Aichacher feiern Vize Weltmeister Denis Kudla
Stolz präsentiert der 22-Jährige seine Silbermedaille beim Empfang des TSV Aichach. Der Profi-Sportler gibt sich dabei ganz bodenständig und herzt seine ehemaligen Weggefährten. Wie es für ihn nun weitergeht und warum Olympia 2020 schon sein letztes große
Aichach Arroganz sucht man bei Ringer Denis Kudla vergebens. Höflich und zuvorkommend begrüßt der 22-Jährige jeden Einzelnen im Aichacher Re(h)staurant. Herzliche Umarmungen und viele Schulterklopfer: Der frischgebackene Vize-Weltmeister gehört immer noch zur Ringerfamilie des TSV. Und das, obwohl er mittlerweile in der absoluten Weltspitze zu Hause ist. Am Mittwochabend gab der TSV Aichach einen Empfang für seinen ehemaligen Kämpfer. Rund 40 Personen, darunter alte Weggefährten, Nachwuchsringer und Familienmitglieder, feierten den Erfolg des 22-Jährigen. Dabei erzählte der Berufssoldat von seinen Erlebnissen, die Unterstützung der Fans und seinen Plänen für die Zukunft.
Bereitwillig erfüllte der 22-Jährige die Autogramm- und Fotowünsche der Fans. Und auch für ein paar „Raufereien“mit dem RingerNachwuchs war sich der Profi nicht zu schade. Dabei wusste Kudla bis einen Tag vorher noch gar nichts von dem Empfang. Erst aus der Zeitung habe er davon erfahren. Vor rund zwei Wochen sicherte sich Kudla die Silbermedaille bei der WM in Paris. Diese präsentierte er nun stolz den Aichachern. Im griechisch-römischen Stil in der Gewichtsklasse bis 85 Kilogramm musste er sich im Finale dem Türken Metehan Basar geschlagen geben. Im ersten Moment überwog die Enttäuschung: „Du schließt das Turnier mit einer Niederlage ab und das bleibt erst einmal hängen. Ich konnte mich gar nicht über die Medaille freuen.“Erst langsam realisierte Kudla seinen Erfolg: „Dann habe ich die vielen deutschen Fans auf der Tribüne jubeln gesehen und mir war klar, was ich erreicht hatte.“Zumal es seine erste WM bei den Erwachsenen war.
Unter den Zuschauern, die in Paris dem 22-Jährigen zugejubelt hatten, waren auch Oguz Özdemir und Peter Thurner von der Ringerabteilung des TSV. Bei Özdemir lernte Kudla einst das Ringen. Noch heute pflegen die beiden ein freundschaftliches Verhältnis: „Viele heben bei solchen Erfolgen ab. Aber Denis ist auf dem Boden geblieben und hat seine ehemaligen Weggefährten nicht vergessen“, so Özdemir. Zumal das Vergessen manchmal fast unmöglich ist. „Kurz vor dem ersten Kampf rief andauernd jemand laut Denis. Etwa 20- bis 30-mal, und ich dachte mir, wer ruft mich da“, erinnert sich Kudla. Dann erblickte er Özdemir im Publikum und wusste Bescheid. „Das hat mich schon etwas aus der Konzentration gebracht. Als der Kampf losging, war dann wieder alles gut.“Für Kudla war es nach Olympia-Bonze im vergangenen Jahr in Rio de Janeiro der zweite große Titel im Erwachsenenbereich. Schon damals bereiteten ihm die Ringer des TSV Aichach einen Empfang in der Paarganz stadt. Welchen Titel er schöner fand, wollten die Weggefährten wissen. „Die Bronze-Medaille bei Olympia war die schönere Medaille. Auch weil ich das Turnier mit einem Sieg beendet habe. Olympia findet auch nur alle vier Jahre statt.“Die Goldmedaille bei den Spielen 2020 in Tokyo bleibt deshalb das ganz große Ziel des 22-Jährigen. Das wäre dann der Höhepunkt seiner sportlichen Karriere und eventuell auch der Schlusspunkt: „Wenn ich bei Olympia Erster werde, höre ich auf“, verriet Kudla. „Dann hätte ich alles erreicht.“Denn um seinen Sport professionell ausüben zu können, muss Kudla, der bislang für Schifferstadt in der Bundesliga kämpfte, auf vieles verzichten. Mehrere Stunden Training pro Tag und die Entfernung zu seinen Eltern Karina und Stani, die in Eurasburg leben, gingen nicht immer spurlos am 22-Jährigen vorbei. „Das sind schon Entbehrungen, die man nicht ewig auf sich nehmen möchte“, so Kudla, der in der kommenden Saison für Nackenheim (bei Mainz) auf die Matten geht (wir berichteten).
Und dennoch redete der 22-Jährige begeistert über seinen Sport. Die Aichacher Nachwuchsringer holten sich Tipps ab und Kudla verriet, wie er sich auf ein solches Turnier vorbereitet und auf was es bei einer WM ankommt. „Der Kopf ist das Wichtigste. Du kannst noch so fit und trainiert sein. Wenn du zu nervös bist und verkrampfst, kannst du deine Leistung nicht bringen.“Da das olympische Turnier nur alle vier Jahre stattfindet, sei hier die Belastung besonders groß.
Apropos Olympia: Nach einem möglichen Triumph könnte sich Kudla eine Anstellung als Bundesligaoder Nationaltrainer vorstellen. Doch bis dahin liegt noch viel Arbeit vor dem Profi-Ringer. In sechs Wochen beginnt auch für den 22-Jährige der Ligaalltag mit seinem neuen Verein. Danach muss sich Kudla dann erst wieder für die Olympischen Spiele qualifizieren, um sich in Tokyo seinen Traum überhaupt erfüllen zu können. Und sollte das nicht klappen, haben sie beim TSV Aichach immer ein Plätzchen frei für ihren ehemaligen Kämpfer.
Jetzt ist für den Vize-Weltmeister aber erst einmal Erholung angesagt. Zunächst wird er ein paar Tage bei seinen Eltern verbringen und dann zwei Wochen mit Freundin und Freunden in den USA Urlaub machen: „Ich muss jetzt erst mal chillen.“