Was hinter dem Bitcoin Rausch steckt
Eine digitale Währung verzeichnet einen Rekord nach dem nächsten. Eignet sie sich auch als Geldanlage?
Augsburg Die Rechnung, die das Handelsblatt diese Woche aufmachte, zeugt von einem Rausch. Wer vor sieben Jahren hundert Euro in Bitcoins investiert hat, wäre heute Millionär. Er bekäme dafür 16 Millionen Dollar. Inzwischen könnten es noch mehr sein, da der Bitcoin täglich neue Rekorde knackt. Was steckt hinter der Währung? Ist sie mehr als ein interessantes Phänomen? Wer Geld investiert, sollte sich jedenfalls über die Gefahren im Klaren sein. Denn im schlimmsten Fall ist (fast) alles weg.
Was ist ein Bitcoin?
Der Bitcoin ist eine digitale Währung. Es gibt sie bereits seit dem Jahr 2009. Die Währung ist aber nicht darauf ausgelegt, dass Scheine gedruckt und Münzen geprägt werden. „Der Bitcoin ist keine physische Währung“, erklärt Sascha Straub, Fachmann für Finanzdienstleistungen der Verbraucherzentrale Bayern. Die Währung wird auf Computern durch Rechenprozesse generiert und kommt ohne Banken aus. Das ist es auch, was vielen Teilnehmern gefällt: „Es ist ein interessanter Ansatz, eine virtuelle Währung zu schaffen, auf die kein Staat und keine Notenbank einen Einfluss hat“, meint Lothar Behrens, Chef der Augsburger Aktienbank.
Wer erfand den Bitcoin?
Das ist mysteriös. Als Erfinder wird immer der Name Satoshi Nakamoto genannt. Er hat das System 2008 beschrieben, 2009 wurden die ersten Bitcoins berechnet. Doch der Name ist wohl ein Pseudonym. Vergangenes Jahr behauptete der australische Unternehmer Craig Steven Wright, Bitcoin gegründet zu haben. Wer oder welche Gruppe sich aber wirklich dahinter verbirgt, ist bis heute umstritten. Der „Legendenstatus“des Erfinders trägt sicher einen Teil zur Bitcoin-Faszination bei.
Wo bezahlt man heute mit Bitcoins?
Mit Bitcoins lassen sich tatsächlich Waren und Dienstleistungen kaufen. In Deutschland akzeptieren Bitcoins aber erst wenige Geschäfte. Wo, das erkennt man am orangenen Bitcoin-Symbol. Häufig sind es kleine Händler oder Restaurants. Ein Beispiel: das Restaurant „Wilde 13“in Augsburg-Oberhausen. In den USA könne man schon häufiger mit Bitcoins zahlen, berichtet Straub. Beliebt sei der Bitcoin auch im zwielichtigen Darknet, da er Anonymität gewährleiste. Andererseits gilt der Bitcoin auch als seriös: In Japan sei er neben dem Yen als offizielles Zahlungsmittel anerkannt, sagt Aktienbank-Chef Behrens.
Wie kann man Bitcoins erwerben?
Die Abwicklung ist nicht ganz einfach, gilt aber auch nicht als Hexenwerk. Üblich ist es, Bitcoins über Online-Marktplätze oder Börsen zu kaufen. Beispiele sind die deutsche Plattform „bitcoin.de“oder „Kraken“aus San Francisco. Um Bitcoins aufzubewahren, legen sich die Nutzer eine digitale Geldbörse zu. Diese kann man beispielsweise auf dem Rechner oder Smartphone platzieren.
Wie sicher ist die Währung?
Die Währung gilt als recht sicher. Das garantiert eine komplexe Verschlüsselung, sagt Finanzexperte Straub. Bei jeder Zahlung werde durch Rechenoperationen überprüft, ob das, was an Transaktionen stattfindet, auch stimmt. Damit kann nur der Eigentümer eines Bitcoins diesen ausgeben. Und das auch nur einmal. Im System werden dabei alle je getätigten Transaktionen abgespeichert. Diese „Blockchain“-Technologie benötige viel Rechnerleistung, sagt Straub. Sie wird deshalb dezentral in einem weltweiten Netzwerk von vielen Teilnehmern bewältigt. Nachteil der ganzen Rechnerei: Sie frisst Unmengen an Strom.
Weshalb verzeichnet die Währung einen Rekord nach dem anderen?
Wissen muss man dabei, dass die Zahl aller Bitcoins auf maximal 21 Millionen beschränkt ist. Laut Handelsblatt gibt es bereits über 16 Millionen, der Rest wird noch durch Rechenoperationen erzeugt. „Immer, wenn eine starke Nachfrage auf ein begrenztes Angebot trifft, steigt der Preis“, sagt Aktienbank-Chef Behrens. Derzeit erlebe man eine „Preisexplosion“. Seit Jahresbeginn hat der Bitcoin rund 900 Prozent an Wert gewonnen.
Hält die Entwicklung an?
Das bezweifeln Fachleute. Die Preisentwicklung deutet darauf hin, dass die Leute den Bitcoin als Spekulationsobjekt sehen, sagt Verbraucherschützer Straub. „Die Leute spekulieren darauf, dass der Bitcoin weiter im Wert steigt. Das funktioniert im Moment, es kann aber auch sein, dass er abstürzt.“Die Finanzaufsicht Bafin warnt schon, dass Anlegern im Zweifelsfall ein Totalverlust droht. AktienbankChef Behrens weist darauf hin, dass der Kurs massiv schwankt – täglich um bis zu zehn Prozent. Er hält den Vergleich mit der niederländischen Tulpenmanie im 17. Jahrhundert für gerechtfertigt.
Was passierte im Tulpenrausch des 17. Jahrhunderts?
Die Liebe des Bürgertums in den Niederlanden zu Tulpen führte damals zu solchen Preissteigerungen, dass ein Run auf die Zwiebeln einsetzte. Ihr Wert explodierte. Im Februar 1637 brach er dann schlagartig ein. Der Fall gilt in Lehrbüchern als Beispiel für Spekulationsblasen.
Lohnt sich der Bitcoin als Geldanlage?
Fachleute raten davon klar ab: „Der Kauf erinnert an eine Wette“, sagt Aktienbank-Chef Behrens. Eine Wette könne manchmal aufgehen, schließlich spielen die Menschen auch Lotto. Man kann aber auch sehr viel Geld verlieren. „Ganz sicher sind Bitcoins kein Instrument für die Altersvorsorge“, betont Behrens. Ähnlich sieht es Verbraucherschützer Straub: Wer Bitcoins erwerben will, solle das nur mit Geld tun, „auf das er zu 100 Prozent verzichten kann“, sagt er. „Bitcoins sind kein Geldanlagethema, sondern eine Spekulation.“
Wird der Bitcoin Bestand haben?
Der Bitcoin ist derzeit nur die bekannteste von vielen verschiedenen Kryptowährungen, sagt Straub. Der Fachmann geht davon aus, dass digitale Währungen als Zahlungssystem künftig eine Rolle spielen werden. „Man weiß nur nicht, welche am Ende übrig bleiben“, sagt er. Alle derzeit bekannten Digitalwährungen werden es nicht sein.