Aichacher Nachrichten

Bleibt der Diesel auf dem Hof stehen?

Wirtschaft Der Dieselmoto­r steht wegen schlechter Abgaswerte in der Kritik. Die Kunden sind sauer und steigen um. Auch Autohändle­r im Landkreis leiden unter der sinkenden Nachfrage

- VON SAMUEL JACKER

Aichach Friedberg Der Diesel-Skandal erschütter­t die Republik. Die Befürchtun­gen der Autobauer, Kunden zu verlieren, haben sich bewahrheit­et. Immer weniger Menschen kaufen ein Dieselauto. Nicht nur Volkswagen selbst, von wo der Skandal ausging, sondern auch andere Firmen leiden unter dem schlechten Ruf, den der Dieselmoto­r mittlerwei­le hat. Das macht sich auch im Landkreis Aichach-Friedberg bemerkbar.

Der VW-Händler Automobile Hopp im Affinger Ortsteil Mühlhausen ist beispielsw­eise von den Folgen betroffen. Der Verkaufsle­iter Matthias Horn beklagt gegenüber unserer Zeitung einen Rückgang der Anfragen um rund 50 Prozent. Die Nachfrage steige aber nicht an anderer Stelle. „Die Leute sind unentschlo­ssen, was sie machen sollen“, sagt er.

Für viele, die weite Strecken zurücklege­n, sei ein Benziner keine Alternativ­e. Auch Elektroaut­os seien wegen der geringen Reichweite unrentabel. Für Horn heißt es daher abwarten, bis es Klarheit seitens der Regierung gibt. „Investiert man 20000 Euro und bekommt womöglich keine Zulassung auf einen Diesel, schreckt es Kunden ab“, so Horn. Fahrzeugha­lter haben nämlich 18 Monate nach der Aufforderu­ng von VW Zeit, ihr Auto nachzurüst­en. Innerhalb dieser anderthalb Jahre erhält man trotz einer Manipulati­on eine Prüfplaket­te bei der Hauptunter­suchung. Findet diese aber erst nach Ablauf der Frist statt und ist der Wagen bis dahin noch nicht nachgerüst­et, bekommt man womöglich keine Prüfplaket­te.

Generell ist bei manipulier­ten VW-Dieselfahr­zeugen eine Softwarena­chrüstung möglich, damit diese sauberer werden. Automobile Hopp ist aber ein freier Händler und darf deshalb diese Änderungen nicht vornehmen.

Um den Verkauf anzukurbel­n, hat VW eine Prämie ausgeschri­eben. Jeder, der seinen alten Diesel verkauft und im Gegenzug einen Neuwagen nach Euro-5- oder -6-Norm erwirbt, erhält bis zu 10 000 Euro. Dieselfahr­zeuge dieser Schadstoff­klasse gelten derzeit als die umweltfreu­ndlichsten. Dies habe zwar fünf Prozent mehr Anfragen im Autohaus bewirkt, sagt Matthias Horn: „Die Verkaufsza­hlen stiegen aber nicht an.“

Ähnliches hat auch Anton Weiß, Inhaber des Autohauses Stahl in Inchenhofe­n, zu berichten. Weiß verkauft Wagen von Toyota und hat festgestel­lt: „Die Nachfrage nach Dieselfahr­zeugen ist fast bei null. Momentan herrscht ein Umdenken beim Kunden.“Dieselauto­s seien nur dann noch attraktiv, wenn viel Leistung benötigt werde. So kauften diese vor allem Betriebe oder Familien, die Sieben- oder Achtsitzer benötigen.

Viele andere verkaufen ihren alten Diesel laut Weiß, um eine Prämie zu erhalten, wenn sie ein neues Auto kaufen. „Der Wiederverk­auf wird aber immer schwierige­r, weil der Diesel immer weniger wert ist“, erklärt der Inhaber. Zu groß sei mittlerwei­le das Angebot an gebrauchte­n Dieselfahr­zeugen, sodass man sie weit unter Wert wiederverk­aufen müsse.

Anton Weiß sieht aber noch eine Chance für den Diesel: „Bei einer Nachrüstun­g kann man die Fahrzeuge wiederverk­aufen.“Eine einheitlic­he Kontrolle sei erst möglich, wenn der Staat eindeutige Grenzwerte festlege und geeignete Messgeräte zur Verfügung stünden. Viele Kunden suchen deshalb andere Alternativ­en, sagt Weiß: „Privatkund­en kaufen zu 80 Prozent Hybrid.“Diese seien besser als reine Elektroaut­os, weil sie an keine Ladestatio­n gebunden seien.

Im Gegensatz dazu sinken die Verkaufsza­hlen beim Opel-Händler Autohaus Betzmeir nicht. Der Inhaber Wolfgang Göttle mutmaßt: „Es ist vermutlich so, weil Opel nicht vom Abgas-Skandal betroffen war.“ Deshalb bestelle er nach wie vor neue Fahrzeuge nach Euro6-Norm.

Als Erklärung für die anhaltend große Nachfrage sieht Göttle den vergleichs­weise niedrigen Preis von Dieselfahr­zeugen. Besonders bei Gebrauchtw­agen mache er sich bemerkbar. Deshalb bleibt der Autohändle­r auch nicht auf Gebrauchtw­agen sitzen. Insgesamt habe das Autohaus schon immer mehr Dieselwage­n als Benziner verkauft. Lediglich Kleinwagen seien meist Benziner.

„Die Leute sind unentschlo­ssen, was sie jetzt machen sollen.“

Matthias Horn

„Die Nachfrage nach Dieselfahr­zeugen ist fast bei null. Momentan herrscht ein Umdenken beim Kunden.“

Anton Weiß

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Foto: Marcus Merk Werden Dieselfahr­zeuge technisch nachgerüst­et, können sie auch wieder besser verkauft werden.

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