Augsburger Studenten sind stark im Debattieren
Warum man beim Rededuell auch mal eine Sache vertritt, die man selber nicht gut findet
Was Schüler heute, selbst die Jüngsten schon, in beinahe ausufernden Weise zu absolvieren haben, das Referat, die freie Rede, wurde in den 90er-Jahren an deutschen Universitäten nicht einmal den Studenten abverlangt. Zur gleichen Zeit bestand in Großbritannien längst eine jahrzehntelange Tradition des Debattierens. Bereits seit dem frühen 20. Jahrhundert stellten Highschools und Colleges sogenannte Debate-Teams auf, die gegeneinander antraten. Doch auch in Augsburg hat Debattieren Tradition. Es gibt einen eigenen Klub, der wachsenden Zulauf hat.
In Augsburg kam die Sache 1994 ins Rollen. Student Hannes Hiller hatte gerade in England studiert und dort das Debating kennengelernt. Zurück an der Uni Augsburg gründete er mit Christian Kemptner und anderen AuDeSo – die Augsburger Debating Society. Dort traf man sich regelmäßig, um Gesprächsduelle abzuhalten. Meistens lief das so: Ein Debating-Leiter überlegte sich ein Thema, dann wurden zwei Gruppen gebildet. Die eine sollte positiv argumentieren, die andere dagegenhalten.
„Im Idealfall wurden die Gruppen so eingeteilt, dass die, von denen man wusste, sie sind pro, ins Contra-Team mussten“, erinnert sich Kemptner. Zu Beginn hatte AuDeSo elf Mitglieder, schnell aber gewann die Gruppe auf dem Campus an Popularität. Im Jahr 1997 überzeugte sie auch Professoren, gegeneinander anzutreten – zu Themen wie „Vier Jahre reisen ist sinnvoller, als vier Jahre studieren“oder „Studentische Passivität – Eine Tugend unserer Zeit“. Diese öffentlich geführten Auseinandersetzungen zwischen den Lehrenden waren damals bald so beliebt, dass immer größere Hörsäle gesucht werden mussten. Auch unsere Zeitung berichtete damals von den Duellen.
Noch heute sind die Gründungsmitglieder von AuDeSo miteinander befreundet. Sie treffen sich jedes Jahr zum Austausch und ab und zu wird auch debattiert. Und das, obwohl die meisten inzwischen in ganz Deutschland verteilt leben. Beruflich seien sie allesamt sehr erfolgreich, betont Kemptner, der als Pressesprecher der PCI-Gruppe tätig ist. Das führt er durchaus auf den Debattierklub von damals zurück. „Schon bei der Bewerbung war das ein Punkt, der herausgehoben hat, dass man hier mit Eigeninitiative etwas auf die Beine gestellt hat.“
Außerdem lerne man durch das regelmäßige Debattieren natürlich auch, sich zu präsentieren. Was einen guten Rhetoriker ausmacht? „Bei der Haltung geht es schon los. Fester Stand, Blickkontakt, das Auditorium wahrnehmen. Außerdem muss man eine Argumentationskette aufbauen. Beispiele verwenden und eine bildhafte Sprache. Genauso auch mal die Stimmlage wechseln, das ist sehr wichtig“, rät Kemptner.
Heute gibt es AuDeSo an der Uni Augsburg nicht mehr, debattiert wird aber weiterhin. Der neue Klub nennt sich schlicht Debattierclub Augsburg und existiert seit drei Jahren. Im Schnitt kommen zu den Treffen 16 Studenten aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen, was einen regen Austausch ermöglicht. Seit seiner Gründung hat sich der Klub stetig vergrößert. „Und wir hoffen, dass unser Beitrag zu einer gelebten Debattenkultur an der Uni Augsburg auch in Zukunft weiter wächst. Schließlich sollte es im Sinne aller sein, wenn sich in Diskussionen das stärkste Argument und nicht das am lautesten vorgetragene durchsetzt“, sagt Johannes Heyn, Präsident des Debattierclubs Augsburg.
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Info Interessierte können bei den wö chentlichen Treffen des Debattierclub Augsburg jeden Dienstag um 19 Uhr in Gebäude D, Raum 2005, an der Uni versität Augsburg vorbeischauen. Weitere Infos unter www.debatte augsburg.de.