Nonstop von Aichach nach Rom
Mehr als 1000 Kilometer wollen Erwin Vogl und Erwin Witzenberger innerhalb von 48 Stunden zurücklegen. Zwei Kollegen sind bis zum Gardasee dabei. Geschlafen wird bei den „Verrückten“aus dem Wittelsbacher Land nicht
Rom und Aichach trennen mehr als 1000 Kilometer: Kaum jemand würde auf die Idee kommen, diese Distanz mit dem Rennrad zu überwinden. Der 53-jährige Erwin Witzenberger (Aindling) und der 44-jährige Erwin Vogl (Pöttmes) setzen sogar noch einen drauf: Sie wollen innerhalb von 48 Stunden ohne größere Pausen in der italienischen Hauptstadt ankommen. Zwischen den beiden Sportlern und ihrem Ziel liegen rund 10 000 Höhenmeter. Begleitet werden sie von Matthias Sayer (37, Mainbach) und Franz Kneißl (57, Klingen), die rund die Hälfte der Strecke bis zum Gardasee in Angriff nehmen. Am Freitag bricht das Quartett in Richtung Süden auf.
Ultra-Cycling nennt sich die Radsport-Disziplin, bei der derartige Distanzen an einem Stück zurückgelegt werden. Für die Radsportgruppe aus dem Landkreis AichachFriedberg ist es nicht die erste Tour nach Italien. Bereits im Jahr 2013 brachen Erwin Witzenberger und Erwin Vogl zu ihrer ersten langen Fahrt bis zum Gardasee auf. Witzenberger, der auch der Initiator des neuesten Abenteuers ist, war zuvor die Distanz zwar schon geradelt, allerdings nicht an einem Tag. Erwin Vogl erinnert sich: „Er hat uns damals alle angestachelt und motiviert.“Plötzlich wurde aus dem Einzelkämpfer ein Quartett. Mit dabei war damals auch Franz Kneißl: „Ich dachte mir, ihr seid doch verrückt. Dann aber habe ich doch mitgemacht. Es gab irgendwann kein Zurück mehr.“Am Ende hatte es sich aber gelohnt: „Als wir ankamen, war da ein unglaubliches Glücksgefühl.“Er fährt in diesem Jahr zusammen mit Matthias Sayer die halbe Strecke mit. Kneißl hat schon einige Male die Alpen mit dem Rad überquert und weiß, worauf es bei einem solchen Vorhaben ankommt. „Die Verpflegung ist ganz wichtig. Auf dem Rad muss man sich meist zwingen, genügend zu essen und zu trinken.“
Bananen, Powerriegel und viel Flüssigkeit würden aber nicht ausreichen. In regelmäßigen Abständen gibt es eine richtige Pause. Zwei Autos begleiten das Quartett. Familie und Freunde versorgen die entkräfteten Fahrer dann mit Mahlzeiten. Muffins, Nudeln mit Tomatensoße oder auch Wurstsemmeln stehen dann auf der Speisekarte. Insgesamt sechs Personen werden die Radler im Auto begleiten. Mit dabei ist auch die Ehefrau von Erwin Vogl, Marion. Für die Begleiter wird es ebenso eine intensive Fahrt. „Wir müssen uns abwechseln, denn 48 Stunden kann keiner am Steuer sitzen. Das ist auch für uns eine Herausforderung“, erzählt Marion Vogl. Schlafen werden die vier Radfahrer dagegen kaum. Erwin Vogl will möglichst wenige Pausen einlegen: „Es gibt höchstens mal ein kurzes Schläfchen von zehn bis 20 Minuten, mehr haben wir nicht eingeplant. Unsere Begleiter wecken uns dann rechtzeitig.“
Vogl und Witzenberger wissen, worauf sie sich einlassen. 2013 sind beide von Aindling nach Bardolino gefahren, und vor zwei Jahren ging es von Aichach nach Venedig. Warum es die Radsportverrückten immer nach Italien verschlägt? „Gute Frage. Die Landschaft ist schön, und durch das viele Auf und Ab wird es uns nicht langweilig“, sagt Vogl. Dennoch gibt es auch kritische Momente während der Fahrt. Bei den Abfahrten erreichen die Rennfahrer bis zu 80 Stundenkilometer. Extra angelegte Radwege gibt es nicht.
Die Erschöpfung ist zudem eine Gefahr. „Jeder hat einmal ein Leistungstief während so einer Fahrt. Dann lässt man sich im Windschatten von den Kollegen ziehen“, erklärt Erwin Vogl. Der begeisterte Radrennfahrer hat noch einen weiteren Tipp: „Man muss sich Etappenziele setzen. Ich darf nicht denken, ich muss 1000 Kilometer fahren.“Und dennoch fährt man nicht einfach mal so bis nach Rom. Das Quartett trainiert das ganze Jahr und nimmt auch an Wettbewerben teil. Dabei geht es nicht nur aufs Rennrad. Häufig strampeln die Ultra-Cycler auch beim Spinning im Hellofit in Aichach. Auf dem Parkplatz des Fitnessstudios fällt am Freitag um 10 Uhr auch der Startschuss. Ab 9 Uhr wärmen sich die Sportler auf. Die vergangenen Wochen haben sich die vier Radfahrer aber noch gezielter vorbereitet. Viermal pro Woche sind sie im Schnitt mindestens 100 Kilometer auf der Strecke gewesen.
Nicht ohne Grund: Pro geradeltem Kilometer und Fahrer spendet die Firma MEA 50 Cent für die Hannes & Lissy Meisinger Multiple Sklerose Stiftung. „Das ist noch mal eine zusätzliche Motivation“, erzählt Erwin Vogl. Der Weg soll sich noch anderweitig lohnen: Der Pöttmeser will mit Ehefrau Marion im Anschluss noch zwei Wochen Urlaub in Rom dranhängen.