Aichacher Nachrichten

Damit es im Garten summt

Insekten finden bei uns immer weniger Nahrung. Von Stinkesche bis Zweizahn: Der Imker und Gärtner Andreas Vogl erklärt heute, wie Privatleut­e den Tieren helfen können – und wo es Grenzen gibt /

- VON UTE KROGULL

Imker, die wegen der Monokultur­en vom Land in die Stadt ziehen. Rückgang der Insekten um 80 Prozent in wenigen Jahrzehnte­n. Hummeln, die scharenwei­se verhungert unter Bäumen liegen: Geschichte­n über den Tod der Insekten gibt es reihenweis­e. Viele Gartenbesi­tzer möchten etwas dagegen tun. Andreas Vogl ist Imker sowie Berufsschu­llehrer für Gärtner und Landwirte. Er erklärt im Vorfeld des Bayerische­n Imkertags in Friedberg, was wichtig ist, damit es im Garten (wieder) summt. So gibt es eine ganze Reihe von Sträuchern, Kräutern und Stauden, die besonders bienenoder auch schmetterl­ingsfreund­lich sind (siehe Infokasten). Vogl sagt: „Wenn jeder Gartenbesi­tzer in seinem Garten ein paar Quadratmet­er blühen lassen könnte, wäre sehr viel geholfen.“Auch mit anderen Tricks können Hobbygärtn­er Insekten beim Überleben helfen.

Das beginnt im Frühjahr, wenn die ersten Bienen und auch Hummeln sich schwertun mit der Nahrungssu­che. Vogl rät: Weidenkätz­chen nicht im Übermaß schneiden, Zwiebelpfl­anzen wie Krokus, Schneeglöc­kchen und Winterling­e im Rasen auswildern. Der Rasen sollte nach dem Verblühen vier Wochen nicht gemäht werden, damit sich die Zwiebeln und Knollen regenerier­en können. Und, auch wenn’s Überwindun­g kostet: „Grundsätzl­ich sollte man Blumen, auch den ungeliebte­n Löwenzahn, im Rasen lassen und möglichst erst nach der Blüte entfernen.“

Außerdem den Rasen möglichst nicht düngen, denn viele Blütenpfla­nzen vertragen keine zu hohen Nährstoffg­aben bzw. werden vom gedüngten Rasen verdrängt. Für den Sommer sollten Gartenbesi­tzer eine Rabatte mit blühenden Pflanzen anlegen. Dabei gilt: nicht gefüllt blühenden Arten den Vorzug geben. „Nur diese besitzen Staubfäden, die Pollen liefern und Nektarien, die den Nektar liefern“, weiß der Imker. Er

kam durch seinen Schwiegerv­ater zu dem Hobby. Vogl fasziniert, dass kein Jahr und Volk wie das andere sei. Und man komme zur Ruhe, wenn man an den Bienen arbeitet, sagt er. „Ich kann dort perfekt abschalten.

Der Duft, eine Mischung aus Wachs, Honig und Propolis, der aus dem Volk kommt. Die Ordnung in dem scheinbare­n Chaos und zu guter Letzt der beste Honig der Welt, den ich ernten darf!“Auch wer nicht

imkert, bietet gerne geflügelte­n Freunden eine Unterkunft. Immer beliebter sind Insektenho­tels. Der Fachmann betont jedoch: „(Wild-)Bienenhote­ls sind gut und schön anzusehen, bringen aber we- nig, wenn im Garten nichts blühen darf.“Und: Kein Gift! „Egal welches Pflanzensc­hutzmittel, es hat meiner Meinung nach im Garten nichts verloren“, sagt der Fachmann. Als einzige Ausnahme lässt er biologisch­e Präparate gelten.

Vogl lebt in Mering, in der Gemeinde gibt es seit geraumer Zeit Versuche mit Blühstreif­en in der freien Natur. Das Ergebnis ist jedoch nicht allzu ermutigend: „Leider waren die ersten Erfahrunge­n eher negativ, weil wir die Bodenvorbe­reitung vernachläs­sigt haben. Es müssen vorher alle Beipflanze­n herausgeno­mmen werden, damit die Blühmischu­ng eine Chance hat.“Das sei besonders bei Wurzelunkr­äutern wie der Quecke sehr mühsam bis unmöglich. Weiteres Problem: Der Boden darf nicht zu nährstoffr­eich sein, sonst werden die Blühpflanz­en schnell verdrängt.

Auch dem landkreisw­eit angestrebt­en Programm, Straßenban­kette und Feldraine wieder aufblühen zu lassen, räumt er keine allzu großen Chancen ein. „Durch die gegenwärti­ge Agrarförde­rung haben Landwirte keine oder wenig Anreize, blühende Feldraine oder Hecken zu schaffen. Wenn ich Landwirt wäre, würde ich es auch nicht machen, weil ich von meinen Flächen eine Familie ernähren müsste.“Für Straßenban­kette gilt: „Es wäre schön, wenn sie aufblühen würden. Allerdings bräuchte es meines Erachtens spezielle Mischungen, die mit einem hohen Salzgehalt auskommen können.“

Als Berufsschu­llehrer für Gärtner und Landwirte weiß Vogl auch: Egal was Privatleut­e in ihren Gärten tun, wichtiger wäre eine Veränderun­g in der freien Landschaft. „Hier ist die Agrarpolit­ik gefragt. Es müssten mehr Anreize für Landwirte geschaffen werden, dass Feldränder blühen dürfen – vor allem im Sommer, nach der Rapsblüte – oder Hecken gepflanzt werden. Leider sehe ich die Politik hier auf keinem allzu guten Weg.“

Buchtipp „Mein Garten summt!“, Simone Kern, Kosmos Verlag, 125 Sei ten, 16,99 Euro. Viele Abbildunge­n und Pflanztabe­llen. Kundig, verständli­ch und praktikabe­l verfasst.

 ?? Foto: picture alliance/dpa ?? Eine Biene sucht an der Blüte einer Sonnenblum­e nach Nahrung.
Foto: picture alliance/dpa Eine Biene sucht an der Blüte einer Sonnenblum­e nach Nahrung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany