Herrmann ist plötzlich Weltspitze
Die ehemalige Langläuferin überrascht in Abwesenheit von Laura Dahlmeier mit einem Doppelsieg. Nun haben die deutschen Skijäger für Olympia eine weitere Goldhoffnung
Östersund Denise Herrmann hatte sich mit ihrem überraschenden Doppelsieg gerade in die BiathlonWeltspitze katapultiert, doch den Vergleich mit Überfliegerin Laura Dahlmeier scheute die ehemalige Langläuferin noch. „Da fehlt mir noch sehr, sehr viel. Sie ist die perfekte Biathletin unserer Zeit“, sagte Herrmann nach ihrem zweiten Triumph in nur drei Tagen beim Weltcup in Östersund. Gut zwei Monate vor dem Start der Olympischen Spiele in Pyeongchang haben die deutschen Skijägerinnen nun sogar zwei Siegläuferinnen.
Am Freitag hatte die 28-Jährige in Schweden im Sprint nur 19 Monate nach dem Wechsel der Disziplin den ersten Weltcupsieg gefeiert – Nummer zwei legte sie am Sonntag in der Verfolgung in beeindruckender Manier nach. Völlig abgeklärt kompensierte sie zwei Schießfehler und siegte mit fast einer halben Minute Vorsprung vor der Französin Justine Braisaz. Herrmann ist nun Zweite im Gesamtweltcup mit vier Zählern hinter Braisaz. Zudem startet sie in der nächsten Woche in Hochfilzen in Sprint und Verfolgung im Roten Trikot. Eine War- nung schickte sie gleich an die Konkurrenz: „Ich will das hohe Niveau halten.“
Erik Lesser sicherte dem DSVTeam mit Rang drei im Sprint das Top-Ergebnis der Männer, in der Verfolgung wurde der Thüringer beim ersten Saison-Sieg des Franzosen Martin Fourcade als bester Deutscher Zehnter. Am vergangenen Wochenende hatte es zum Auftakt für die Mixed-Staffeln in Östersund schon zwei Podestplätze gegeben. Außerdem sicherten sich Herrmann, Lesser, Simon Schempp, Vanessa Hinz, Maren Hammerschmidt und Franziska Hildebrand mit Top- Acht-Resultaten schon bei der ersten Weltcup-Station die OlympiaNorm.
2014 hatte Denise Herrmann mit der Langlauf-Staffel noch Bronze bei Olympia in Sotschi gewonnen und entschied sich 2016 für eine neue Herausforderung: „Letztes Jahr habe ich mir gedacht: Wenn ich es jetzt nicht mache, dann nie.“Und so verabschiedete sie sich von den Spezialisten, investierte unzählige Stunden in das Schießtraining, feilte an Waffe und Technik, wurde besser und besser. Das Laufen vernachlässigte sie dabei nie. Das ist jetzt ihr großes Plus. Herrmann ist mit ihren 1,75 Metern enorm athletisch und immer für die Lauf-Bestzeit gut, selbst Schießfehler kann sie dadurch verkraften. Zweifler gab es genügend, schließlich war sie schon 26 Jahre alt, als sie wechselte und sich in der starken Trainingsgruppe in Ruhpolding hinten anstellte. Macht Herrmann so weiter, kann sie zur Alternative für die deutsche Weltmeister-Staffel werden. „Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell sie an die Weltspitze gekommen ist“, sagte Bundestrainer Gerald Hönig. Herrmann bewies, dass sie selbst schwierige Rennen mit vier Schießeinlagen für sich entscheiden kann, doch pro Rennen gibt es in Südkorea nur vier Startplätze.
„Ich bin jetzt sicher schon mal gut dabei, aber der Druck ist sehr hoch“, sagte Herrmann. Jede aus dem DSV-Team sei eine Kandidatin für das Podest. Vor allem natürlich die siebenmalige Weltmeisterin Dahlmeier, die in Östersund wegen einer Erkältung fehlte. Erst in der kommenden Woche in Hochfilzen wird die 24-Jährige in die Saison einsteigen – und plötzlich auf eine harte Konkurrentin im eigenen Team treffen.