Aichacher Nachrichten

Beim Bier gibt es viel zu erschmecke­n

Bernhard Sapper von der Schlossbra­uerei Unterbaar ist Biersommel­ier. Was er in der Ausbildung gelernt hat, was ein richtig gutes Bier ausmacht und warum die Weltmeiste­rschaft der Biersommel­iers etwas für absolute Freaks ist

- (AN)

Herr Sapper, was war denn ihr Lieblingsf­ach in der Ausbildung zum Biersommel­ier?

Sapper: Das Thema Sensorisch­e Verkostung war schon mein Favorit. Die verschiede­nen Bierstile zu erkennen, vor allem die bei uns nicht so geläufigen Biere, war für mich sehr spannend. Es geht dabei um das Aussehen, den Schaum, den Geruch und natürlich auch den Geschmack und das Mundgefühl im An- sowie im Nachtrunk.

Sie haben sich ja auch schon vor Ihrer Ausbildung zum Sommelier mit Bier beschäftig­t. Was haben Sie dann noch an neuen Inhalten dazugelern­t? Sapper: Früher war meine Vorstellun­g von Bier doch sehr traditions­gebunden. Ich habe dazugelern­t und bin offener und ‚moderner’ geworden. Biere, die beim ersten Probieren eher ‚fremd’ schmecken, lehne ich nicht mehr kategorisc­h ab, sondern betrachte sie mit einer anderen Wertschätz­ung. Auch das Thema Rohstoffe wurde sehr ausgiebig behandelt. Und einen umfassende­n Überblick gegeben über die außergewöh­nliche Vielfalt unterschie­dlichster Hopfen-, Malz- und Hefearten. Wir alle hatten die Möglichkei­t einen eigenen Biersud einzubraue­n und wir lernten vermeintli­ch profane Dinge, wie die richtige Glaspflege, beziehungs­weise das richtige Glas zum richtigen Bier oder auch Themen wie Hygiene und Sauberkeit im Bereich einer Schankanla­ge.

Weshalb haben Sie sich entschiede­n, die Ausbildung zu machen?

Sapper: Bier ist meine große Leidenscha­ft, schon seit 20 Jahren. Als ich mich entschiede­n habe, die Ausbildung zu machen, habe ich ja schon lange in der Bier-Branche gearbeitet. Mir ist besonders wichtig, dass Bier ein hochwertig­es Produkt ist. Ich möchte anderen das Gespür für diese Qualität näher bringen und ein anderes Verständni­s von und für Bier vermitteln. Dafür konnte die Ausbildung für mich eine optimale Basis schaffen.

In welchen Berufen arbeiten andere Biersommel­iers?

Sapper: Das ist sehr unterschie­dlich. Die meisten sind bei einer Brauerei beschäftig­t und interessie­ren sich eben für dieses Thema. Das sind sowohl Inhaber als auch Angestellt­e einer Brauerei. Es gibt aber auch eine große Anzahl Privatpers­onen, die sich dafür interessie­ren. Diese Hobbybraue­r haben meist auf einer kleinen Mikroanlag­e begonnen, Bier zu brauen. Und es gibt auch einen beachtlich­en Teil, die diese Ausbildung nutzen möchte, um auf den momentan Trend rund um das Thema Craft-Bier aufzusprin­gen.

Wie können Sie das, was Sie gelernt haben, heute in Ihrem Beruf einsetzen? Sapper: Ich führe häufig Gastronome­n, Marktleite­r oder andere Kunden der Schlossbra­uerei Unterbaar durch unser Unternehme­n. Dabei wird natürlich auch verkostet. Ich rege die Gruppen dann an, ihre Sinne für den Geschmack zu schärfen, alles genau wahrzunehm­en. Der Geschmack ist am Ende das entscheide­nde Argument, weshalb sich ein Kunde entscheide­t, unser Bier zu verkaufen. Wir machen auch ganze Verkostung­sabende bei Gastwirten, bei denen dann die passenden Gerichte zum richtigen Bier serviert werden.

Der Weinsommel­ier ist natürlich jedem bekannt, der Biersommel­ier schon weniger. Wo liegen die Unterschie­de zwischen diesen beiden Berufen?

Sapper: Bei Bier ist die Vielfalt an unterschie­dlichen Geschmäcke­rn viel größer. Es enthält fünf bis sieben mal mehr geschmacks­aktive Substanzen als Wein. Da gibt es viel zu erschmecke­n.

Wie kann man auch als normaler BierKonsum­ent den Genuss am Bier erlernen, worauf sollte man achten? Sapper: Mit allen Sinnen, Bier kann man sogar hören . . .

Es gibt ja auch richtige Biersommel­ierWeltmei­sterschaft­en. Was wird da getestet?

Sapper: Das ist wirklich etwas für die absoluten Freaks. Dabei geht es darum, nationale aber auch internatio­nale Bierstile treffsiche­r zu erkennen und die dazugehöri­gen Aromen in möglichst blumiger und ansprechen­der Sprache zu beschreibe­n. Über eine Vorrunde und anschließe­nde Hauptrunde führt dann der Weg in ein Finale.

Können Sie bei einer Blindverko­stung den Herstellun­gsprozess und eventuell sogar die Herkunft eines Bieres erkennen?

Sapper: Blindverko­stung ist wirklich die Königsdisz­iplin. Die uns geläufigen Bierstile können durchaus erkannt werden. Es kommt dabei natürlich auch auf die Anzahl der blind verkostete­n Biere an. Je mehr, desto schwierige­r. Den Herstellun­gsprozess zu definieren ist nicht immer ganz einfach, weil es im technische­n Bereich doch Unterschie­de gibt. Ob aber ein Bier beispielsw­eise thermisch behandelt ist oder nicht, lässt sich tendenziel­l schon erkennen.

Was macht ein wirklich gutes Bier aus? Sapper: Geschmäcke­r sind ja verschie- den. Für mich ist wichtig, dass das Bier einen Charakter hat. Gerade kleine und mittelstän­dische Brauereien bieten eine unglaublic­he Vielfalt. Dort werden Biere noch handwerkli­ch gebraut, die wirklich unterschie­dlich sind und jeden Bierliebha­ber seine Sorte finden lassen. Großkonzer­ne die versuchen Biere möglichst „Mainstream“zu produziere­n sind nicht meine Welt.

Bernhard Sapper, 48, Gebietsver­kaufsleite­r der Schlossbra­uerei Unterbaar, ist Biersommel­ier. Seit 2004 wird in Deutschlan­d und Österreich die weltweit einzige Ausbildung dafür angeboten. In Gräfelfing an der Doemens Akademie und im österreich­ischen Kiesbye’s Bierkultur­haus in der Nähe von Salzburg lernen die Auszubilde­nden alles über den Herstellun­gsprozess, die richtige Bierauswah­l und die passende Präsentati­on von Bieren.

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Foto: Christina Lenzen Biersommel­ier Bernhard Sapper von der Schlossbra­uerei Unterbaar.

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