Aichacher Nachrichten

Mädchen im Konfettire­gen

Mit einem Auftritt bei einem Poetry-Slam wurde Julia Engelmann zum Internet-Star

- VON BIRGIT MÜLLER BARDORFF

An Julia Engelmann scheiden sich die Geister. Die einen sehen sie als etwas unbedarfte Blondine, die Plattitüde­n als Lebensweis­heiten verkauft, für andere ist sie die Stimme ihrer Generation, die das Lebensgefü­hl der Mittzwanzi­ger in Worte fasst. Und sie selbst? Sie freut sich einfach, dass das, was sie am liebsten macht, nämlich Texte schreiben und sie vor Publikum vorzutrage­n, nun zu ihrem Beruf geworden ist.

„Schreiben ist für mich die naheliegen­dste Form, mein Denken festzuhalt­en“, sagt die 25-jährige Bremerin bei einem Treffen in München. Leger in Jogginghos­e und T-Shirt gibt sie Interview an Interview – routiniert und doch immer darauf bedacht, auch etwas von dem Enthusiasm­us und der „Dankbarkei­t fürs Leben“, die sie auf der Bühne rüberbring­en möchte, spüren zu lassen. „Ich bin happyend-affin“, sagt sie und konkretisi­ert: „Ich will mich nicht damit zufrieden geben, traurig und mutlos zu sein.“

Dass sie mit ihren Texten einen Nerv trifft, ist spätestens klar, seit sie im Mai 2013 beim Bielefelde­r Hörsaal-Slam ans Mikro trat und in Anlehnung an Asaf Avidans PopSong „One Day“einen eigenen Text schrieb, in dem sie die Lethargie und Gleichgült­igkeit ihrer Altersgeno­ssen aufs Korn nahm. „Mein Leben ist ein Wartezimme­r, niemand ruft mich auf“, heißt es darin. Der Beifall im Hörsaal war freundlich, die Reaktionen im Netz fast ein Jahr später, als ein Video ihres Auftritts auf Youtube lief, gingen durch die Decke: Über elf Millionen Mal ist der Mitschnitt bisher geklickt worden und hat die mädchenhaf­te junge Frau über Nacht bekannt gemacht. „Da habe ich gespürt, dass ich nicht die Einzige bin, die so fühlt“, kommentier­t sie ihren Erfolg, „und Poetry-Slam ist genau das Format, in dem ich mich ausdrücken will.“ Denn schon beim Schreiben spreche sie die Worte laut vor sich hin und bringe sie so in einen Rhythmus, berichtet Engelmann.

Bis zu jenem Auftritt in Bielefeld arbeitete Engelmann immer wieder als Schauspiel­erin (z. B. in der RTLSoap „Alles was zählt“) und studierte Psychologi­e. Beides hat sie nun aufgegeben. „Ich wollte nicht bei der einen Sache an die andere denken.“Nach vielen Auftritten bei Poetry-Slams, nach drei Büchern und mittlerwei­le auch einem Album, auf dem sie ihre Texte singt, ist Julia Engelmann nun mit einem eigenen Programm auf Tournee.

Am morgigen Donnerstag, 7. Dezember, um 20 Uhr tritt sie mit „Jetzt Baby – Poesie und Musik“im Kongress am Park auf. Auf was man sich dabei gefasst machen muss? „Auf Gedichte, Lieder und jede Menge Konfetti“, verrät Julia Engelmann. „Konfetti sind meine Ersatzster­nschnuppen. Immer wenn ich sie in die Luft werfe, wünsche ich mir etwas.“Einiges davon ist wohl schon in Erfüllung gegangen. ⓘ

Restkarten sind noch an der Abend kasse im Kongress am Park erhältlich.

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Foto: Marta Urbanelis Julia Engelmann hatte bei einem Hörsaal Slam Erfolg und eroberte im Sturm mit ih ren Texten das Internet und die Bühne.

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