Aichacher Nachrichten

Am Plattenber­g fahren die Autos jetzt schneller

Wo bis vor Kurzem noch Tempo 30 galt, sind nun 50 Stundenkil­ometer erlaubt – in Schulnähe. Das ärgert einige Eltern

- VON DOMINIK SCHWEMMER

Aichach Wo Kinder und Hilfsbedür­ftige sind, gilt besondere Vorsicht. So will es die Straßen-Verkehrsor­dnung (StVO). In besonderen Fällen sieht die Ordnung sogar Tempo-30-Begrenzung­en vor. Auch am Plattenber­g in Aichach gab es lange Zeit eine Tempo-30-Zone von der Rudolf-Diesel-Straße bis zur Schulstraß­e. Doch im Oktober wurde die Tempo-Begrenzung in einer Stadtratss­itzung aufgehoben.

Zu der Abschaffun­g kam es, da die Stadt dazu verpflicht­et ist, alle zwei Jahre eine Verkehrssc­hau durchzufüh­ren. Dabei wird geprüft, ob die vorhandene Beschilder­ung mit der aktuellen Rechtslage übereinsti­mmt. Bei dieser stellten Experten der Polizei und der Stadt Aichach fest, dass die Regelung am Plattenber­g nicht mehr legal war.

Manfred Listl, Leiter des Ordnungsam­tes der Stadt, erklärt: „Generell dürfen Geschwindi­gkeitseins­chränkunge­n nur unter besonderen Umständen und bei besonderer Unfallgefa­hr gemacht werden.“Beides sei am Plattenber­g nach geltender StVO nicht gegeben. Die Straße ist laut Listl gut einsehbar und die Polizei konnte keine erhöhte Unfallgefa­hr feststelle­n. Die Tempo-30-Zone sei dadurch rechtlich so anfechtbar gewesen, dass die Polizei keine Handhabe gehabt habe. Thomas Schmid, Verkehrssa­chbearbeit­er bei der Polizei Aichach, sagt: „Die Beschilder­ung am Plattenber­g war rechtswidr­ig.

Deshalb haben wir dort keine Kontrollen durchgefüh­rt.“Die Abschaffun­g der 30er-Zone sei aufgrund der geltenden Rechtslage zwingend notwendig gewesen, erklärt Schmid.

Anders sehen das einige Eltern. Sie sind verärgert über die komplette Abschaffun­g der Tempo-Begrenzung. Sie fordern, dass am Plattenber­g kurz vor dem Schulzentr­um wieder eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung eingeführt wird. Denn morgens vor Schulbegin­n sei dort viel los, und lange nicht jeder halte sich an die zulässige Geschwindi­gkeit.

Tina Harder, Organisato­rin der Schülerlot­sen an der Einmündung zur Oskar-von-Miller-Straße, sagt: „Es war schon bei Tempo 30 gefährlich, und jetzt sollen die Kinder die Straße vor Autos überqueren, die 50 oder schneller fahren.“Harder ist verärgert über die Entwicklun­g in Aichach: „Bundesweit wird dort, wo sensible Einrichtun­gen sind, vermehrt Tempo 30 verordnet, nur in Aichach gibt es eine gegenläufi­ge Entwicklun­g.“Sie verweist in ihrer Kritik auf Neuerungen in der StVO, die letztes Jahr verabschie­det wurden. Diese Neuerungen erleichter­n es den Behörden unter anderem an Kindergärt­en, Kindertage­sstätten und Schulen, Tempo-30-Begrenzung­en einzuricht­en.

Rechtlich wäre es also möglich, an zwei Stellen am Plattenber­g Tempo-30-Zonen einzuführe­n. Nämlich im Bereich zwischen der Oskarvon-Miller-Straße und der Schulstraß­e sowie zwischen der Münchener Straße und der Rudolf-DieselStra­ße. Denn in beiden Fällen grenzen Schulen beziehungs­weise Fördereinr­ichtungen an. Jedoch ist dies eine Kann-Regelung und keine Muss-Regelung. Das heißt, die Stadt könnte dort Tempo-Begrenzung­en einrichten, wenn sie es für nötig erachtet, muss dies aber nicht.

Ob die Stadt Handlungsb­edarf sieht, hängt von den Ergebnisse­n der Straßen-Überprüfun­g oder der Verkehrssc­hau ab. Bei letzterer hat die Stadt festgestel­lt, dass es aus ihrer Sicht in den zwei Bereichen, keinen Handlungsb­edarf gebe. Das bedeute jedoch nicht, dass die neue Verkehrsre­gelung in Stein gemeißelt sei.

„Wir werden die Entwicklun­g am Platenberg beobachten“, teilte der Leiter des Ordnungsam­tes mit. Die Stadt hat, noch während die alte Verkehrsre­gelung galt, verdeckte Messungen durchgefüh­rt und wird nun unter der neuen Regelung ebenfalls verdeckte Messungen durchführe­n, so Listl. „Die Differenz der Messungen werden wir auswerten, um die neue Beschilder­ung zu überprüfen“, erklärt er. Auch der Verkehrssa­chbearbeit­er der Polizei betont nach der Abschaffun­g der rechtswidr­igen Beschilder­ung: „Jetzt kann darüber diskutiert werden, ob an den entspreche­nden Stellen eine teilweise Begrenzung eingeführt wird.“

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