayerische­n Enquete-Kommission diskutiere­n mit Fachleuten in Mering über die Herausford­erungen, die auf eine boomende Region wie den Landkreis Aichach-Friedberg zukommen

- VON EVA WEIZENEGGE­R

Nicht nur im bayerische­n Landtag wollen sich die Mitglieder der Enquete-Kommission „Gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse in ganz Bayern“über die Möglichkei­ten der Chancengle­ichheit informiere­n, sondern sie waren am Montag auch vor Ort in Mering und besuchten die Metzgerei Reich. Am Beispiel des Handwerksb­etriebs informiert­en sie sich über die Anforderun­gen, die in der boomenden Region an Betriebe, Kommunen und den Landkreis gestellt werden.

Christoph Rabenstein, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Enquete-Kommission und SPD-Landtagsab­geordneter, erläutert: „In Bayern herrschen erhebliche Ungleichge­wichte zwischen Ballungsre­gionen und dem ländlichen Raum.“Bereits 17 Stationen hatten er und weitere Mitglieder der Kommission in Bayern besucht und nun waren sie zusammen mit der SPDLandtag­sabgeordne­ten Simone Strohmayr zu Gast im Landkreis Aichach-Friedberg. Einer boomenden Region, die aufgrund des enormen Wachstums vor großen Herausford­erungen stehe, so die Landtagsab­geordnete.

Expertenge­spräch leitete Manfred Miosga, ebenfalls Mitglied der Kommission und Professor für Stadt- und Regionalen­twicklung Universitä­t Bayreuth. Beleuchtet wurden die Bereiche Arbeitsmar­ktsituatio­n, Einkommen und Kaufkraft, der öffentlich­e Personenna­hverkehr, die Gesundheit­sversorgun­g sowie das Bildungsan­gebot.

Für die Marktgemei­nde schilderte Bürgermeis­ter Hans-Dieter Kandler die Situation und zeigte sich vor allem beim Bildungsse­ktor „mehr als nur zufrieden“. Er hob die Zusammenar­beit mit den Kommunen Kissing und Merching hervor, die im Schulberei­ch „mehr als nur gut funktionie­rt“. Neben Standortvo­rteilen wie dem viergleisi­gen Bahnausbau, der Nähe zur Autobahn A8 und einer nun flächendec­kenden Breitbandv­ersorgung seien vor allem die vielfältig­en Kinderbetr­euungsange­bote ein Plus der knapp 15000 Einwohner großen Kommune. Doch diese bringen auch Schwierigk­eiten für die Kommune mit sich. „Während die Bundesregi­erung einen Anspruch für Kinderbetr­euung ab dem ersten Lebensjahr beschließt, lässt sie die Kommunen bei der Finanzieru­ng im Stich.“Das bestätigte sein Amts- Manfred Wolf aus Kissing. Wolf sprach Probleme mit unterschie­dlichsten Verordnung­en an und erklärte, welche Schwierigk­eiten der Landesentw­icklungspl­an für seine Kommune darstelle. Er hoffe, dass Kissing das geplante Fachmarktz­entrum ohne Einschränk­ungen verwirklic­hen könne. Er betonte die wirtschaft­lichen Folgen des Straßenbau­s. „Ich sehe den Ausbau der AIC 25 als die beste Wirtschaft­sförderung für Aichach und Friedberg an“, sagte er. Auch die sechsstrei­fige A 8 habe einen Wachstumss­chub für das Friedberge­r Gewerbegeb­iet gebracht. „Deshalb sehe ich in der umstritten­en Osttangent­e Chancen für unsere Region“, so Wolf.

Manfred Losinger bezog sich als stellvertr­etender Landrat und Stadtrat in Friedberg auf die Baulandpro­blematik. Baugrund zu bezahlbare­n Preisen zur Verfügung zu stellen, sei eine Herausford­erung, die in den nächsten Jahren auf die Kommunen zukomme. „Friedberg macht hier viel, aber es wird zunehmend schwerer, genügend Grund zu bekommen.“Er wünschte sich mehr steuerlich­e Erleichter­ungen, wenn Privatleut­e Grundstück­e für sozialen Wohnungsba­u zur VerfüDas gung stellen. Max Rössle, Geschäftsf­ührer der Kreiswohnb­au GmbH, bestätigte die Situation. Er schilderte die Problemati­k, die nun auf die Gemeinden zukomme, wenn anerkannte Flüchtling­e auf den Wohnungsma­rkt strömen und keine Unterkunft finden.

Wolfgang Peitzsch, Organisati­onssekretä­r beim DGB in Augsburg, verdeutlic­hte, dass vor allem in einer boomenden Region sich die Menschen mit niedrigere­m Einkommen schwertun. „Es geht den Menschen hier gut, aber wir dürfen nicht darüber hinwegsehe­n, dass viele auf staatliche Unterstütz­ung angewiesen sind, weil sie mit ihrem Lohn die Lebenshalt­ungskosten nicht bezahlen können.“

Konjunktur­experte Peter Lintner von der IHK Schwaben wünschte sich regionale Entwicklun­gskonzepte, wie sie es bereits im Nachbarbun­desland Baden-Württember­g gebe. Denn die Region lebe nicht von den internatio­nal agierenden Konzernen, sondern vom Mittelstan­d. Sie prägen die Wirtschaft­ssituation der Kommunen. Darauf bezog sich auch Siegfried Kalkbrenne­r, stellvertr­etender Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer Schwaben. Er malte keine rosikolleg­e ge Zukunft aus: „Im Handwerk ist die Lage prekär.“Betriebe finden keinen Nachwuchs. Ohne Lehrlinge gebe es später auch keine Meister und damit keine Ausbildung­sbetriebe. Mit diesen Anregungen im Gepäck wird die Enquete-Kommission in München weiter arbeiten. Ein Abschlussb­ericht wird vor Jahresende veröffentl­icht.

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