Aichacher Nachrichten

Ein VW Mann muss büßen

Wie Oliver Schmidt in die Fänge der amerikanis­chen Justiz geriet

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Detroit/Wolfsburg Mit sieben Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 400 000 Dollar (338 000 Euro) muss der frühere VW-Manager Oliver Schmidt in den USA für seine Rolle im Abgas-Skandal büßen. Wie in einem Teil unserer gestrigen Ausgabe berichtet, verurteilt­e ihn Richter Sean Cox in Detroit wegen Verschwöru­ng zum Betrug und Verstoßes gegen Umweltgese­tze. Dabei schöpfte das Gericht das volle mögliche Strafmaß aus.

Schmidt saß bereits seit Jahresbegi­nn in Untersuchu­ngshaft. Er war zuvor von FBI-Agenten vor dem Rückflug aus einem Winterurla­ub nach Deutschlan­d in Miami festgenomm­en worden und ist nun der zweite langjährig­e Volkswagen­Mitarbeite­r, der in den USA eine harte Strafe erhält.

In seiner damaligen Leitungsfu­nktion für Umweltfrag­en in den Vereinigte­n Staaten zwischen Februar 2012 und März 2015 hat sich Schmidt nach Überzeugun­g des Gerichts der Vergehen schuldig gemacht. Sein Anwalt David DuMouchel hatte auf eine Gefängniss­trafe von drei Jahren und vier Monaten sowie eine Geldstrafe von 100 000 Dollar plädiert. Immerhin soll dem Verurteilt­en aber nun noch die Zeit angerechne­t werden, die er inzwischen in U-Haft verbracht hat.

Schmidt hatte seine Mittätersc­haft rund um „Dieselgate“zunächst abgestritt­en. Im August bekannte sich der 48-jährige Deutsche dann jedoch schuldig und ging einen Deal mit der Staatsanwa­ltschaft ein. Dadurch wurden mehrere Anklagepun­kte gestrichen, das Strafmaß hätte für ihn sonst noch höher ausfallen können. Ein Antrag auf Kaution wurde abgelehnt. Vor Schmidt wurde der VW-Ingenieur James Liang verurteilt. Er hatte als Kronzeuge mit den Ermittlern kooperiert. Auch Liangs Strafe war mit drei Jahren und vier Monaten Gefängnis sowie einer Geldstrafe von 200000 Dollar überrasche­nd hart. Insgesamt sind im Zusammenha­ng mit der Abgas-Affäre in den USA bislang Anzeigen gegen acht amtierende und frühere Mitarbeite­r des VW-Konzerns vom Justizmini­sterium öffentlich gemacht worden.

Der Wolfsburge­r Autobauer hatte im September 2015 nach Vorwürfen der US-Umweltbehö­rden und Recherchen von Wissenscha­ftlern eingeräumt, mit einer speziellen Software in großem Stil Abgastests manipulier­t zu haben. Die rechtliche­n Konsequenz­en auf Konzern- ebene sind durch Vergleiche mit Klägern in Nordamerik­a, für die VW inzwischen mehr als 25 Milliarden Euro an Kosten für Strafen und Entschädig­ungen verbucht hat, großteils abgeschlos­sen. Ein Gesamtverg­leich zu strafrecht­lichen Punkten sorgte Anfang 2017 ebenfalls für Entlastung. Doch US-Behörden versuchen mit Hochdruck, darüber hinaus die individuel­le Schuld einzelner Personen zu prüfen und diese zu Verantwort­ung zu ziehen. Die meisten Beschuldig­ten dürften für die Ermittler jedoch schwer zu fassen sein. Sie werden in Deutschlan­d vermutet, von wo aus ihnen wohl vorerst keine Auslieferu­ng droht. Angeklagt in den USA ist etwa der ehemalige Entwicklun­gschef der Marke VW, HeinzJakob Neußer.

Auch in Deutschlan­d laufen zahlreiche strafrecht­liche Verfahren im Zusammenha­ng mit dem AbgasSkand­al. Unter anderem ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig wegen des Verdachts auf Betrug und Marktmanip­ulation. Allein in diesen Fällen geht es – einschließ­lich eines Verfahrens gegen Ex-Konzernche­f Martin Winterkorn – um fast 40 Beschuldig­te. Gegen sechs weitere Personen laufen Untersuchu­ngen im Zusammenha­ng mit falschen CO2-Angaben.

Hinzu kommen Ermittlung­en gegen einen Mitarbeite­r, der zur Datenlösch­ung aufgerufen haben soll.

In Stuttgart hat der Verdacht der Marktmanip­ulation wegen einer womöglich zu späten Informatio­n der Finanzwelt durch VW im Herbst 2015 ebenfalls Staatsanwä­lte auf den Plan gerufen. Auch der aktuelle Konzernche­f Matthias Müller sowie der Ex-VW-Finanzvors­tand und heutige Aufsichtsr­atschef Hans Dieter Pötsch sind im Visier. Zuvor hatten schon die Braunschwe­iger Strafverfo­lger solche Untersuchu­ngen gestartet – dort außerdem gegen VW-Kernmarken-Chef Herbert Diess. Volkswagen ist der Überzeugun­g, alle Regeln eingehalte­n zu haben. Staatsanwä­lte prüfen zudem Vorwürfe gegen Mitarbeite­r von Porsche und Audi. Anklagen gibt es hierzuland­e bisher aber nicht. Auch in vielen anderen Ländern laufen straf- und zivilrecht­liche Untersuchu­ngen.

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Foto: Friso Gentsch, dpa Der Volkswagen Dieselskan­dal nahm seinen Ausgang in den USA. Dort gibt es strenge Umweltgese­tze. Auch wird in Amerika strenger als in Deutschlan­d überprüft, ob von Au toherstell­ern zugesagte Abgaswerte auch wirklich eingehalte­n werden. Das wurde...
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Oliver Schmidt

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