SPD ist zu Gesprächen mit der Union bereit
Basis stimmt mit großer Mehrheit zu. Schulz mit 81,9 Prozent im Amt bestätigt
Berlin Die SPD rückt von ihrem kategorischen Nein zu einer Regierungsbeteiligung ab und ist bereit, schon in der kommenden Woche in Gesprächen mit CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer auszuloten, unter welchen Bedingungen eine Zusammenarbeit möglich wäre. Bei einem Parteitag in Berlin stimmte am Donnerstag eine große Mehrheit der Delegierten nach einer langen und kontroversen Debatte einem entsprechenden Leitantrag des Bundesvorstands zu. Gleichzeitig wurde ein Antrag angenommen, dass im Anschluss daran ein Sonderparteitag die Entscheidung über die mögliche Aufnahme von offiziellen Koalitionsverhandlungen treffen soll. SPDChef Martin Schulz wurde mit 81,9 Prozent der Delegiertenstimmen in seinem Amt bestätigt.
In einer kämpferischen Rede sicherte Schulz seiner Partei zu, dass die Gespräche mit der Union ergebnisoffen geführt werden und es keinen Automatismus hin zu einer Neuauflage der Großen Koalition gibt. „Die Modernisierung unseres Gemeinwesens dürfen wir nicht den Staatsverächtern, den Privat-stattStaat-Fetischisten à la Christian Lindner überlassen“, sagte er unter dem Beifall der Delegierten. Er gebe die Garantie, dass keine Option vom Tisch sei, sagte Schulz. Selbstkritisch räumte er Fehler und Versäumnisse ein. Er trage als Kanzlerkandidat die Verantwortung für die „bittere Niederlage“und bitte für seinen Anteil daran um Entschuldigung.
Zudem versprach Schulz, dass unabhängig von einer Regierungsbeteiligung der Erneuerungsprozess der SPD fortgesetzt werde. Die Zustimmung zum Leitantrag des Bundesvorstands hatte sich bereits in der mehrstündigen Debatte abgezeichnet, in der sich 91 Delegierte zu Wort meldeten. Die SPD könne mit Selbstbewusstsein in diese Verhandlungen gehen, da es die Union sei, die auf die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten angewiesen sei, sagte Fraktionschefin Andrea Nahles, die dies mit einem „Bätschie!“gegenüber dem bisherigen Koalitionspartner quittierte. Massive Kritik äußerten dagegen die Jusos sowie Vertreter des linken Flügels der Partei. „Eine Maxime, die lautet, regieren mit uns ist besser als ohne uns, verzwergt die SPD und reduziert uns und unseren politischen Gestaltungsanspruch auf einen großen Korrekturbetrieb“, sagte Juso-Chef Kevin Kühnert.
Neu als stellvertretende Parteivorsitzende wählten die Delegierten am Abend die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer mit 97,5 Prozent und die bayerische Landesvorsitzende Natascha Kohnen mit 80,1 Prozent.
Auf der Politik erfahren Sie mehr über den Parteitag und im Leitartikel beleuchtet Rudi Wais die Rolle von Martin Schulz.