Die Rebellion des gemeinen Mannes im Landkreis
Historiker aus der Region erfahren beim Heimattag interessante Aspekte der Konfessionsgeschichte im Wittelsbacher Land. Hochdorf im Süden war eine Hochburg der Täuferbewegung
Aichach Friedberg Im nördlichen Landkreis erinnert die Caspar-Huberinus-Straße in Stotzard/Aindling an den im Dezember 1500 dort geborenen lutherischen Theologen, Erbauungsschriftsteller und Kirchenlieddichter. Im südlichen Landkreis geht die Dr.-BalthasarHubmaier-Straße im Gewerbegebiet Friedberg West auf einen der führenden Täufer der Reformationszeit und Märtyrer der Täuferbewegung zurück, der sich mit Beinamen auch „Der Friedberger“nannte. Prägende Persönlichkeiten der Konfessionsgeschichte gibt es im Wittelsbacher Land noch mehr.
In wieweit der Glaube vor rund 500 Jahren im Landkreis AichachFriedberg im Umbruch war und wie die Reformation in die Neuzeit nachwirkte, wurde beim sechsten Wittelsbacher Heimattag im Gasthof Giggenbach in Baindlkirch deutlich. Beim Jahrestreffen mit gut 70 heimatkundlich Interessierten unter der Regie von Kreisarchivpfleger Wolfgang Brandner von der Kreis- und Heimatbücherei Aichach gab es dazu Fachvorträge namhafter Historiker.
Dr. Barbara Kink vom Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg sprach in ihrem Vortrag über die Täufer im Landkreis als von einer bloßen Episode in Bayern. „Es war nur ein Wimpernschlag der Geschichte, denn sie kamen aus dem Stadium einer Protestbewegung nicht hinaus“, stellte sie fest.
Die wohl wichtigste Ursache für das gehäufte Auftreten der Täufer in der Region war die Nähe zu Augsburg, wie die Landeshistorikerin ausführte. Die freie Reichsstadt besaß selbst eine Täufergemeinde und Augsburg war an viele Handelsrouten angeschlossen, die immer wieder Reisende mit reformatorischem Gedankengut in die Stadt brachten. Im August 1527 gab es dort eine große Zusammenkunft, die Täufersynode, zu der knapp hundert Täuferführer aus Süddeutschland, der Schweiz und Österreich anreisten. Es wurden Missionare und täuferische Sendboten ausgesandt, darunter auch Leonhard Spörle aus Prittriching.
Von der Obrigkeit wurden sie verfolgt, es gab Festnahmen, Folterungen und Hinrichtungen. Viele vom Augsburger Rat ausgewiesene tauchten in den umliegenden Gegenden unter und missionierten weiter. Vor allem das Landgericht Landsberg, das sich im schwäbischen-bayerischen Grenzgebiet befindet, war davon betroffen, so recherchierte die Historikerin Barbara Kink bereits in einer frühen wissenschaftlichen Arbeit. Dafür sah sie sich auch die Gerichtsrechnungen der Jahre 1527/28 an, die in Aichach und Friedberg keinerlei religiöse Unruhen verzeichnen. Als ein Grund dafür wird vermutet, dass die Region als Kernland der Wittelsba- cher mit guten Einnahmequellen der Wallfahrtsorte herrschaftsstabilisierende Faktoren waren.
Insgesamt 26 Täufer aus dem heutigen Landkreis konnte Barbara Kink quellenmäßig dokumentieren. Dabei ist der südliche Rand des Landkreises auffällig in den reformatorischen Aufbruch der Täufer mit eingebunden. Kink macht dafür vor allem auch das Wirken Jörg Sedlmaiers aus Hochdorf und Jörg Prenners aus Schmiechen verantwortlich. Überproportional viele Taufgesinnte kamen aus HofmarksTäufer
dörfern und suchten im Heilsversprechen, der Rache an den Herrschenden, einen Ausweg aus ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage.
Auf der Herkunftsliste dieser Täufer stehen die Orte Unterbergen, Riedhof, Eresried, Brunnen, Schmiechen, Hausen und Steindorf sowie Hochdorf. Dort sind es zusammen mit dem Täuferführer Jörg Sedlmaier gleich acht Personen, die alle mit dem Leben davon kamen. Viele Täufer werden aber auf grausame Weise hingerichtet. „Wohl die wenigsten wissen vom traurigen
Schicksal der Täufer in unserer Region“, mutmaßt Barbara Kink. Ein Zeichen dafür, die Geschichte dieser Rebellion des gemeinen Mannes nicht zu vergessen, setzte Kreisheimatpfleger Toni Drexler 1999 in seinem Wohnort Hörbach mit einem Täuferbrunnen. Er erinnert an die Opfer von 1527/28, darunter vier Hörbacher. „Wenn sie uns Heutige an Toleranz gegenüber Andersgläubigen, Andersdenkenden und Fremden gemahnen, dann wird ihr Tod nicht vergebens sein“, steht darauf.