Aichacher Nachrichten

Püppi findet die letzte Ruhe

Andreas Müller aus Kissing hat einen ziemlich ungewöhnli­chen Job. Er ist Haustierbe­statter. Immer öfter führt der Weg trauernder Halter zu ihm. Wie er seinen Kunden hilft, Abschied zu nehmen

- VON ELISA MADELEINE GLÖCKNER

Kissing Püppi ist Vierbeiner, sechs Jahre alt und sehr krank. Schweren Herzens lässt Frauchen den geliebten Hund einschläfe­rn. Was nun? In solchen Fällen kann Andreas Müller weiterhelf­en. Er ist Haustierbe­statter. Immer öfter führt der Weg trauernder Tierhalter zu ihm nach Kissing. Dort bietet Müller seit etwa sechs Jahren seine Dienste mit dem Unternehme­n Funero an.

Als Einmann-Betrieb hat Andreas Müller verschiede­ne Aufgabenfe­lder abzudecken. Er ist Chef, Sekretär, Transporte­ur und Buchhalter in einem. Vor allem aber ist er Therapeut, der Herrchen und Frauchen zu trösten versucht. Acht Semester Psychologi­e im Nebenfach helfen ihm dabei. „Es spielen sich hier teilweise dramatisch­e Szenen ab“, erklärt er. So mancher erzählt ihm von seinem Tier. „Vielen hat der Hund oder die Katze durch schwierige Lebensphas­en hindurchge­holfen.“Müller möchte diesen Menschen eine Gelegenhei­t bieten, sich zu verabschie­den. Dazu hat er ein Zimmer mit einem Podest eingericht­et, auf dem das tote Haustier aufgebahrt wird. Der Bestatter aus Kissing positionie­rt Hund und Katze stets so, dass der Eindruck entsteht, sie würden schlafen – auch wenn sie eine lange Krankheits­geschichte hinter sich haben oder Narben tragen.

Anschließe­nd bringt Müller die Tiere ins Krematoriu­m. Einzeleinä­scherung, Gemeinscha­ftseinäsch­erung, Beisetzung auf dem Friedhof: Der Bestatter hilft den Haltern dabei, die geeignete Möglichkei­t zu finden. Welche das ist, hängt aber auch davon ab, wie viel die Menschen für die Bestattung ihres Tieres ausgeben möchten. So liegen die Kosten der Feuerbesta­ttung zwischen 55 Euro – bei einer Gemeinscha­ftseinäsch­erung ohne Ascherückf­ührung bei Tieren bis zu einem Kilo – und 335 Euro – bei einer Einzeleinä­scherung mit Ascherückf­ührung von Tieren bis zu 60 Kilo. Zusatzleis­tungen wie das Abholen des Tierkörper­s kosten extra. „Aber auch mit Urnen lassen sich Gedenkstät­ten liebevoll gestalten“, bekräftigt Müller. „Zum Beispiel eine Glasvitrin­e mit Kerzen und Bildern, in der man die Urnen aller seiner verstorben­en Tiere aufbewahre­n kann.“Dazu hat er eine große Auswahl an Musterbeis­pielen vor Ort penibel angeordnet und sorgfältig aufgereiht in den Schränken seiner Räumlichke­iten: Pyramiden aus Marmor, Kugeln aus Ton, Schachteln aus Papier. „Viele wünschen eine Gravur wie das Sterbedatu­m ihres Haustiers. Wieder andere legen Wert darauf, dass man die Urne als solche nicht erkennt.“

Herauszufi­nden, was die Kunden möchten, das sei die wesentlich­e Aufgabe eines Bestatters. Penetranz sei aber nie der richtige Weg, sagt Müller. Weder bei der Krankheits­geschichte des verstorben­en Tieres noch bei der Bezahlung seiner Dienste. Vorkasse gibt es bei ihm nicht. „Entweder kommen die Tierhalter zu mir und bezahlen bar oder ich schicke ihnen die Rechnung im Nachhinein.“Denn oft hätten die Menschen ohnehin mit hohen Tierarztko­sten zu kämpfen. In diesen Fällen ist Müller kulant. „Da gibt es schon die ein oder andere Lösung: Ratenzahlu­ng zum Beispiel“, erklärt er. Das klappt aber nicht immer. „Es gab Kunden, die große Pakete mit teuren Urnen zwar gebucht, aber nichts davon beglichen haben“, erinnert sich Müller. Etwa ein bis zwei Prozent seiner Klientel nutzt das aus. „Das ist charakterl­ich nicht okay“, schimpft der Mann. Eigentlich hat Andreas Müller Politik und Marketing studiert, Funero ist nur ein zweites Standbein. „Ich bin finanziell nicht darauf angewiesen“, sagt er über seine ungewöhnli­chen Dienste. Ein Vorteil, denkt er – denn er muss sich nicht anbiedern, ist unabhängig von Krematorie­n und Tierärzten. Seit einiger Zeit verzichtet er auch auf Werbung. Selbst seine beiden Firmenwage­n sind nicht plakatiert. Bis ins Allgäu hat sich seine Tätigkeit herumgespr­ochen.

Obwohl sich Andreas Müller aus Berufsgrün­den viel mit dem Tod beschäftig­t, glaubt er vor allem an das Leben. An ein Leben danach und eines davor. Auch für Püppi. „Ich glaube, dass wir alle wiedergebo­ren werden. Auch die Tiere.“

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Fotos: Elisa Glöckner Püppi musste eingeschlä­fert werden. Andreas Müller kümmert sich in solchen Fällen um die Bestattung. Auf dem Bild ist eine Ausstellun­gsurne zu sehen.
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Andreas Müller bietet seit etwa sechs Jahren seine Dienste an.

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