„Jedes Stück Straße ist ein Unikat“
Bald kann wieder ein Abschnitt der neuen Bundesstraße freigegeben werden, die Asphaltarbeiten laufen gerade auf Hochtouren. Warum das ein besonders heikler Moment ist – und was es mit einem Steinherz am Straßenrand auf sich hat
Aichach Gallenbach Der Morgen ist kühl, fast regnet es – und doch halten es die meisten Arbeiter nicht in ihren Jacken aus. 170 Grad heiß ist der Asphalt, den sie hier auf die Fahrspuren der B 300 auftragen. Eine schweißtreibende, eine anspruchsvolle Arbeit. Eine, für die man speziell geschult sein muss. Läuft etwas schief, dann lässt sich das nicht mehr so schnell ausbessern. Oder, wie es Bauleiter Stephan Hanser lapidar auf den Punkt bringt, „Ist der Asphalt erst kalt, dann ist es schon rum“.
Rund 15 Mann stark ist die Asphaltkolonne, die an jenem Teilstück der B300 auf Höhe der Anschlussstelle Gallenbach-West arbeitet, das Mitte Oktober für den Verkehr freigegeben werden soll. Noch ist auf dieser Seite nur schweres Gerät. Laster, die den heißen Asphalt anliefern. Thermoisoliert, natürlich. „Die Einbautemperatur ist ganz entscheidend“, sagt Hanser, der für die Firma Richard Schulz arbeitet. Diese ist für den Ausbau auf diesem Abschnitt zuständig.
Je ein thermoisolierter Laster fährt langsam rückwärts und dockt an ein großes Fahrzeug an, das an eine Planierraupe erinnert. „Beschicker“nennt es Hanser. Die heiße Fracht rutscht nun herunter vom Lastwagen, der Beschicker nimmt sie auf und leitet sie weiter zum Asphaltfertiger – ein Gerät mit einem breiten Vorbau. Damit wird der Asphalt auf die Fahrbahn aufgetragen. Die drei Maschinen bilden einen Zug, der sich langsam fortbewegt. Das
stinkt, das dampft, das dröhnt. Tonnenschwere Walzen schieben sich hinterher. Daneben rauscht der Verkehr auf den zwei neuen Spuren, die im Juli fertig geworden sind und bald nur noch mehr in Richtung Ingolstadt führen sollen.
An nur einem Tag wird so eine komplette Asphaltschicht auf diesen Abschnitt der neuen Bundesstraße aufgetragen, der fast eineinhalb Kilometer lang ist. Rund 3000 Tonnen des schwarzen Materials brauchen die Arbeiter dafür. Das sind 115 Lastwagen-Ladungen, rechnet Hanser vor. 32 Sattelschlepper sind dafür im Einsatz.
Ist die Fahrbahn einmal fertig, dann besteht sie aus vier Lagen Asphalt. Der 36-jährige Bauleiter aus Sielenbach steht in seinem engen Baucontainer und deutet auf einen Skizzenplan an der Wand, auf dem sie abgebildet sind: Da ist die unterste Frostschutzschicht aus Beton-Recycling, dann die Tragschicht. Die dritte, die Binderschicht, wird gerade auf der Baustelle aufgetragen. Und dann soll auch gleich die vierte, finale Lage am nächsten Tag folgen. Bei dieser müssen die Arbeiter besonders gut aufpassen, sagt Norbert Meinert. Er ist Niederlassungsleiter bei der Neuburger Firma Richard Schulz. Zusammen mit Hanser und Polier Peter Friedl koordiniert er die Arbeiten auf der Baustelle.
Das Asphaltieren kann eine heikle Angelegenheit sein, stimmt Hanser zu: „Jedes Stück Straße ist Manufaktur, ein Unikat. Individuell geplant und hergestellt.“Man arbeite nicht am Fließband, sondern draußen auf der Baustelle, wo oft schwierige Bedingungen herrschen. Die Laster, die den heißen Asphalt liefern, können im Stau steckenbleiben. Oder starker Regen macht einen Strich durch die Rechnung. Bisher ist das Team gut im Plan. Einen genauen Termin für die Verkehrsumlegung im Oktober möchte Hanser aber noch nicht nennen. „Wir haben einen nassen, kühlen Herbst. Da könnte uns die Witterung noch dazwischenkommen.“
Es muss auch noch einiges getan werden: Bis Mitte nächster Woche wird noch asphaltiert. Nach der Hauptstrecke sind die Nebenstraßen an der Reihe: die neue Anschlussstelle Gallenbach-West, der zugehörige Kreisverkehr wie auch die alte B300, die als Gemeindeverbindungsstraße umgebaut wird. Außerdem fallen Restarbeiten an, wie etwa die Begrünung der Böschung oder die Herstellung des Banketts. Erst wenn all das fertig ist, wird der Abschnitt freigegeben. Seinen Beruf liebt der 36-Jährige. Weil man auf dem Bau gleich Ergebnisse sieht. Weil sich was tut. Fast täglich fährt er raus und lässt sich auf der Baustelle blicken, sieht sich an, wie gut die Arbeiten vorankommen, ob sie in der Zeit liegen.
Mit Ernst ist das ganze Team bei der Sache. Dabei kommt aber auch der kreative Spaß nicht zu kurz. Und der hat sich quasi materialisiert und ist gut sichtbar für alle Autofahrer – in Form eines großen Herzens aus Steinen, das die Böschung an der B 300 bei Oberneul schmückt. Diese hätte dort sowieso irgendwie mit Steinen befestigt werden müssen, sagt Hanser: „Und da haben wir uns eben einen kleinen Scherz erlaubt.“