Im Capitol auf die Welt gekommen
Von einer Geburt, Modenschauen und großem Andrang im ehemaligen Kino am Moritzplatz
Einen besonderen Geburtsort kann die Mutter von Gabriele Lentl-Hohmann für sich beanspruchen: Sie kam am 21. November 1921 im Capitol zur Welt, genauer gesagt im Zimmer über dem Buchstaben „I“. Ingeborg Lentl, geborene Dachs, feiert in zwei Wochen ihren 96. Geburtstag und verbindet viele Erinnerungen mit dem Gebäude am Moritzplatz.
Ihr Vater Karl Dachs war damals nämlich als Lichtspieldirektor im Capitol tätig. „Als wir noch Kinder waren und nach Augsburg zum Einkaufen gefahren sind, ist meine Mutter mit uns immer vor dem Capitol stehen geblieben, hat mit dem Finger nach oben gedeutet und uns erzählt, dass sie in diesem Zimmer auf die Welt gekommen ist. Mit ihrer Familie hat sie einige Jahre in diesem Haus gewohnt, das Kino erlebt und eine glückliche Zeit verbracht“, schreibt ihre Tochter Gabriele Lentl-Hohmann, die in Neusäß lebt.
Für ihre Mutter und auch für ihre Kinder sei das ganze Leben das Capitol etwas Besonderes gewesen, ein Haus mit Erinnerungen. Der Artikel unserer Zeitung über die Entfernung des alten Schriftzuges habe Ingeborg Lentl wehmütig gestimmt. „Alles ist vergänglich“, hat sie gesagt.
An Modenschauen im Capitol erinnern sich die AZ-Leser Carmen Roth und Siegfried Welty. „Die Firma Boecker und Hettlage veranstaltete in den Jahren 1950 bis 1953 vor jeder Abendvorstellung eine kleine Modenschau“, berichtet Carmen Roth. Sie war damals Lehrling in dem Bekleidungshaus und wurde so immer mal wieder dazu auserwählt, den Models beim Wechseln der Kleidung behilflich zu sein. Diese hatte damals für die junge Augsburgerin einen positiven Nebeneffekt: „Natürlich durften wir anschließend den Film kostenlos genießen. Das war für uns Lehrlinge das Besondere.“
An die Modenschauen des Damenmodehauses Fischer erinnert sich dagegen Siegfried Welty aus Diedorf. Sie kamen jeweils vor Filmbeginn und nach „Fox’ tönender Wochenschau“. Als Mannequins traten damals die „Lehrmädchen und Jungverkäuferinnen aus Hause Fischer auf, Pumps waren selbst zu stellen, das Honorar war Ehrensache“, erzählt er. Die jungen männlichen Kinobesucher versuchten dabei, ihre Chance zu nutzen. Wenn noch Karten in den vorderen Reihen erhältlich waren, hätten die jungen Männer während der Modenschau verstohlen gewunAufgabe ken und auf den leeren Platz neben sich gedeutet. „Eine Blondine lächelte besonders verständnissinnig, allerdings tastete sich später eine Schwarzhaarige zu dem Klappsitz. Immerhin konnte man anderntags bei Freunden mit einem Kinobesuch mit einer ,Mannegwin‘ angeben“, erinnert sich Siegfried Welty. Er gibt noch weitere Anekdoten preis.
So hätten sich für den Film „Der Dieb von Bagdad“mit dem „indischen Wunderschlingel Sabu“besonders lange Warteschlangen gedem bildet. „Von der Kasse bis weit in die Straße hinaus“, beschreibt er die Szene. Der ehemalige Pferseer hatte als „Halbstarker“das Capitol auch noch falsch ausgesprochen. „Wir sprachen Capitol – wie Circus – anfangs als Zapitol aus.“
Warteschlangen bis auf die Straße hinaus
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