Müssen Bäume Luxuswohnungen weichen?
Am Oberen Graben entsteht eine exklusive Wohnanlage für gehobene Ansprüche. Altes Grün ist von den Bauarbeiten betroffen. Nachbarn sind alarmiert. Die Stadt untersagt vorerst weitere Eingriffe
Das große Penthaus kostet 1,97 Millionen Euro. Und auch sonst werden die neuen Eigentümer etwas mehr Geld in die Hand nehmen müssen, wenn sie in eine derzeit entstehende Wohnanlage am Oberen Graben 51 einziehen wollen. Das Projekt läuft unter dem Titel „Terrassenwohnanlage am Vogeltor. Luxuriöses Wohnen in der Augsburger Altstadt“. Demnächst soll es in den Verkauf gehen, die vorbereitenden Arbeiten laufen. Aktuell gibt es aber noch eine Streitfrage: Müssen zwei alte geschützte Bäume auf dem Grundstück im Zuge der Bauarbeiten weichen? Nachbarn sind in Alarmstimmung.
Die neue Wohnanlage ist für zehn Familien ausgelegt und wird zum Oberen Graben hin auch ein Geschäft haben. Nach Angaben des Bauträgers Mathias Grünwald soll sie nicht nur gehobene individuelle Wohnwünsche erfüllen. Es werde auch eine durchgrünte terrassierte Gestaltung im Innenhof entstehen, die das nachbarschaftliche Umfeld aufwertet. So wird ein zugebauter Stadtbach teilweise wieder aufgedeckt, das Wasser wird wieder sichtbar sein. Aktuell gibt es aber ein Problem.
Im Innenhof des Grundstücks stehen zwei etwa 40 bis 50 Jahre alte Spitzahornbäume. Sie fallen unter die Augsburger Baumschutzverordnung. Falls sie gefällt werden sollten, muss die Stadt zustimmen. Ein Fällantrag ist bislang nicht beim Amt für Grünordnung eingegangen. Doch Nachbarn sind in Alarmstimmung.
Die beiden Bäume sind Teil eines kleinen Grünzugs, der sich zwischen dichter Bebauung am Sparrenlech entlang zieht. Anwohner fürchten, dass der alte Baumbestand in dem kleinen Park im Zuge des Neubaus dezimiert wird und wertvolles Grün verloren geht. Weil die Abbrucharbeiten eines alten Gebäudeteils den Bäumen schon sehr nahe kamen, wurde das städtische Grünamt eingeschaltet.
Ergebnis: Laut Umweltreferent Reiner Erben dürfen im Zuge der Bauarbeiten momentan keine weiteren Eingriffe mehr im Bereich der Spitzahorne erfolgen, bis über das weitere Vorgehen entschieden ist. Erben zufolge ist der Pflege- und Allgemeinzustand der beiden Bäume „nicht optimal“, einer der Bäume weise zudem frische Schäden durch Fahrzeuge auf, die an den Stamm fuhren. Ein Baumsachverständiger soll nun klären, ob die beiden Bäume noch erhaltenswert sind. „Bis dahin bleiben die Bäume unangetastet“, so der Umweltreferent. Weitere offene Fragen zum Grün will er kommende Woche klären.
Bauträger Grünwald betonte auf Anfrage, er habe nie gewollt, dass die beiden Bäume wegkommen. Falls eine Fällung nötig sei, werde Ersatz gepflanzt. Auch er will nun das Ergebnis des Sachverständigen abwarten.
Unterdessen laufen die Vorberei- tungen für die neue Wohnanlage am Oberen Graben auf vollen Touren. Die exklusiven Eigentumswohnungen sollen in einem modernisierten Altbau und einem neu angebauten Gebäudeteil im Innenhof realisiert werden. Wie Grünwald erläutert, wird ein bestehendes Wohn- und Geschäftshaus aus den 1960/70er Jahren nahe dem Vogeltor kernsaniert. Im Innenhof wurde ein alter Gebäudeteil abgerissen. Dort entsteht der neue Anbau mit Terrassen und Balkonen.
Die Eigentumswohnungen mit gehobener Ausstattung samt zwei Penthäusern sind zwischen 70 und und 350 Quadratmeter groß. Sie sollen Grünwald zufolge 5800 Euro pro Quadratmeter kosten. Damit liegen die Preise pro Wohneinheit zwischen 480 000 und 1,97 Millionen Euro. Die Penthäuser beispielsweise sind mit Kamin, mehreren Dachterrassen, Klimaanlage und automatischen Jalousien vorgesehen, die auf Wind, Sonne und Regen reagieren. Die Wohnanlage soll ans städtische Fernwärmenetz angeschlossen werden.
Grünwald zufolge gibt es bereits zahlreiche Interessenten. Es seien vor allem Leute, die selber einziehen wollen. Verkaufsstart soll am 15. September sein, Baubeginn voraussichtlich im Oktober und geplante Fertigstellung im Frühjahr 2019. Generell stellt der Bauträger eine steigende Nachfrage von Interessenten fest, die aus anderen Ländern und Städten nach Augsburg ziehen. Besonders aus dem Münchner Raum sei die Nachfrage groß. Grünwald: „Das Publikum ändert sich.“