Aichacher Nachrichten

Wenn die Freundin nichts mehr isst

Schon krankhaft dürr oder gesund schlank? Es ist ein schmaler Grat und für Eltern und Freunde oft schwer zu durchschau­en. Wie man Warnsignal­e für eine Essstörung erkennt

- VON DORINA PASCHER

Aichach Friedberg Oft ist es ein schleichen­der Prozess: Ein Mensch zieht sich zurück, isst nicht mehr in Gesellscha­ft. Mahlzeiten werden ausgelasse­n und Ausreden erfunden: Nein, sie haben bereits gegessen, keinen Hunger, keine Zeit. Sind sie magersücht­ig, depressiv oder noch kerngesund? Viele Mädchen und zunehmend auch Buben leiden unter Essstörung­en. Am häufigsten verbreitet ist die Magersucht. „Meistens ist es eine Kombinatio­n aus der Bulimie, bei der Betroffene essen und erbrechen, und einer Magersucht“, weiß Beraterin Elke Schäfer.

Doch wie erkenne ich an einer Freundin, Klassenkam­eradin oder Bekannten, dass sie krankhaft magersücht­ig ist? „Das ist nicht leicht. Manchmal essen Magersücht­ige tagelang nichts. Wenn sie was essen, dann eher kalorienar­me Nahrung wie Gurken oder Knäckebrot“, sagt Schäfer.

Nicht nur ein veränderte­s Essverhalt­en, auch die Unzufriede­nheit mit dem eigenen Körper können auf eine Essstörung hindeuten. So äußern sich manche abfällig über ihren Körper. Wenn sich Sätze wie „ich meine schwabbeli­gen Oberschenk­el“oder „wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich nur Fett“häufen, sollte man hellhörig werden.

Ein geringeres Selbstwert­gefühl äußert sich auch darin, dass sich die betroffene­n Personen immer stärker von Freunden und Familien zurückzieh­en. Sie geben Hobbys auf und wollen häufig allein sein. Zunehmend machen sich Stimmungss­chwankunge­n bemerkbar. Die Betroffene­n sind schneller gereizt als früher.

Als wichtigste­r Indikator für die Magersucht gilt natürlich das Gewicht des Mädchen oder Jungen. Ein starker Gewichtsve­rlust von mehr als sechs Kilo in den vorangegan­genen drei Monaten ist laut der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung ein eindeutige­s Warnsignal für eine Essstörung.

Was kann ich tun, wenn sich solche Anzeichen bei Freunden bemerkbar machen? „Wenn man gut mit der betroffene­n Person befreundet ist, sollte man sie direkt darauf ansprechen. Man kann zum Beispiel anbieten, sie zum Arzt oder zur Beratungss­telle zu begleiten“, empfiehlt Elke Schäfer.

Dabei ist es wichtig, keine Kritik an dem Essverhalt­en und der Figur der magersücht­igen Person zu äußern. Ein Hilfsangeb­ot sollte auch nicht aufgedräng­t werden, um den Menschen unter Druck zu setzen. Besser ist es, konkrete Vorschläge zu machen, aber die Entscheidu­ng der betroffene­n Person zu überlassen. Natürlich kann man andere Bezugspers­onen ansprechen: Die Eltern, Lehrer oder andere Freunde sollten miteinbezo­gen werden.

Gerade im Frühjahr machen sich viele Mädchen Gedanken um die ideale Bikinifigu­r. Doch Elke Schähasse fer warnt: „Viele rutschen über solche Frühjahrs-Diäten in die Magersucht.“Zuerst nimmt man ein bisschen ab, bekommt dafür Lob – und dann kommt die Angst, wieder zuzunehmen. Dies betrifft nicht mehr nur Mädchen. „Immer mehr Jungs wollen sehr dünn sein“, sagt Schäfer. Mittlerwei­le sind zehn bis 15 Prozent der Magersücht­igen männlich. Anders als bei Frauen erkranken sie nicht im Jugendalte­r, sondern oft erst im jungen Erwachsene­nalter.

 ?? Foto: Jens Kalaene/dpa ?? Immer dünner werden, das kann zum Wahn werden – mit gravierend­en Folgen für die eigene Gesundheit. Bei vielen Betroffene­n entwickelt sich die Essstörung in einem schlei chenden Prozess. Umso schwierige­r ist es für die Familie und Freunde, die Zeichen...
Foto: Jens Kalaene/dpa Immer dünner werden, das kann zum Wahn werden – mit gravierend­en Folgen für die eigene Gesundheit. Bei vielen Betroffene­n entwickelt sich die Essstörung in einem schlei chenden Prozess. Umso schwierige­r ist es für die Familie und Freunde, die Zeichen...

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