Nikolaus mit einem Sack voller Erlebnisse
Seit 32 Jahren verkörpert Engelbert Thumm aus Kühbach den heiligen Mann. Was dem 51-Jährigen heute besonders wichtig ist
Kühbach In Luxemburg müsste man als Kind leben. Zumindest heute, denn an seinem Tag haben die Kinder dort bis zum zwölften Lebensjahr schulfrei. Aber auch hier freuen sich die Jüngsten (die allermeisten zumindest) auf seinen Besuch: Die glänzenden Augen, mit denen Kinder ihn betrachten, beeindrucken Engelbert Thumm jedes Jahr aufs Neue ganz besonders. Der 51-jährige Kühbacher ist seit 32 Jahren als Nikolaus vor allem im Markt Kühbach unterwegs.
Inzwischen ist er nicht mehr der einzige heilige Mann, der vom Nikolausdienst der Feuerwehr Kühbach zusammen mit Engeln und dem Krampus losgeschickt wird. Als Thumm mit 19 Jahren das erste Mal in die Kleider des Nikolaus schlüpfte, war er ziemlich nervös. Rückblickend glaubt er: „Ich war nervöser als die Kinder.“Seinen ersten Auftritt hatte der Kühbacher bei den Kindern des damaligen Feuerwehrkommandanten. Seitdem macht er zusammen mit dem Krampus jedes Jahr Hausbesuche, geht über den Adventsmarkt der Gemeinde oder zur TSV-Jugend. Auf insgesamt 54 Einsätze kann er inzwischen zurückblicken.
Lachen muss Thumm, wenn er an einen der ersten Auftritte als Nikolaus denkt. In seinem goldenen Buch lag der Zettel, auf dem die Eltern notiert hatten, was der Sohn alles angestellt hatte. Der widersprach dem Nikolaus jedoch beharrlich. „Ich war immer brav“, behauptete er unerschütterlich. Schließlich habe sogar der Krampus (Rudi Widmann) ins Buch gedeutet und zu dem Jungen gesagt, dass es da doch geschrieben stehe, erinnert sich der 51-Jährige. Ein anderes Mal war der Gummi am Wallebart des Nikolaus gerissen. Er habe im Wohnzimmer gestanden und mit einer Hand den Bart festhalten müssen, erzählt Thumm und lacht. Seitdem kontrolliert er den Gummi jedes Mal beim Umziehen.
Auch das Erlebnis mit der Mitra, der Kopfbedeckung des Nikolaus, die während eines Einsatzes kaputtging, ist dem Kühbacher noch gut im Gedächtnis. Eine hilfsbereite Frau, die den Schaden behob, war schnell gefunden. Im Wohnzimmer, wo er zusammen mit dem Krampus wartete, schlief der Ehemann auf der Couch. Thumm erzählt: „Wir setzten uns rechts und links von ihm hin und weckten ihn auf.“Dem Schlafenden jagten die beiden verkleideten Gestalten einen gehörigen Schrecken ein.
Meistens sitzt die ganze Familie zusammen und wartet auf den Nikolaus. Das gefällt dem Kühbacher am besten. Er erinnert sich aber auch an Besuche, bei denen er mit Kind und Mutter in der Küche war und der Vater im Wohnzimmer die Sportschau ansah. Eines seiner schönsten Erlebnisse war der Besuch bei Zwillingen. Die Mutter bat ihn, vorsichtig mit den Kindern umzugehen, weil sie bisher nur Operationen gehabt hatten. „Die beiden haben sich dermaßen gefreut“, erinnert sich Thumm. Sein Eindruck: „Die Kinder haben an dem Abend Kraft gesammelt, das war der Wahnsinn.“
Der 51-Jährige sammelte im Laufe der Jahre einen ganzen Schatz an Erlebnissen. Er könnte davon erzählen, wie der Krampus und er einmal wegen eines Missverständnisses ohne Geschenke vor den Kindern standen. Oder von beinahe unleserlichen Briefen der Eltern, in denen sie sich wünschen, dass die Kinder in der Schule schöner schreiben sollen. Oder von Kindern, die erst groß aufsprechen und dann ganz kleinlaut werden, wenn der Nikolaus vor ihnen steht.
Oder von Geschenken, die 100 Euro und mehr kosten. Dafür fehlt Thumm das Verständnis. Er fragt sich: „Wie will man das an Weihnachten noch steigern?“Kinder würden sich über Kleinigkeiten genauso oder sogar noch mehr freuen, ist seine Erfahrung. Schade findet er es auch, wenn Eltern ihren Kindern schon früh klarmachen, dass es keinen Nikolaus gibt. Der Kühbacher tritt dafür ein, ihnen die Illusion zu lassen. „Spätestens in der Schule verlieren sie die sowieso.“
Und noch etwas anderes ist dem 51-Jährigen wichtig: „Für mich ist der Nikolaus ein Vorbote auf Weihnachten.“Diese Botschaft möchte er bei seinen Besuchen vermitteln. Deswegen nimmt er immer eine Laterne mit und lässt bei jeder Familie eine brennende Kerze da als Symbol für das Licht, das Weihnachten bedeutet.