Wer ist schuld an der Kollision?
50 Menschen werden teils schwer verletzt, als zwei Züge bei Krefeld ineinanderkrachen. Nun muss geklärt werden, wie es dazu kam. Rettungskräfte loben den Lokführer
Meerbusch Zerknitterte gold-glänzende Iso-Decken und Kaffeebecher liegen in der Regionalbahn verstreut. Gestern Morgen wird in Meerbusch-Osterath bei Krefeld das Ausmaß der Kollision zwischen einer Regionalbahn und einem Güterzug deutlich: Tonnenschwere Güterwaggons sind wie Spielzeug von den Gleisen gepurzelt. Der Triebwagen des Regionalzugs ist vom Aufprall zusammengestaucht. 50 Menschen werden verletzt, neun von ihnen schwer.
Mehr als 400 Rettungskräfte eilen an die Unfallstelle. Anwohner verteilen warme Getränke an die Helfer. Die Reisenden berichten von einem „großen Knall“, der auf eine scharfe Notbremsung folgte. „Es hat sich angehört, als ob ein Haus explodiert“, sagt Anwohner Rainer Boguslawski. 173 Menschen – darunter auch die Verletzten – müssen in dem Zug ausharren, bis die Feuerwehr endlich nach fast zwei Stunden die Türen öffnen und sie befreien kann: In der herabgerissenen Oberleitung lauert mit 15000 Volt Hochspannung eine tödliche Gefahr, die erst gebannt werden muss.
Unterdessen geben die Unfallermittler bereits einen ersten Hinweis auf die Ursache des Unglücks: Der Regionalzug hätte halten müssen und den Gleisabschnitt nicht befahren dürfen, sagt ein Sprecher der Bundesstelle für Eisenbahn-Unfalluntersuchungen. Einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland zufolge soll die Fahrdienstleitung dem Lokführer des Personenzugs über Zugfunk mündlich die Erlaubnis zur Weiterfahrt erteilt haben, obwohl sein Streckensignal auf Halt stand.
Der vor dem Personenzug fahrende Güterzug habe dagegen ordnungsgemäß gehalten und auf das Signal zur Einfahrt in den Bahnhof Meerbusch-Osterath gewartet.
Die Fahrtenschreiber beider Züge sind sichergestellt und ausgelesen worden. Auch in den Stellwerken wurden Informationen gesichert, der Bahnfunkverkehr aufgezeichnet. Bis zur endgültigen Klärung wird es dennoch etwas dauern. Die Rettungskräfte loben den Lokführer. Der habe sich, obwohl selbst deutlich mitgenommen, um die Fahrgäste gekümmert und geholfen, das alles ruhig abgelaufen sei. Mit seiner Notbremsung habe er zudem Schlimmeres verhindert. „Wir hoffen, dass ihn keine Schuld trifft“, sagt ein Sprecher des privaten Zugbetreibers National Express Rail. Die Bundesstelle stufte die Kollision als schweren Unfall ein, bei der die Schadenshöhe von zwei Millionen Euro überschritten worden sein dürfte.