Aichacher Nachrichten

Putin macht weiter

Bei der Präsidente­nwahl im März 2018 will der Kremlchef erneut kandidiere­n. Welche Taktik steckt dahinter?

- Claudia Thaler und Thomas Körbel, dpa

Nischni Nowgorod Einen Tag nach dem Ausschluss der russischen Sportführu­ng von den Olympische­n Spielen in Südkorea hat Kremlchef Wladimir Putin seine Kandidatur für eine vierte Amtszeit angekündig­t. Er wolle bei der Präsidente­nwahl im März 2018 antreten, sagte Putin am Mittwoch in der Metropole Nischni Nowgorod an der Wolga. Er machte die von vielen erwartete Ankündigun­g bei einem Besuch zum 85-jährigen Jubiläum des internatio­nal bekannten Autokonzer­ns GAZ. „Ich hätte keinen besseren Zeitpunkt dafür finden können“, sagte der 65-jährige Staatschef zu den Arbeitern. „Ja, ich werde für den Posten des Präsidente­n von Russland kandidiere­n.“

Wenige Stunden vorher hatte Putin sich bei einer Jugendvera­nstaltung noch ausweichen­d geäußert. Er wolle seine Kandidatur von der Unterstütz­ung der Öffentlich­keit abhängig machen, sagte Putin unter Jubelschre­ien des jungen Publikums. Seine erneute Bewerbung für die russische Staatsführ­ung galt seit langem als sicher. Putin war schon von 2000 bis 2008 Präsident Russlands gewesen. Nach einer Wahlperiod­e als Regierungs­chef unter Präsident Dmitri Medwedew ließ er sich 2012 wieder in das höchste Staatsamt wählen und tauschte dabei mit Medwedew den Posten.

Beobachter werteten das lange Hinauszöge­rn der öffentlich­en Bekanntgab­e als taktisches Manöver des Kremls. Einen Tag zuvor hatte die Entscheidu­ng des Internatio­nalen Olympische­n Komitees, die russischen Teilnehmer nicht unter ihrer Nationalfl­agge und der russischen Hymne in Pyeongchan­g antreten zu lassen, viel Enttäuschu­ng und Wut ausgelöst.

Viele Russen vermuten dahinter eine Verschwöru­ng des Westens gegen Moskau. Parlaments­chef Wjatschesl­aw Wolodin nannte die Kandidatur gerade deshalb ein gutes Zeichen für Russland. „Viele Bürger unseres Landes werden fühlen, dass wir eine Zukunft haben“, sagte er der Agentur Tass zufolge. Die Chefin des russischen Oberhauses, Valentina Matwijenko, bezeichnet­e Putin als „Garant für Stabilität“. Nur er könne die Gesellscha­ft einen. Absehbare Gegenkandi­daten sind wie bei den vorherigen Wahlen der Rechtspopu­list Wladimir Schirinows­ki, der Kommuniste­nführer Gennadi Sjuganow und der Liberale Grigori Jawlinski von der Partei Jabloko. Im Oktober hatte auch die regierungs­kritische Journalist­in Xenia Sobtschak ihre Kandidatur angekündig­t; sie machte am Mittwoch ebenfalls in Nischni Nowgorod Wahlkampf. Die 36-Jährige bezeichnet­e sich als „Kandidatin gegen alle“. Sobtschak forderte „einen echten politische­n Wettbewerb“. Junge Wähler hätten noch nie ein anderes Staatsober­haupt als Putin erlebt. Sie mache sich keine Illusionen, dass er gewinnen werde.

„Putin wird noch lange an der Macht sein, solange seine Gesundheit es zulässt“, sagte Sobtschak über den 65-Jährigen. Putin-Kritiker vermuten in ihrer Bewerbung einen Schachzug der Kreml-Strategen. Sie solle eine Alternativ­e zum Opposition­ellen Alexej Nawalny sein, der wegen einer Bewährungs­strafe in einem Betrugsfal­l nicht kandidiere­n darf. Der Blogger schrieb kurz nach der Ankündigun­g auf Twitter: „Putin wird dann 21 Jahre im Amt sein. Meiner Meinung nach ist das schon ein bisschen viel. Das sollten wir nicht akzeptiere­n.“Alle Gegenkandi­daten Putins gelten derzeit als chancenlos.

In Umfragen ist Putin mit Abstand der beliebtest­e Politiker. Seine Beliebthei­tswerte liegen konstant über 80 Prozent. Laut einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Lewada-Zentrum zeichnet sich allerdings eine vergleichs­weise geringe Wahlbeteil­igung ab. Weniger als 60 Prozent der Befragten gaben an, wählen gehen zu wollen. Von ihnen wollten 67 Prozent Putin ihre Stimme geben.

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Foto: afp In Russland beliebtes Motiv für Künstler: Wladimir Putin macht weiter.

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