Kosten für den AVV steigen
ÖPNV ist deutlich ökologischer, aber er wird für das Wittelsbacher Land auch immer teurer. Im nächsten Jahr steigt Kreisanteil am Defizit des AVV auf 7,5 Millionen Euro – sechsmal so viel wie vor 20 Jahren. Woran das liegt
Der Öffentliche Personennahverkehr wird für das Wittelsbacher Land immer teurer. 2018 gehen die Kosten für den AVV durch die Decke.
Aichach Friedberg Bus- und Bahnverkehr ist deutlich ökologischer als der motorisierte Individualverkehr. Er verbraucht viel weniger Energie und Fläche und verringert die Belastungen der Menschen, vor allem in Städten mit Feinstaub, Abgasen und Lärm. Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) ist aber, rein betriebswirtschaftlich betrachtet, kein Gewinnbringer, sondern eigentlich immer ein Zuschussgeschäft – insbesondere für einen Flächenlandkreis wie Aichach-Friedberg. Seit Gründung des Augsburger Verkehrsverbunds (AVV) vor über 30 Jahren hat das Wittelsbacher Land immer Defizite für den ÖPNV ausgeglichen. Vor 20 Jahren waren es rund 1,3 Millionen Euro, 2005 wurden 1,9 Millionen überwiesen. 2017 sind es 5,5 Millionen Euro. Im nächsten Jahr geht das AVV-Minus aber durch die Decke. Allein der Landkreis muss als einer von vier Gesellschaftern (dazu Stadt und Kreis Augsburg, Kreis Dillingen) laut Wirtschaftsplan 7,4 Millionen Euro übernehmen.
Weil Aichach-Friedberg aus den Jahren 2015 und 2016 noch eine Rückzahlung von 1,3 Millionen Euro zusteht, schaut es unterm Strich nicht mehr ganz so schlimm aus. Dieser Einmaleffekt ändert aber nichts am Trend für die Verluste aus Geschäftsbetrieb und Regionalbusverkehr. Das liegt neben den allgemeinen Kostensteigerungen auch daran, dass der Verkehrsverbund seit Jahren sein Angebot ausgeweitet hat. Auch im Wittelsbacher Land sind immer wieder zusätzliche Linien und Fahrten eingerichtet worden, die neue Gebiete erschließen oder abgelegene Orte besser versorgen. Das ist gut für die Menschen im ländlichen Raum, aber diese Busfahrten können nicht kostendeckend sein. Im Jahr werden im Verbundgebiet von allen Buslinien zusammen 15,6 Millionen Kilometer gefahren – das entspricht rund 40 Fahrten zum Mond. Die Bahnlinien bringen es auf 4,5 Millionen Schienenkilometer.
Im Kreisentwicklungsausschuss des Kreistags war die Kostenentwicklung jetzt Thema. Auch mit Hinblick auf zehn Sonderverkehre, die der Kreistag bereits früher beschlossen hat, beziehungsweise drei weitere, deren Probebetrieb vom Ausschuss jetzt abgesegnet oder verlängert wurden (siehe Infoartikel und Seite 2). Dazu kommen noch zwei weitere Verbesserungen für den Nahverkehr in der Stadt Friedberg. Hier warten die Kreispolitiker noch auf eine Entscheidung der Stadt, denn die müsste ebenfalls einen erheblichen Anteil übernehmen. Alle diese zusätzlichen Linien
müssen der Antragsteller, in der Regel der Kreis und die jeweiligen Kommunen, zunächst allein finanzieren. Wenn diese Angebote im Verlauf einer dreijährigen Probephase gut angenommen werden, springt der AVV ein, und der Landkreis ist „nur noch“über seinen üblichen Ausgleich (36 Prozent) am Minus beteiligt. Laut einer Auflistung der Kreisverwaltung legt Aichach-Friedberg für 14 zusätzliche Verkehre im nächsten Jahr noch mal 340 000 Euro für den ÖPNV drauf, und bei der Umsetzung des neuen Buskonzepts für die Stadt Friedberg (insgesamt 1,2 Millionen Euro) wären es dann ab 2020 schon fast
700 000 Euro zusätzlich zum eigentlichen Defizitanteil.
Aber nicht nur für die AVV-Gesellschafter, also alle Steuerzahler, explodieren die Kosten. Seit Juni greifen auch die Fahrgäste von Bus, Tram und Regionalzügen im Raum Augsburg zum Teil deutlich tiefer in die Tasche. Der Augsburger Verkehrsverbund (AVV) erhöhte seine Preise im Schnitt um 3,25 Prozent. Bei der eigentlichen großen Tarifreform ab Januar sollen treue Abonnenten profitieren und dafür vor allem die Käufer von Einzelfahrkarten mehr zahlen. Das Angebot wird ausgedehnt und attraktiver. Ziel: mehr Fahrgäste, höhere Einnahmen
und damit zumindest mittelfristig auch eine Dämpfung der Verluste für die Kommunen.
Zunächst geht der AVV aber in Vorleistung: Der Verkehrsverbund begründet die Steigerung des Defizits unter anderem mit höheren Zahlungen an die Zugunternehmen im AVV-Gebiet im Rahmen der Tarifreform. Bei der besonders im Landkreis sehr umstrittenen Entscheidung des Kreistags für die europaweite Ausschreibung der Buslinien war vor einigen Jahren die Rede von einer deutlichen Senkung des Defizits.
Trotz der einstimmigen Beschlüsse für die Ausweitung des Angebots
durch Sonderverkehre gab es auch warnende Stimmen im Ausschuss. „Wir haben solche Entwicklungen auch in anderen Bereichen“, sagte Matthias Stegmeir (CSU). Man müsse aufpassen, dass die Finanzierung gesichert sei. Xaver Hörmann (Unabhängige) kritisierte, dass zwar in den AVV investiert werde, aber nicht in eine Verkehrsverbesserung. Landrat Klaus Metzger (CSU) berichtete dazu, dass Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung des AVV die Geschäftsführung bereits aufgefordert hätten, ihre Finanzplanung für die kommenden Jahre noch mal zu überarbeiten. u. S. 2