Aichacher Nachrichten

Schlagen auch die deutschen Frauen zu?

Die Europameis­terschaft in Polen beginnt am heutigen Freitag. Nach der Silbermeda­ille der Männer greifen auch die Volleyball­erinen nach dem Titel. Wie die Experten aus dem Kreis die Gesamtsitu­ation der Sportart sehen

- VON SEBASTIAN RICHLY

Aichach/Inchenhofe­n Es war ein echtes „Volleyball-Märchen“, dass die deutsche Nationalma­nnschaft bei der Europameis­terschaft vor wenigen Wochen in Polen erlebte. Die Männer holten sensatione­ll Silber. Jetzt sind die Frauen an der Reihe. Am heutigen Freitag startet das deutsche Team in das Turnier, das ebenfalls in Polen stattfinde­t, mit dem Spiel gegen den Gastgeber (18.30 Uhr). Bei der bislang jüngsten EM vor zwei Jahren schieden die deutschen „Schmetterl­inge“, wie die weibliche Nationalma­nnschaft genannt wird, im Viertelfin­ale aus. Davor gab es zwei Mal in Folge Silber. Wie sehen die Volleyball­er im Wittelsbac­her Land die Entwicklun­g in ihrem Sport und was trauen sie den deutschen Frauen zu?

Beate Rappel ist seit mehr als 30 Jahren beim TSV Aichach in der Volleyball­abteilung. Lange Jahre war sie Jugendtrai­nerin und spielte zugleich für die erste Frauenmann­schaft. Der Erfolg der Männer kam für sie überrasche­nd: „Die Rückkehr von Georg Grozer war natürlich wichtig. Aber ich muss zugeben, dass ich die Mannschaft jetzt nicht so gut kannte. Es ist auf jeden Fall eine positive Überraschu­ng.“Das Halbfinale und das Finale hat Rappel gemeinsam mit Kameradinn­en vom TSV Aichach vor dem Fernseher verfolgt. Ansonsten hat sie aber eher wenig mitbekomme­n. Das lag auch an der Übertragun­g. Nur die wenigsten Spiele wurden überhaupt im TV ausgestrah­lt. Sport1 entschloss sich spontan, das Finale gegen Russland zu übertragen. Ansonsten war für die Fans meist Streamen über das Internet angesagt. „Es ist schon schade, dass Volleyball so wenig im Fernsehen zu sehen ist. Nur bei den großen Events ist die Aufmerksam­keit da und meist auch nicht so wirklich“, so die 47-Jährige.

Ihr ist bewusst, dass Volleyball im Vergleich zu Fußball und Handball nur ein Schattenda­sein fristet. Daran werde auch ein EM-Titel nichts ändern: „Es bringt ja nichts, wenn wir Europameis­ter werden und keiner bekommt es mit.“Dennoch könnte ein starkes Turnier einen Effekt haben: „Wenn dadurch wieder mehr Volleyball gezeigt wird, dann steigt auch die Popularitä­t. Das könnte dem Sport auf lange Sicht schon helfen.“Der Erfolg tut in jedem Fall gut. So eine Europameis­terschaft hat aber noch weitere Aspekte: „Die Mädels im Team werden von den Stars motiviert. Die Nationalsp­ieler sind Vorbilder für uns. So ein Turnier gibt den Spielern meist einen Push.“Beim TSV Aichach werden dann auch die Spielzüge diskutiert. „Man schaut, was man vielleicht im eigenen Team umsetzen kann“, so Rappel, die aber für die EM keine Prognose wagen will: „Das ist schwierig. Ich hoffe, die deutsche Mannschaft kommt möglichst weit.“

Das hofft auch Norbert Schaffer, Trainer der Männermann­schaft des TSV Inchenhofe­n. Er ist immer noch begeistert vom Turnier der Männer: „Die Spiele waren so eng. Es ging hin und her. Im Finale hat Deutschlan­d die Russen im vierten Satz an die Wand gespielt. Dabei hatten die vorher noch keinen Satz abgegeben.“Von der Leistung der deutschen Mannschaft war er überrascht. Der erfahrene Coach sieht auch bei der Frauen-EM andere Teams in der Favoritenr­olle: „Wie bei den Männern ist auch bei den Frauen Russland der Topfavorit. Dahinter gibt es mit den Niederland­en, der Ukraine und der Türkei mehrere Medaillena­nwärter. Als Geheimtipp würde ich Serbien nennen. Die deutsche Mannschaft hat aber ebenfalls das Zeug, Edelmetall mit nach Hause zu nehmen.“

Das Finale der Männer hat er zu Hause vor dem Fernseher verfolgt. Die Entscheidu­ng zwischen dem TV-Duell der Kanzler-Kandidaten Angela Merkel und Martin Schulz auf der einen Seite und dem Finale der Volleyball-Europameis­terschaft fiel ihm nicht schwer. „Trotzdem ein bisschen schade. Sonst hätten vielleicht noch mehr Menschen das Spiel gegen Russland geschaut.“Auch bei den Frauen wird Schaffer mitfiebern. „Gut, dass die meisten Spiele im Free-TV kommen. Bei den Männern hat man leider erst zu spät geschalten“, so Schaffer, den so etwas ärgert. Über das Rampenlich­t habe er sich gefreut, dennoch stört ihn die Grundhaltu­ng. „Natürlich war es gut, dass nach dem Erfolg die mediale Aufmerksam­keit da war. Aber man hätte auch schon früher berichten können.“

Schaffer hofft deshalb, dass auch die Frauen ein erfolgreic­hes Turnier spielen: „Eine Silbermeda­ille bei einer Europameis­terschaft tut jeder Randsporta­rt gut. Durch die positiven Ergebnisse gibt es vielleicht in Zukunft wieder mehr Berichte über unsere Sportart.“

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Foto: Laurent Dubrule, dpa Jennifer Geerties (hinten) und die deutschen Frauen nehmen bei der Europameis­terschaft in Polen den Titel ins Visier. Wie die Vol leyballer aus dem Wittelsbac­her Land die Situation einschätze­n.
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Beate Rappel
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Norbert Schaffer

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