Die Heilsgeschichte landet auf dem Boden der Realität
Schauspielerin Monika Baumgartner trägt in Pöttmes vor gut 250 Zuschauern die „Heilige Nacht“von Ludwig Thoma in Mundart vor. Dazu musizieren die Wellküren und Stofferl. Der Abend ist der Schlusspunkt der Veranstaltungsreihe zum 25. Jubiläum der Well-Vere
Pöttmes Endlich durften sich die kulturbeflissenen Vereinigten WellVerehrerinnen (VWV) über ein volles Haus freuen: 250 Besucher wollten sich die „Heilige Nacht“von Ludwig Thoma nicht entgehen lassen, zumal die aus Film und Fernsehen bekannte Schauspielerin und Regisseurin Monika Baumgartner die Vortragende war. Flankiert und kongenial musikalisch begleitet von den Wellküren und Stofferl wurde der Abend dank der geballten mundartlich-verbalen und musikalischen Potenz der Protagonisten zum besinnlichen und gleichermaßen unterhaltsamen Ereignis.
Nach den zwei leider eher mäßig besuchten vorangegangenen Jubiläumsveranstaltungen bedankten sich die unverdrossen positiv gestimmten Verehrerinnen Eva Ziegler, Gitti Huber, Gisela Hofgärtner, Heidi Büschl und Kathi Fischer mit einem leckeren Adventskalender bei den Künstlern.
Was war es denn, was die Besucher diesmal in Scharen in den Ochsenwirt-Saal nach Pöttmes zog? Ganz offensichtlich lag es an der Aura, die Ludwig Thomas „Heilige Nacht“auch nach exakt 100 Jahren immer noch umgibt. Die in Mundart und in Versform verfasste Geschichte um die Geburt des Heilands im Stall zu Bethlehem siedelt Thoma flugs in die verschneite oberbayerische Winterlandschaft an. Der Wiedererkennungswert ist garantiert. Die geniale Mundart-Sprecherin und Schauspielerin Monika Baumgartner nahm ihr Publikum von der ersten bis zur letzten Verszeile in ihren Bann. Mit Herz, Verstand und großem Einfühlungsvermögen begleitete sie Josef und Maria auf ihrem mühseligen Weg nach „Bethlehem“. Ließ sie beim Huaba ums Eck, beim grantelnden Knecht vom Gasthof Post, beim Lämmle und bei der Base vergeblich um Obdach bitten. Erweckte lebendige Bilder, wenn die dümmlich-hartherzige Verwandtschaft im deftigen oberbayerischen Dialekt ihr beträchtliches Hab und Gut lautstark zu verteidigen meinte. Hier lief die Baumgartner zu Hochform auf und reichte genüsslich Thomas deutliche Querverweise auf real existierende familiäre Befindlichkeiten an die Anwesenden weiter.
Konnte sie sich hier fast in Rage reden, so tauchte sie gefühlsmäßig umso tiefer in Josefs Sorge um seine hochschwangere Maria ein, ohne jemals in Gefühlsduselei zu verfallen. Das lag zum Großteil mit am Dialekt, der die Heilsgeschichte auf den Boden der Realität zurückholte und die Personen zu echten Zeitgenossen machte. Dabei spielte es keine große Rolle, wenn nicht jedes Mundart-Wort zu verstehen war. Was zählte, war die hinter den Worten deutlich vernehmbare Menschlichkeit, mit der ein so gar nicht polternder Ludwig Thoma seine Protagonisten aufleben ließ. Koan Augenblick habe sie (Ma- ria) gegreint, als es den Buckel nauf und nowärts ging, hieß es. Da könnte sich so manches Weib ein Beispiel nehmen, ergänzte ein augenzwinkender Autor. Wie die Kinder hätten die Hirten mit offenem Mund an der Stalltür gestanden und auf die Krippe geschaut. Ganz benommen sei der hilfsbereite Handwerker vor Gott gestanden, der ihm die Hand gereicht und ihm versichert habe, dass er es einst gut haben werde bei ihm. Das gesamte Geschehen rund um die „Heilige Nacht“besangen und bespielten die Wellküren mit ihrem Bruder Stofferl.
Dieses Miteinander und perfekte Einvernehmen mit Baumgartners Erzählkunst war der feierlich-heimeligen Stimmung zuträglich, die von Haus aus zur Heilsgeschichte gehört. Vater Well hatte vor vielen Jahren das Lukasevangelium vertont. Aus diesem Fundus trugen die Wellküren Passagen vor, besangen einzelne Etappen, die Josef und Maria zurücklegten. Stofferl agierte an der Harfe, dem Akkordeon und der Maultrommel. Die Harfe ließ den Stern von Bethlehem am Himmel besonders hell erstrahlen und verdeutlichte die Ergriffenheit der Hirten beim Anblick des Jesuskindes in der Krippe. Eingangs hatten Eva Ziegler und Bürgermeister Franz Schindele den Künstlern für ihr Kommen und Engagement gedankt.
Das letzte Wort blieb Ludwig Thoma vorbehalten: Beim Gang in die Metten sollte sich jeder überlegen, ob es denn eine Bewandtnis habe, dass bloß die Armen das Christkind gesehn hätten, zitierte Monika Baumgartner.