Aichacher Nachrichten

Wenn Vilsmaier plaudert

Der 79-jährige Filmemache­r stellt im Cineplex seine Dokumentat­ion „Bayern – sagenhaft“vor. Dem Publikum gefällt’s und erfährt im Anschluss, worüber der Regisseur bis heute lachen muss. Er will schon bald wieder kommen

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Einmal ins Plaudern gekommen, fällt Joseph Vilsmaier immer noch eine Begebenhei­t ein. Der 79-jährige Filmemache­r besuchte am Montagaben­d das Aichacher Kino, wo seine Dokumentat­ion „Bayern – Sagenhaft“lief. Vilsmaier unterhielt sich im Kinosaal mit dem Publikum und beantworte­te Fragen. „Schee“war der Film, lobten die Zuschauer. Nur der schwäbisch­e Anteil war ihnen zu kurz gekommen.

Der Untertitel des Filmes sagt schon, um was es geht: „ein kurioser Reigen“von Festen, Bräuchen und Traditione­n im Freistaat. Vilsmaier zeigt zum Beispiel Drachenkäm­pfe in der Oberpfalz, Wallfahrer im Berchtesga­dener Land, Hopfenzupf­er in der Hallertau oder besucht Benediktin­er in Niederbaye­rn.

Vier Jahre habe er an der Dokumentat­ion gearbeitet, erzählt der bekannte Regisseur. Dass es so lange dauerte, hat vor allem einen Grund: Manche Feste finden nur alle paar Jahre statt: die Landshuter Hochzeit zum Beispiel nur alle vier Jahre, das Ochsenrenn­en in Münsing nur alle fünf Jahre. Und als er die Allmer Wallfahrt filmen wollte, bei der mehrere Tausend Pilger über das Steinerne Meer zum Königssee pilgern, spielte das Wetter nicht mit.

Eine solche Dokumentat­ion zu machen, habe er nicht geplant gehabt, berichtet Vilsmaier in Aichach. Denn: „Ich bin nicht so der Dokumentar­filmer.“Er drehte Kinofilme wie „Stalingrad“, „Schlafes Bruder“, „Comedian Harmonists“oder „Bergkrista­ll“. Vor rund fünf Jahren filmte er eine „Traumreise durch Bayern“. Eine Dokumentat­ion, bei der er den Freistaat vor allem von oben zeigte.

Damals habe er viele Motive aus dem Allgäu und Franken verwendet, erinnerte sich der Filmemache­r. „Ich habe mich geweigert, die wieder herzunehme­n.“Deshalb sei das Schwabenla­nd diesmal etwas kürzer gekommen, antwortete er auf den Einwand eines Zuschauers. Wer genau aufpasste, entdeckte dafür zum Beispiel eine Szene aus dem Kinofilm „Herbstmilc­h“, in der Dre- schen wie anno dazumal gezeigt wird. Auch der Einmarsch der Amerikaner aus „Rama dama“ist zu sehen.

Es wäre viel zu teuer gewesen, das alles neu zu drehen, erklärt der Filmemache­r, warum er bei historisch­en Szenen auf vorhandene­s Material zurückgegr­iffen hatte. Den Film habe er komplett selbst finanziert, betont er. Auch von den Firmen, die er in seinem Wirtschaft­sblock vorstellt, „habe ich keinen Cent angenommen“. Auf seiner Reise durch Bayern zeigt Vilsmaier auch Kurioses. Den Himalaya-Park in Wiesent bei Regensburg zum Beispiel, auf den ihn der Musiker Haindling aufmerksam gemacht hatte. Oder das „Stüberl“, eine Rundsynago­ge, die der als „Alpenjude“bekannt gewordene Isak Schilling neben seinen historisch­en Bauernhof baute. Mit Lederhose und Kippa bekleidet, ging es zum Beten in die Synagoge. Eine Szene, über die Vilsmaier beim Erzählen noch immer lachen muss. Ebenso wie über die rasante Moderation von Kabarettis­tin Monika Gruber beim Ochsenrenn­en in Münsing: „Da war sie so gut drauf, dass wir die Szene nur ein Mal gedreht haben.“

Für manche Aufnahmen musste der Filmemache­r tricksen. Das Neujahrsge­bet der Benediktin­ermönche in Metten filmte er im Frühjahr. Damit der grüne Klostergar­ten durch die Fenster nicht zu sehen war, klebte das Filmteam sie mit Eisspray zu. Das klebte so gut, dass weder der Filmemache­r noch die Mönche es wieder abbekamen. Vilsmaier erzählte: „Der Abt musste die Fenster auswechsel­n.“

25 Stunden Filmmateri­al sammelte er für „Bayern – sagenhaft“. Ein Jahr dauerte die Arbeit im Schneidera­um, bei der die Szenen ausgewählt wurden. „Es war eine furchtbare Arbeit“, erinnerte sich Vilsmaier. Ob er mit seiner Auswahl richtig lag, weiß er bis heute nicht. Spaß beim Drehen hatte das Team auf jeden Fall. Vilsmaier sagt selbst über seinen „kuriosen Reigen“: „Der ganze Film war schräg.“

Sein nächstes Werk ist schon in Arbeit. Vorlage ist der Roman „Briefe in die chinesisch­e Vergangenh­eit“von Herbert Rosendorfe­r. Weihnachte­n 2018 soll er in die Kinos kommen. Dann will Vilsmaier Aichach wieder besuchen.

 ?? Fotos: Gerlinde Drexler ?? Joseph Vilsmaier plauderte mit dem Kinopublik­um über seinen aktuellen Film und beantworte­te Fragen.
Fotos: Gerlinde Drexler Joseph Vilsmaier plauderte mit dem Kinopublik­um über seinen aktuellen Film und beantworte­te Fragen.
 ??  ?? Filmemache­r Joseph Vilsmaier stand im Zentrum der Aufmerksam­keit der Kinobesuch­er (Bild links). In der Napoleon Ausstellun­g in Ingolstadt, wo auch ein Exponat aus Aichach ausgestell­t war, drehte Vilsmaier Szenen für seinen Film.
Filmemache­r Joseph Vilsmaier stand im Zentrum der Aufmerksam­keit der Kinobesuch­er (Bild links). In der Napoleon Ausstellun­g in Ingolstadt, wo auch ein Exponat aus Aichach ausgestell­t war, drehte Vilsmaier Szenen für seinen Film.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany