Die Stadt holt das Stromnetz in ihre Hand
Stadtwerke Friedberg und Lechwerke gehen dafür eine Partnerschaft ein
Friedberg Es war im Stadtrat eine umstrittene Entscheidung, doch schließlich entschied man sich mit knapper Mehrheit für das Ziel, das Friedberger Stromnetz in die eigene Hand zu bekommen. Dazu gehen die Stadtwerke Friedberg eine Partnerschaft mit den Lechwerken ein. Gestern wurde der Vertrag für diese GmbH im Rathaus unterschrieben. Er besiegelt die Partnerschaft. Der Vertrag für die Konzession, die über
20 Jahre läuft, soll erst im Herbst unterzeichnet werden, so die Verantwortlichen. Denn die Punkte werden aus rechtlichen Gründen strikt getrennt behandelt; es könnten sonst Klagen von Mitbewerbern drohen.
Bislang hatten die LEW, die seit
1901 Friedberg mit Strom versorgen, die Konzession alleine. Das künftige Modell sieht vor, dass die neue Gesellschaft namens Stromnetz Friedberg GmbH & Co. KG Eigentümer des Mittelspannungs-, Niederspannungsund Straßenbeleuchtungsnetzes wird. Sie darf nun öffentliche Straßen für die Verlegung von Stromleitungen nutzen. Die Lechwerke sind für den Betrieb zuständig. Im Gebiet gibt es 13 500 Netzkunden. Verträge und Preise werden sich durch den Schritt nicht ändern; Kunden werden weiter von ihren bisherigen Stromlieferanten versorgt.
Als Vorteil des neuen Modells aus Sicht der Stadt sieht Bürgermeister Roland Eichmann, dass man mehr Einfluss auf Entscheidungen über das Stromnetz haben werde. Es gehe darum, Energiezukunft aktiv zu gestalten. Die Stadtwerke tragen mit 51 Prozent die Mehrheit in der Gesellschaft und sollen die kaufmännische Betriebsführung übernehmen. Die Geschäftsleitung werden je ein Vertreter von Stadtwerken und Lechwerken innehaben. Die im Jahr 2000 gegründete städtische Tochter Stadtwerke war bislang zuständig für Wasser, Abwasser, Stadtbad, Friedhöfe und Tiefgaragen. Sie werde sich somit grundlegend neu ausrichten, sagte Geschäftsführer Holger Grünaug. Diese Weiterentwicklung sei ein großer Einschnitt, zumal die Stadtwerke im Baugebiet Afrastraße parallel erstmals das Thema Wärmeversorgung angehen. Auch finanziell wird es um erhebliche Summen gehen.
Zwar wird es erst bei der Vergabe der Konzession relevant, doch erklärte Grünaug gestern auf Nachfrage, dass die Stadtwerke im kommenden Jahr 3,1 Millionen Euro für den Kauf des Netzes an die LEW zahlen werden – das ist eine Million mehr, als ursprünglich veranschlagt waren. Auch regelmäßige Investitionen werden nötig sein. Laut Bürgermeister Eichmann sei man ein gewisses unternehmerisches Risiko eingegangen. Die Stadtwerke weisen ein jährliches Defizit von 1,8 Millionen Euro auf, das die Stadt ausgleichen muss. LEW-Vorstandsmitglied Markus Litpher betonte, die Versorgungsqualität bleibe gewährleistet. Dass die Lechwerke als Partner für Versorgungssicherheit stehen, sei zum Beispiel bei den Folgen des Tornados in Affing deutlich geworden. Die Lechwerke werden laut Litpher ihr Wissen in die Partnerschaft einbringen, um die Potenziale des Energiesystems zu erschließen. Im Vorfeld hatten sich die LEW in einem Ausschreibungsverfahren für die Partnerschaft mit den Stadtwerken durchsetzen müssen. Danach gab es ein weiteres Verfahren für die Vergabe der Konzession.