Fachmärkte kontra Altstadthändler
Handys, Schuhe, Sportbekleidung – das neue Einkaufszentrum neben dem großen Möbelhaus in Friedberg hat für Kunden viel zu bieten. Doch nicht jeder ist begeistert: Denn es hat Auswirkungen auf die Läden oben in der Altstadt
Friedberg Mit Einkaufstüten in der Hand eilen die Kunden von einem Laden zum nächsten. Autos schieben sich über den großen Parkplatz am Friedberger Fachmarktzentrum. Dort unterm Berg thronen die Riesenfilialen von Segmüller, Saturn, Sport Förg und Schuh Schmid. Am Donnerstag eröffnet die Bäckerei Ihle eine Filiale mit über
180 Sitzplätzen und 2000 Quadratmetern Dachterrasse. Damit wird das letzte Gebäude im neuen Einkaufsareal an der B300 eingeweiht. Doch bei Geschäftsleuten in der Friedberger Altstadt hält sich die Begeisterung in Grenzen.
„Ich bin sehr gespalten, ob es langfristig Auswir- kung für uns haben wird“, sagt Willi Weißgerber vom Altstadtcafé. Man werde noch stärker auf Qualität und guten Service setzten, um die Kunden auch weiterhin zu behalten. Trotz einiger Zweifel blickt er optimistisch in die Zukunft. Wie auch Bäcker Richard Scharold. „Ich hoffe einfach, dass wir die Auswirkungen nicht zu sehr zu spüren bekommen“, sagt er. Denn er ziehe ein anderes Publikum an. Die, die unten sind, würden nicht raufkommen und andersherum auch nicht. Ähnlich sieht es Lotte Schwab von der gleichnamigen Bäckerei. „Ich denke, dass unsere Kunden weiterhin zu uns kommen werden, weil sie in der Innenstadt wohnen und Qualität schätzen.“Aber es sei ein schleichender Prozess und könne sich lang- schon in der Altstadt bemerkbar machen. Denn Kunden könnten dort unten theoretisch alles erledigen und erleben. „Man muss einfach abwarten, wie es sich entwickelt.“
Rein optisch hat sich unterm Berg bereits einiges getan. Waren vor zwei Jahren noch die Einsatzzentrale des Roten Kreuzes, einige Parkplätze und der Büromöbelmarkt der Firma Segmüller angesiedelt, ragen heute große, moderne Einkaufstempel in die Höhe. Einer davon gehört Sport Förg, der von Göggingen hierher umgezogen ist. Damit hat Michael Rieger, Geschäftsleiter der Sportarena, direkte Konkurrenz bekommen: „Ob und wie sich das auf unser Geschäft auswirkt, lässt sich erst nach einem halben Jahr wirklich sagen.“Und: „Wir müssen uns noch mehr auf unsere Stärken konzentrieren. Dann wird es schon werden.“Es helfe nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Roland Gastl vom Elektronikgeschäft Löw kann bereits eine erste Bilanz ziehen. 2016 eröffnete Saturn seine Filiale unterm Berg. „Wir haben es am Anfang deutlich gemerkt“, sagt er. Mittlerweile habe sich das Geschäft aber dank gutem Service und Kundendienst wieder normalisiert.
Dennoch ist das Thema Fachmarktzentrum heikel und die Stimmung bei so manchem Geschäftstreibenden angespannt. Die Angst vor einem Ausbluten der Innenstadt ist spürbar. Klar Position beziehen will kaum einer, so mancher will sich gar nicht dazu äußern. Innenstadtkoordinator Manuel Weindl ist sich des Problems bewusst. „Das Fachmarktzentrum macht einigen Geschäftsleuten das Leben schwer“, erklärt er. Aber Weindl ist zwiegespalten, denn er sieht darin auch eine Chance. So ließen sich über das Einkaufsareal Neukunden für die Geschäfte in der Innenstadt gewinfristig nen. „Wir müssen das Potenzial, das das Zentrum mit sich bringt, nutzen“, betont er. Dafür gab es bereits eine Aktion, bei der Gutscheine von Läden aus der Altstadt bei Segmüller verteilt wurden. „Die Resonanz war sehr positiv“, sagt Weindl. „Es war ein erster Versuch, um überregionale Kunden von unten in die Stadt zu holen.“
Seit Mitte November gibt es den Cityscheck, ein Gutscheinsystem, bei dem sich 40 Friedberger Einzelhändler beteiligen. Das hat laut Weindl allerdings weniger mit dem Fachmarktzentrum, als mehr mit der Kaufkraft insgesamt zu tun. Denn die soll in Friedberg gehalten werden. „Wir wollen das Geschäft nicht der Konkurrenz andernorts oder aus dem Internet überlassen“, sagt Weindl. Denn der Online-Handel wächst laut einer Studie des Handelsverbands Deutschland stetig und macht Geschäftstreibenden – egal ob aus den Bereichen Elektronik, Sport, Mode oder Möbel – gleichermaßen zu schaffen.
Gutscheine und der Cityscheck sollen Kunden nach oben locken