Bauwagenszene zwischen Problem und Chance
Mal sind Bauwagen willkommen, mal den Anwohnern ein Dorn im Auge. Baurechtlich aber sind sie überall nur geduldet. K!ar.Text hat sich bei einigen Betreibern umgehört und gibt Aufschluss über die aktuelle Situation
Wollen sich Jugendliche aus den ländlicheren Gebieten des Wittelsbacher Landes am Wochenende treffen, gestaltet sich der Weg nach Aichach oder Augsburg oft schwierig. Sind die Verbindungen am Nachmittag noch in Ordnung, fährt am Abend oft kein Bus oder Zug mehr. Spätestens nach Mitternacht ist der einzige Weg nach Hause das Taxi. Die Lösung ist ein Jugendtreff im Ort – der Bauwagen.
In manchen Orten sind sie willkommen und verursachen keine Probleme; anderswo aber gibt es Beschwerden von Anwohnern, weil entweder Betreiber oder Besucher die Musik zu laut aufdrehen. Dem Landratsamt Aichach-Friedberg zufolge gab es im Jahr 2005 noch 65 Bauwagen im Landkreis. Wie viele es heute noch sind, ist laut Landratsamt nicht bekannt. K!ar.Text erklärt, wie es um die Bauwagenszene im Landkreis steht.
Bauwagen in Kühbach
Die Marktgemeinde kennt sowohl die friedliche wie auch die problematische Seite der Bauwagenszene. Während der Treff im Ortsteil Unterbernbach keine Probleme macht, klagten an der Wöresbacher Straße Anwohner über Lärm und riefen mehrfach die Polizei. Daraufhin beschloss der Gemeinderat im Oktober vergangenen Jahres, den Bauwagen über den Winter zu sperren. Bis April sollten sich die Jugendlichen ein neues Konzept überlegen. Anstelle einer Musikanlage steht im Bauwagen nun ein Baustellenradio. Außerdem soll der Bauwagen nicht mehr als Partyhütte, sondern als Jugendtreff genutzt werden.
Wie Johann Lotterschmid, Bürgermeister der Marktgemeinde Kühbach, berichtet, gab es während des Kühbacher Brauereifestes im Mai erneut Beschwerden. Anwohner fühlten sich erneut durch Lärm belästigt. Die Jugendlichen mussten sich Lotterschmid zufolge bei den Betroffenen entschuldigen. „Wir haben ihnen unmissverständlich klargemacht, dass es bei weiteren Problemen zur unmittelbaren Auflösung kommt“, so Lotterschmid.
Michael Schneider, Sprecher der Bauwagen-Truppe an der Wöresbacher Straße, räumt zwar ein, dass es während des Brauereifestes wieder starken Lärm am Bauwagen gab. Er betont aber: „Der Bau- wagen war während des Festes nicht offen. Die meisten aus der Region kommen zu Fuß zum Fest. Sie laufen mit lauter Musik am Bauwagen vorbei.“Der 19-Jährige stellt klar, dass der Wagen ihm und fünf Freunden dazu diene, einen ruhigen Abend zu verbringen. Die vom Marktgemeinderat kritisierte Musikanlage – betrieben durch ein Stromaggregat – ersetzten die Jugendlichen bereits durch das Baustellenradio, das nicht mehr so laut aufgedreht werden kann. Beschwerten sich die Anwohner nun über zu laute Musik, liege dies an anderen Jugendlichen, so Schneider. Diese bekämen mit, dass jemand im Bauwagen sei und benachrichtigten andere. Die sechsköpfige Gruppe lasse aber Störenfriede nicht in den Bauwagen. „Sie stehen auf der Straße und spielen Musik mit dem Auto ab“, ärgert sich Schneider. Dennoch: „Wir sind auf die Nachbarn zugegangen, haben ihnen unsere Handynummern aufgeschrieben und uns entschuldigt. Wir haben klargemacht, dass wir einen ruhigen Abend verbringen wollen.“
Bauwagen in Hollenbach
Für Franz Xaver Ziegler, Bürgermeister der Gemeinde Hollenbach, sind Bauwagen eine „wichtige kommunale Möglichkeit, etwas mit Freunden zu machen“. Seit fast 20 Jahren ist Ziegler nun Mitglied des Bauwagens im Ortsteil Motzenhofen. „Derzeit liegt das Durchschnittsalter zwischen 25 und 35 Jahren. Viele haben ihre Familien dabei“, erklärt er. Probleme durch Partylärm habe es bisher nicht gegeben.
Um Komplikationen zu vermeiden, rät der Bürgermeister den Jugendlichen: „Sobald man daran denkt, dass es ein rechtsfreier Raum ist, kann es nur schief gehen.“Die Betreiber müssten zudem den Kontakt mit Jugendbeauftragten und Erziehungsberechtigten halten. Insgesamt sieht Ziegler die Bauwagenkultur aber als Chance: „Bauwagen engagieren sich oft sozial“, betont der Bürgermeister.
Die Scheabecka Hittn, ein Bauwagen im Hollenbacher Ortsteil Schönbach, verkauft beispielsweise Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Markus Fendt, Betreiber des Bauwagens, erklärt: „Seit drei Jahren machen wir das schon. Die Einnahmen werden zu 100 Prozent gespendet.“In der dritten Generation ist der Schönbacher Bauwagen inzwischen bereits in Betrieb. „Wir sind sozusagen reingewachsen, als wir 18 Jahre alt waren“, erinnert sich der heute 21-Jährige. Probleme habe es noch nicht gegeben. Fendt: „Wir laden die Nachbarn zum Grillen ein und haben einen Maibaum aufgestellt.“