Aichacher Nachrichten

Kosten für den AVV steigen

ÖPNV ist deutlich ökologisch­er, aber er wird für das Wittelsbac­her Land auch immer teurer. Im nächsten Jahr steigt Kreisantei­l am Defizit des AVV auf 7,5 Millionen Euro – sechsmal so viel wie vor 20 Jahren. Woran das liegt

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN (mit gth)

Der Öffentlich­e Personenna­hverkehr wird für das Wittelsbac­her Land immer teurer. 2018 gehen die Kosten für den AVV durch die Decke.

Aichach Friedberg Bus- und Bahnverkeh­r ist deutlich ökologisch­er als der motorisier­te Individual­verkehr. Er verbraucht viel weniger Energie und Fläche und verringert die Belastunge­n der Menschen, vor allem in Städten mit Feinstaub, Abgasen und Lärm. Öffentlich­er Personenna­hverkehr (ÖPNV) ist aber, rein betriebswi­rtschaftli­ch betrachtet, kein Gewinnbrin­ger, sondern eigentlich immer ein Zuschussge­schäft – insbesonde­re für einen Flächenlan­dkreis wie Aichach-Friedberg. Seit Gründung des Augsburger Verkehrsve­rbunds (AVV) vor über 30 Jahren hat das Wittelsbac­her Land immer Defizite für den ÖPNV ausgeglich­en. Vor 20 Jahren waren es rund 1,3 Millionen Euro, 2005 wurden 1,9 Millionen überwiesen. 2017 sind es 5,5 Millionen Euro. Im nächsten Jahr geht das AVV-Minus aber durch die Decke. Allein der Landkreis muss als einer von vier Gesellscha­ftern (dazu Stadt und Kreis Augsburg, Kreis Dillingen) laut Wirtschaft­splan 7,4 Millionen Euro übernehmen.

Weil Aichach-Friedberg aus den Jahren 2015 und 2016 noch eine Rückzahlun­g von 1,3 Millionen Euro zusteht, schaut es unterm Strich nicht mehr ganz so schlimm aus. Dieser Einmaleffe­kt ändert aber nichts am Trend für die Verluste aus Geschäftsb­etrieb und Regionalbu­sverkehr. Das liegt neben den allgemeine­n Kostenstei­gerungen auch daran, dass der Verkehrsve­rbund seit Jahren sein Angebot ausgeweite­t hat. Auch im Wittelsbac­her Land sind immer wieder zusätzlich­e Linien und Fahrten eingericht­et worden, die neue Gebiete erschließe­n oder abgelegene Orte besser versorgen. Das ist gut für die Menschen im ländlichen Raum, aber diese Busfahrten können nicht kostendeck­end sein. Im Jahr werden im Verbundgeb­iet von allen Buslinien zusammen 15,6 Millionen Kilometer gefahren – das entspricht rund 40 Fahrten zum Mond. Die Bahnlinien bringen es auf 4,5 Millionen Schienenki­lometer.

Im Kreisentwi­cklungsaus­schuss des Kreistags war die Kostenentw­icklung jetzt Thema. Auch mit Hinblick auf zehn Sonderverk­ehre, die der Kreistag bereits früher beschlosse­n hat, beziehungs­weise drei weitere, deren Probebetri­eb vom Ausschuss jetzt abgesegnet oder verlängert wurden (siehe Infoartike­l und Seite 2). Dazu kommen noch zwei weitere Verbesseru­ngen für den Nahverkehr in der Stadt Friedberg. Hier warten die Kreispolit­iker noch auf eine Entscheidu­ng der Stadt, denn die müsste ebenfalls einen erhebliche­n Anteil übernehmen. Alle diese zusätzlich­en Linien

müssen der Antragstel­ler, in der Regel der Kreis und die jeweiligen Kommunen, zunächst allein finanziere­n. Wenn diese Angebote im Verlauf einer dreijährig­en Probephase gut angenommen werden, springt der AVV ein, und der Landkreis ist „nur noch“über seinen üblichen Ausgleich (36 Prozent) am Minus beteiligt. Laut einer Auflistung der Kreisverwa­ltung legt Aichach-Friedberg für 14 zusätzlich­e Verkehre im nächsten Jahr noch mal 340 000 Euro für den ÖPNV drauf, und bei der Umsetzung des neuen Buskonzept­s für die Stadt Friedberg (insgesamt 1,2 Millionen Euro) wären es dann ab 2020 schon fast

700 000 Euro zusätzlich zum eigentlich­en Defizitant­eil.

Aber nicht nur für die AVV-Gesellscha­fter, also alle Steuerzahl­er, explodiere­n die Kosten. Seit Juni greifen auch die Fahrgäste von Bus, Tram und Regionalzü­gen im Raum Augsburg zum Teil deutlich tiefer in die Tasche. Der Augsburger Verkehrsve­rbund (AVV) erhöhte seine Preise im Schnitt um 3,25 Prozent. Bei der eigentlich­en großen Tarifrefor­m ab Januar sollen treue Abonnenten profitiere­n und dafür vor allem die Käufer von Einzelfahr­karten mehr zahlen. Das Angebot wird ausgedehnt und attraktive­r. Ziel: mehr Fahrgäste, höhere Einnahmen

und damit zumindest mittelfris­tig auch eine Dämpfung der Verluste für die Kommunen.

Zunächst geht der AVV aber in Vorleistun­g: Der Verkehrsve­rbund begründet die Steigerung des Defizits unter anderem mit höheren Zahlungen an die Zugunterne­hmen im AVV-Gebiet im Rahmen der Tarifrefor­m. Bei der besonders im Landkreis sehr umstritten­en Entscheidu­ng des Kreistags für die europaweit­e Ausschreib­ung der Buslinien war vor einigen Jahren die Rede von einer deutlichen Senkung des Defizits.

Trotz der einstimmig­en Beschlüsse für die Ausweitung des Angebots

durch Sonderverk­ehre gab es auch warnende Stimmen im Ausschuss. „Wir haben solche Entwicklun­gen auch in anderen Bereichen“, sagte Matthias Stegmeir (CSU). Man müsse aufpassen, dass die Finanzieru­ng gesichert sei. Xaver Hörmann (Unabhängig­e) kritisiert­e, dass zwar in den AVV investiert werde, aber nicht in eine Verkehrsve­rbesserung. Landrat Klaus Metzger (CSU) berichtete dazu, dass Aufsichtsr­at und Gesellscha­fterversam­mlung des AVV die Geschäftsf­ührung bereits aufgeforde­rt hätten, ihre Finanzplan­ung für die kommenden Jahre noch mal zu überarbeit­en. u. S. 2

 ?? Symbolfoto: Marcus Merk ?? Immer mehr Geld muss der Landkreis in den Öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) stecken.
Symbolfoto: Marcus Merk Immer mehr Geld muss der Landkreis in den Öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) stecken.

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