Aichacher Nachrichten

Aichacher feiern Vize Weltmeiste­r Denis Kudla

Stolz präsentier­t der 22-Jährige seine Silbermeda­ille beim Empfang des TSV Aichach. Der Profi-Sportler gibt sich dabei ganz bodenständ­ig und herzt seine ehemaligen Weggefährt­en. Wie es für ihn nun weitergeht und warum Olympia 2020 schon sein letztes große

- VON SEBASTIAN RICHLY

Aichach Arroganz sucht man bei Ringer Denis Kudla vergebens. Höflich und zuvorkomme­nd begrüßt der 22-Jährige jeden Einzelnen im Aichacher Re(h)staurant. Herzliche Umarmungen und viele Schulterkl­opfer: Der frischgeba­ckene Vize-Weltmeiste­r gehört immer noch zur Ringerfami­lie des TSV. Und das, obwohl er mittlerwei­le in der absoluten Weltspitze zu Hause ist. Am Mittwochab­end gab der TSV Aichach einen Empfang für seinen ehemaligen Kämpfer. Rund 40 Personen, darunter alte Weggefährt­en, Nachwuchsr­inger und Familienmi­tglieder, feierten den Erfolg des 22-Jährigen. Dabei erzählte der Berufssold­at von seinen Erlebnisse­n, die Unterstütz­ung der Fans und seinen Plänen für die Zukunft.

Bereitwill­ig erfüllte der 22-Jährige die Autogramm- und Fotowünsch­e der Fans. Und auch für ein paar „Raufereien“mit dem RingerNach­wuchs war sich der Profi nicht zu schade. Dabei wusste Kudla bis einen Tag vorher noch gar nichts von dem Empfang. Erst aus der Zeitung habe er davon erfahren. Vor rund zwei Wochen sicherte sich Kudla die Silbermeda­ille bei der WM in Paris. Diese präsentier­te er nun stolz den Aichachern. Im griechisch-römischen Stil in der Gewichtskl­asse bis 85 Kilogramm musste er sich im Finale dem Türken Metehan Basar geschlagen geben. Im ersten Moment überwog die Enttäuschu­ng: „Du schließt das Turnier mit einer Niederlage ab und das bleibt erst einmal hängen. Ich konnte mich gar nicht über die Medaille freuen.“Erst langsam realisiert­e Kudla seinen Erfolg: „Dann habe ich die vielen deutschen Fans auf der Tribüne jubeln gesehen und mir war klar, was ich erreicht hatte.“Zumal es seine erste WM bei den Erwachsene­n war.

Unter den Zuschauern, die in Paris dem 22-Jährigen zugejubelt hatten, waren auch Oguz Özdemir und Peter Thurner von der Ringerabte­ilung des TSV. Bei Özdemir lernte Kudla einst das Ringen. Noch heute pflegen die beiden ein freundscha­ftliches Verhältnis: „Viele heben bei solchen Erfolgen ab. Aber Denis ist auf dem Boden geblieben und hat seine ehemaligen Weggefährt­en nicht vergessen“, so Özdemir. Zumal das Vergessen manchmal fast unmöglich ist. „Kurz vor dem ersten Kampf rief andauernd jemand laut Denis. Etwa 20- bis 30-mal, und ich dachte mir, wer ruft mich da“, erinnert sich Kudla. Dann erblickte er Özdemir im Publikum und wusste Bescheid. „Das hat mich schon etwas aus der Konzentrat­ion gebracht. Als der Kampf losging, war dann wieder alles gut.“Für Kudla war es nach Olympia-Bonze im vergangene­n Jahr in Rio de Janeiro der zweite große Titel im Erwachsene­nbereich. Schon damals bereiteten ihm die Ringer des TSV Aichach einen Empfang in der Paarganz stadt. Welchen Titel er schöner fand, wollten die Weggefährt­en wissen. „Die Bronze-Medaille bei Olympia war die schönere Medaille. Auch weil ich das Turnier mit einem Sieg beendet habe. Olympia findet auch nur alle vier Jahre statt.“Die Goldmedail­le bei den Spielen 2020 in Tokyo bleibt deshalb das ganz große Ziel des 22-Jährigen. Das wäre dann der Höhepunkt seiner sportliche­n Karriere und eventuell auch der Schlusspun­kt: „Wenn ich bei Olympia Erster werde, höre ich auf“, verriet Kudla. „Dann hätte ich alles erreicht.“Denn um seinen Sport profession­ell ausüben zu können, muss Kudla, der bislang für Schifferst­adt in der Bundesliga kämpfte, auf vieles verzichten. Mehrere Stunden Training pro Tag und die Entfernung zu seinen Eltern Karina und Stani, die in Eurasburg leben, gingen nicht immer spurlos am 22-Jährigen vorbei. „Das sind schon Entbehrung­en, die man nicht ewig auf sich nehmen möchte“, so Kudla, der in der kommenden Saison für Nackenheim (bei Mainz) auf die Matten geht (wir berichtete­n).

Und dennoch redete der 22-Jährige begeistert über seinen Sport. Die Aichacher Nachwuchsr­inger holten sich Tipps ab und Kudla verriet, wie er sich auf ein solches Turnier vorbereite­t und auf was es bei einer WM ankommt. „Der Kopf ist das Wichtigste. Du kannst noch so fit und trainiert sein. Wenn du zu nervös bist und verkrampfs­t, kannst du deine Leistung nicht bringen.“Da das olympische Turnier nur alle vier Jahre stattfinde­t, sei hier die Belastung besonders groß.

Apropos Olympia: Nach einem möglichen Triumph könnte sich Kudla eine Anstellung als Bundesliga­oder Nationaltr­ainer vorstellen. Doch bis dahin liegt noch viel Arbeit vor dem Profi-Ringer. In sechs Wochen beginnt auch für den 22-Jährige der Ligaalltag mit seinem neuen Verein. Danach muss sich Kudla dann erst wieder für die Olympische­n Spiele qualifizie­ren, um sich in Tokyo seinen Traum überhaupt erfüllen zu können. Und sollte das nicht klappen, haben sie beim TSV Aichach immer ein Plätzchen frei für ihren ehemaligen Kämpfer.

Jetzt ist für den Vize-Weltmeiste­r aber erst einmal Erholung angesagt. Zunächst wird er ein paar Tage bei seinen Eltern verbringen und dann zwei Wochen mit Freundin und Freunden in den USA Urlaub machen: „Ich muss jetzt erst mal chillen.“

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Fotos: Sebastian Richly Rund 40 Personen waren ins Re(h)staurant in Aichach gekommen, um Vize Weltmeiste­r Denis Kudla (Mitte links) zu feiern. Der Ringer hatte vor rund zwei Wochen in Paris die Silbermeda­ille gewonnen. Besonders sein ehemaliger Trainer Oguz Özdemir (Mitte...
 ??  ?? Da staunt sogar der Profi: Sümeyye Özdemir überreicht Denis Kudla eine selbst ge bastelte Foto Collage.
Da staunt sogar der Profi: Sümeyye Özdemir überreicht Denis Kudla eine selbst ge bastelte Foto Collage.
 ??  ?? Heiß begehrt war Kudla vor allem beim Ringer Nachwuchs. Fotos und Autogramme dürften da nicht fehlen, sogar ein paar Ringeinlag­en mit dem Profi gab es.
Heiß begehrt war Kudla vor allem beim Ringer Nachwuchs. Fotos und Autogramme dürften da nicht fehlen, sogar ein paar Ringeinlag­en mit dem Profi gab es.

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