Die Wurzeln wachsen lassen und das Erreichte genießen
Nach dem Festakt diskutieren Blumenthal-Bewohner und Gäste über das erste Jahrzehnt
Aichach Blumenthal Wie ticken die Blumenthaler? Was sagen sie selbst zum Zehnjährigen über ihr Projekt, wie soll es weitergehen? Darüber diskutierten die Insider und nur noch einige, wenige Gäste nach dem Festakt (siehe eigenen Bericht).
„Solawi“(Solidarische Landwirtschaft) hat sich die Gemeinschaft auf den Weg gemacht zum Bio-Gemüse-Selbstversorger. Dies nahm der Chor zum Anlass, im Comedian-Harmonists-Stil darüber zu singen: „Mein kleines, zartes Pflänzchen steht draußen auf dem Feld, Solawi, Solawi, Solawi“, grüßte der „Grüne Kaktus“. Blumenthaler Programm ist auch der Kanon über dieses Zitat: „Wenn einer träumt, so ist das nur ein Traum. Wenn viele träumen, ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit.“Frische Töne sind seit der ZehnJahre-Blumenthal-Feier dort zu hören, denn die Schlosskirche hat eine weitere Glocke bekommen. Nach deren Einweihung ging es in die offene Diskussion.
Martin Horack ist Geschäftsführer der Gemeinschaft Blumenthal. Er sagte, man habe in den letzten Jahren viel gearbeitet. „Wir sind mit dem Hotel richtig groß geworden.“Viele Familien fänden hier Arbeit. Horack: „Wir sollten wieder mehr nach innen arbeiten.“Achim ist seit dem Start dabei. Er plädierte dafür, die emotionale Arbeit zu intensivieren, damit sich die jetzt 42 Bewohner vertreten fühlen. Ulrike Martin war nach dem GEM-Treffen (TrefMit fen der Gemeinschaft der Gemeinschaften) mit nach Blumenthal gekommen. Die Liedermacherin, Mitglied der Tempelhof-Gemeinschaft (Schwäbisch-Hall), hatte ein Lied auf Blumenthal getextet und damit die Zuhörer begeistert. Nun riet sie den Blumenthalern: „Nur nicht noch mehr Projekte. Gebt dem, was schon da ist, mehr Zeit zum Wurzelwachstum.“Ulla Kaspar ist Gründungsmitglied. Sie mahnte zu mehr Gelassenheit. Ein Mitglied der Münchner Gemeinschaft „Betoninsel“plädierte für ein Netzwerk innerhalb der Gemeinschaften: „Wir haben ein eigenes Gewächshaus und stellen nun fest: Wir rackern viel zu lang, um allein die Versicherung dafür aufzubringen.“
Nachbar Stephan Kreppold sagte: „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie die Mauern vor sich hingetotelt haben. Es ist erstaunlich, was hier geleistet wurde. Blumenthal hat sich ein Image erworben. Es ist ein Anstoß zur Erneuerung, was für die Region auch dringend notwendig ist. Geschäftsführer Martin Horack: „Ich schau mir jeden Montag die Umsatzzahlen an und muss sagen: Es beruhigt mich, auch, weil es Zeiten gab, in denen es nicht so war.“Horacks Vorschlag: Wir sollten reichen Kunden etwas mehr Geld abverlangen, um es jenen Kunden zugutekommen zu lassen, die uns auch guttun.“
Ein anderer Bewohner Blumenthals sagte: „Ich bin jetzt dreieinhalb Jahre hier und stelle fest: Es steckt noch viel zu viel Gründergeneration in uns, der ständige Drang, was aufbauen zu müssen. Es ist an der Zeit, zu genießen, was erreicht wurde und Lebensqualität aufkommen zu lassen.“Ein anderer Neubürger: „Ich bin seit eineinhalb Jahren hier. Nie hätte ich mir vorstellen können, mit so vielen Menschen so eng verbunden zu sein. Es ist ein unglaublich schöner Ort. Das sollten wir nie vergessen, wenn es wieder anfängt, uns unter Druck zu setzen.“