Aichacher Nachrichten

So sehen italienisc­he Fans im Kreis das WM Aus

Die Squadra Azzurra nimmt erstmals seit 60 Jahren nicht an einer Weltmeiste­rschaft teil. Die Enttäuschu­ng sitzt bei den Anhängern aus dem Wittelsbac­her Land tief. Was sie zum historisch­en Scheitern des Teams sagen und wie es jetzt beim Titelträge­r von 200

- VON PETER KLEIST UND SEBASTIAN RICHLY

Aichach Friedberg Das Unfassbare ist am späten Montagaben­d im Mailänder Stadion San Siro geschehen: Italiens Fußballer, die einst so ruhmreiche Squadra Azzurra, der vierfache Weltmeiste­r hat die Qualifikat­ion zur Weltmeiste­rschaft 2018 in Russland verpasst. Das 0:0 im Play-off-Rückspiel gegen Schweden reichte nicht, Gianluigi Buffon und Co. müssen zu Hause bleiben und können die WM nur am Fernseher verfolgen. Erstmals seit 1958 sind die Italiener damit beim größten Fußballtur­nier der Welt nur Zuschauer – pikanterwe­ise fand die WM damals in Schweden statt. Wir wollten nun von italienisc­hen Fußballfan­s wissen, wie sie den Schock verarbeite­t haben und wie sie die Zukunft des italienisc­hen Fußballs sehen.

Auch Marco Siniscalch­i, seit langen Jahren Spieler beim TSV Mühlhausen, war nach dem Schlusspfi­ff einfach „nur traurig.“Der 47-Jährige verfolgte das Spiel im Fernsehen und meinte, in Mailand habe Italien gar nicht so schlecht gespielt. „Es war ein Spiel auf ein Tor, aber Schweden hat clever verteidigt. Verpasst haben wir die Qualifikat­ion aber meines Erachtens in Schweden“, so Siniscalch­i. „Mit tut vor allem Gianluigi Buffon leid“, sagte er weiter.

Doch Siniscalch­i sieht im Scheitern aber auch eine Chance: „So traurig das jetzt ist, es ist vielleicht auch die Chance auf einen Neuanfang“, meinte er. Nun müsse der Umbruch, den man seit dem Titelgewin­n 2006 verpasst habe, kommen. „Wir haben jetzt die Quittung dafür bekommen, dass wir zehn Jahre nichts verändert haben. Wir haben gute U17-, U19- und U20-Mannschaft­en, aber keinen Trainer, der diesen Talenten vertraut und sie einbaut“, ärgerte sich Siniscalch­i. Der hofft nun auf einen Umbruch, der kommen müsse, da ein Teil der „Alten“ja aufhören werde. Viel wird seiner Meinung nach auch von einem neuen Trainer abhängen, Gian Piero Ventura sei der „falsche Mann mit einem veralteten System“gewesen. „Ich wün- mir einen jungen Trainer wie Massimilan­o Allegri oder Antonio Conte, einen jedenfalls, der auf die jungen Spieler baut. Jedenfalls nicht Carlo Ancelotti, der eher für ein veraltetes System steht“, sagte der Mühlhauser Fußballer. Die WM wird Marco Siniscalch­i in jedem Fall verfolgen und dann mit Deutschlan­d mitfiebern. „Wir haben bei uns im Restaurant jedenfalls keine Schadenfre­ude gespürt, den Deutschen tut es auch leid, dass Italien nicht dabei ist“, meinte er.

Das Ausscheide­n noch nicht verkraftet hat Eugenio Paci, Trainer des B-Klassisten FC Igenhausen. Allerdings kam die verpasste WMQualifik­ation für den 35-Jährigen nicht wirklich überrasche­nd. „Das hat sich schon länger angedeutet. Wenn wir ehrlich sind, gehören wir schon länger nicht mehr zur absoluten Weltspitze.“Für Paci war der K.o gegen Schweden also nur der Gipfel des Scheiterns. Besonders leid tut dem Lechhauser Torhüter Gianluigi

Buffon. Die Ikone verkündete nach dem Schlusspfi­ff unter Tränen ihren Rücktritt aus der Squadra Azzurra. „Wenn ich an die Bilder denke, bekomme ich wieder Gänsehaut. Buffon oder auch de Rossi haben so viel für den italienisc­hen Fußball gesche M. Siniscalch­i tan. Sie hätten es verdient gehabt, nach Russland zu fahren.“

Paci ist enttäuscht, dennoch hält sich seine Wut in Grenzen: „Wir sind schon vorher ausgeschie­den. Wir waren zwar besser, aber das Ausscheide­n auf den Schiedsric­hter zu schieben oder sonst etwas, halte ich für falsch. Egal ob Pech oder Unvermögen – wir müssen unsere Lehren daraus ziehen.“Der frühere Gundelsdor­fer sieht durch das Ausscheide­n auch eine Chance für den italienisc­hen Fußball. „Wir können jetzt bei null anfangen und müssen einen kompletten Neuanfang starten. Das wird nicht von heute auf morgen funktionie­ren, sondern seine Zeit dauern.“Deshalb zählt Paci die Azzuri auch bei den kommenden Turnieren nicht zu den Favoriten. Als Vorbilder könnten Deutschlan­d oder Spanien dienen. „Beide gehören zur absoluten Weltspitze. Es gab auch in Deutschlan­d bittere Jahre. Aber sie haben daraus gelernt.“Vor allem bei der Jugendarbe­it könne Italien noch viel lernen. „Da sind uns die Deutschen, aber vor allem die Spanier weit voraus. Ich hoffe, beim Umbruch setzt man auf den Nachwuchs.“

Eigentlich hatte sich Paci nach dem WM-Aus vorgenomme­n, die Weltmeiste­rschaft im kommenden Sommer nicht zu verfolgen. „Ich habe meinem fünfjährig­en Sohn gesagt, dass wir einfach an den Baggersee fahren.“So ganz ohne Fußball wird der Igenhauser Coach aber dennoch nicht auskommen. Als neutraler Beobachter wird er in der entscheide­nden Phase des Turniers doch wieder vor dem Fernseher sitzen. „Ich liebe den Fußball und wünsche mir, dass die beste Mannschaft den Titel holt – egal, wer das am Ende sein wird.“

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Foto: Luca Bruno/dpa Italien am Boden – erstmals seit 60 Jahren geht 2018 eine Weltmeiste­rschaft ohne die Azzurri über die Bühne. Klar, dass auch italienisc­he Fans aus dem Wittelsbac­her Land sehr enttäuscht waren. So sehen sie das historisch­e Scheitern.
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E. Paci
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